Sonnek

Indemann

Minusgrade am Morgen eines Tages im späten April, sehr kühl auch noch das leichte Lüftchen gegen Mittag, etwas zu frisch für die Jahreszeit. Dafür ein Himmel in herrlichem Blau, verziert mit vereinzelten weißen Wölkchen, die den strahlenden Sonnenschein hin und wieder kurz durchkreuzen. Gelegentliche Geräusche leiser Tritte, Gemurmel einiger Menschen, die die Aussicht genießen, ansonsten nur Vogelgezwitscher. Vom Kopf des Indemann in sechsunddreißig Meter Höhe bietet sich über hellgrüne Baumkronen hinweg ein Ausblick, der atemberaubend ist, nicht nur für Techniker.

Schon die Gestalt des Indemann selbst ist eine Sehenswürdigkeit. Nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Metall, hat er einige beachtenswerte Eigenheiten: Aus zwanzigtausend Einzelteilen wurde eine Aussichtsplattform errichtet, die an ein stehendes Lego-Männchen erinnert, nur um Zehnerpotenzen größer und statt aus Kunststoff aus zweihundertsechzig Tonnen solidem Stahl. Die ersten acht der zwölf Plattformen kann man bequem per Lift erreichen, trittsicher sollte man aber sein und ein gewisses Grundvertrauen in die Technik besitzen, wenn man durch die fein gegliederten und luftigen Gitterroste nach unten blickt.

Hier geht’s um die Kohle …

Der Indemann ist das Wahrzeichen des „indelandes“: So nennt sich die Gegend im Rheinischen Braunkohlenrevier nahe Inden, in dem in einer riesigen und weitläufigen offenen Grube seit über hundert Jahren Braunkohle geschürft wird. Zur Orientierung: Inden ist ein kleines Städtchen im Bundesland Nordrhein-Westfahlen und liegt zwischen den Städten Köln und Aachen. Es gleicht aber eher dem Rest eines Städtchens, weil Teile des Orts und einige Weiler in der Nähe in der Vergangenheit bereits abgebaggert worden sind, nachdem man die Bewohner umgesiedelt hatte.

… und um gewaltige Dimensionen …

Der rechte Arm des Indemann zeigt nach Nordosten hin zum Bergbauareal, in dem Schichten um Schichten an Material abgegraben wurden und werden, um die freigelegten Kohlenflöze auszubeuten. Die paar ausladend großen Schaufelradbagger samt ihren schier endlosen Förderbändern fallen in der gewaltigen Ausdehnung der Grube kaum auf. Aus der Entfernung sehen sogar die riesigen Muldenkipper wie winzige Ameisen aus. An ihrer tiefsten Stelle soll die Grube bereits eine „Teufe“ von zweihundertsechzig Metern erreicht haben.

… an Verbrauch und Stromerzeugung

Was geschieht mit der Braunkohle? Sie wird verheizt, das ist klar, aber wo? – Die Antwort ist schnell zu finden, auf dem Indemann stehend braucht man sich nur umzuwenden: Gegen Südwest in einigen Kilometern Entfernung steht das Braunkohlekraftwerk Weisweiler mit seinen markanten Kühltürmen, aus denen Dampfwolken hochsteigen. Es verfeuert im Jahr etwa achtzehn Millionen Tonnen Braunkohle, seine noch aktiven Blöcke haben eine Leistung von knapp zweitausend Megawatt und liefern im Jahr etwa fünfzehn Terawattstunden Strom. In den nächsten Jahren soll auch dieses Kraftwerk nach und nach stillgelegt werden.

Energietechnischer Selbstmord eines Industrielandes?

Man schüttelt ungläubig den Kopf: Angesichts der Tatsache, dass zurzeit in China wöchentlich zwei Kohlekraftwerke dieser Größenordnung eröffnet werden (Quelle: ARD Tagesschau 29.08.2023), erscheint die Stilllegung von Atom- und Kohlekraftwerken in Deutschland als völlig unverständlich. Für den kritischen Beobachter sieht es fast so aus, als würde dieser Industriestandort von Weltgeltung energietechnischen und industriellen Selbstmord begehen. Kein Mensch, der noch bei klarem Verstand ist, kann derart ideologisch verblendete Aktionen verstehen oder gar gutheißen.

Die Ausblicke sind jedenfalls atemberaubend

Nichtsdestotrotz hat irgendjemand aus der Politik die Entscheidung getroffen, den Schwerpunkt der Energieversorgung für ein Industrieland weg von konventionellen Energien und hin auf Sonne und Wind zu setzen und das Land so weit zu “transformieren”, dass es möglichst wenig Energie verbraucht. – Vom Indemann auf der Goltsteinkuppe aus sind vielleicht hundert oder mehr Windkraftwerke zu sehen. Von den paar Dutzend, die man genauer beobachten konnte, haben sich zum Zeitpunkt des Besuchs bloß an zweien die Rotoren bewegt, ganz langsam. Der Rest stand still. Das Kraftwerk im Hintergrund stellte derweil die Grundlast für das Stromnetz. Was dann, wenn auch dieses Kraftwerk und alle anderen dieser Art stillstehen? Auch ein Ausblick, der atemberaubend ist, nicht nur für Techniker.

PS: Wie diese Abbildung zeigt, gibt es keine Länder mit hohem Lebensstandard und geringem Energieverbrauch

GDP - Energy Consumption

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