Sonnek

Befund

Eine originale, schöpferische Tätigkeit, die mit jedem Auftrag beim Stand Null beginnt: So zugespitzt könnte man allgemein die Arbeit eines Sachverständigen beschreiben und im Besonderen das Verfassen eines Gutachtens, egal ob für ein Gericht oder einen anderen Auftraggeber. Was das Gutachten betrifft, ist dessen grundsätzlicher Aufbau zwar nach bestimmten Regeln festgelegt, aber dessen Inhalt gleicht nie einem anderen. Das gilt zumindest für meinen Fachbereich der Gebäude- und Energietechnik mit seiner großen technischen Vielfalt und die dadurch sehr breit gestreuten Problemfelder.

Das Verfassen eines Textes besteht sowohl für den Schriftsteller als auch den Gutachter zu einem großen Teil aus einem Ringen um die richtige Wortwahl für den Anlassfall und um genau passende Bedeutungen. Es läuft weiter mit dem Bilden von aussagekräftigen Sätzen und dem Formen zusammenhängender Abschnitte. Das hört sich alles recht logisch an, jedoch sind in Wahrheit insbesondere die ersten Überlegungen meist ein gedankliches und schriftlich noch skizzenhaftes – um nicht zu sagen chaotisches – Herantasten an einen möglichst völlig klaren Durchblick.

Der erste Entwurf ist unausgegoren

Sehr viel ist schon erreicht und eine große Hürde genommen, wenn der erste Entwurf des gesamten Gutachtens vorliegt. Er ist noch voll von Fehlern, unvollständig und unausgegoren. Aber immerhin kann man aufatmen, ist doch ein wesentlicher Schritt geschafft. Was jetzt folgt, ist schon etwas einfacher: Das ganze Ding ist nochmals und Satz für Satz genau durchzuarbeiten und zu korrigieren. Diese Arbeit fällt vielen wesentlich leichter, wenn diese Korrekturen nicht auf dem Bildschirm, sondern auf einem ausgedruckten Exemplar erfolgen können.

Inhaltliche Korrekturen zu klaren Aussagen

Ein wichtiger Leitfaden für die Korrektur sind die Fragen aus dem Gutachtensauftrag: Es ist äußerst wichtig, sich diese stets vor Augen zu halten, um nicht abzuschweifen. Das kann der Fall sein, wenn gewisse Fakten oder Erkenntnisse zwar für den Autor interessant oder gar so spannend sein mögen, dass er versucht ist, diese im Gutachten unterzubringen. Dort aber haben sie nichts verloren! Solche „Einsprengsel“ würden den Leser mangels Relevanz eher verwirren, den Inhalt unnötig „vermüllen“ und klare Darstellungen oder Aussagen verwässern. Weniger ist oft mehr.

Sprachlichen Ballast entfernen und Fachbegriffe erklären

Apropos weniger: Alle jetzt vorgenommenen Korrekturen sollten auch dazu dienen, den „Rohtext“ von sprachlichem Ballast zu reinigen. Dazu kann man sich bei jedem Satz die Frage stellen: Lässt sich das nicht einfacher und in weniger Worten ausdrücken? Wir können lernen von guten Schriftstellern, die bringen Wichtiges in knappen Worten auf den Punkt! – Auch noch wichtig: Wenn sich weithin unbekannte Fremdworte oder Fachbegriffe schon nicht vermeiden lassen, müssen sie zumindest erklärt werden, entweder in Fußnoten oder in einem Glossar.

Der Wissenschaft ähnlich arbeiten, aber nicht übergenau sein wollen

Gutachten schreiben verlangt nach einer Vorgangsweise, die von der Methodik her gesehen einige Ähnlichkeit hat mit wissenschaftlichem Arbeiten. Hier müssen Fragen des Auftraggebers beantwortet werden, in der Wissenschaft sind es die Forschungsfragen. In beiden Fällen sind Präzision und Genauigkeit gefragt. Diese Forderung darf nicht dazu verführen, ein Gutachten zu überladen, wie schon vorher erwähnt wurde, genauso darf man es aber aus lauter Vorsicht auch nicht „übergenau“ machen, was im Extrem dazu führen könnte, dass es nie fertig wird …

Finalisieren: Überlegt, nicht überstürzt

Das Gutachten ist überarbeitet und korrigiert, es folgt die Suche nach überlesenen Flüchtigkeitsfehlern. Achtung! Ein Verfasser, konzentriert sich immer auf den Inhalt, nicht auf formale Unzulänglichkeiten. Daher: Auch ein Dritter sollte es durchlesen! Erstaunlich, dass dann immer noch Kleinigkeiten zutage treten, die auszubessern sind … Endlich fertig! Eine Grundregel: Nicht sofort ausfertigen und abgeben, auf jeden Fall wenigstens über Nacht liegenlassen! Das Unterbewusstsein arbeitet weiter: Am Morgen wird klar, dass noch eine Kleinigkeit zu verbessern ist. Dann aber: Ab die Post!

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