Sonnek

Rufzeichen

„Die Deutschen haben eine Besessenheit, jede Sache so weit zu treiben, bis eine böse daraus geworden ist.“ Dieses Zitat stammt vom irischen Dramatiker, Politiker und Satiriker Bernhard Shaw (1856 bis 1950). Angesichts der gegenwärtigen deutschen Politik – insbesondere der Energie- und Industriepolitik – muss man als ausländischer Beobachter fassungslos einbekennen, dass es offensichtlich nach wie vor Gültigkeit haben dürfte. Unser Österreich ist mit Deutschland als der stärksten Volkswirtschaft Europas stark verflochten, die Entwicklung der letzten Jahre betrifft uns daher auch.

„Atomisierte“ Kernenergie

Begonnen hat die ganze Misere meines Erachtens mit der deutschen Reaktion auf den Kraftwerks-Unfall in Fukujima an der japanischen Küste. Die Wucht eines zerstörerischen Tsunami schockierte und befeuerten latente, vielfach aber auch unbegründete Ängste vor einer radioaktiven Katastrophe durch ein Bersten vorhandener, seit vielen Jahren laufender Kernkraftwerke. Der Beobachtung von Bernhard Shaw entsprechend trieb Deutschland auch diese Sache weiter als alle anderen und entschloss sich zu einem radikalen Aus für die Stromerzeugung aus Kernenergie. Eine in Europa und vermutlich auch weltweit einzigartige Maßnahme.

Fehlende Nüchternheit

Dieses Deutschland hatte sich über Jahrhunderte durch weltverändernde technische Glanzleistungen und wissenschaftlichen Scharfsinn ausgezeichnet. Umso bemerkenswerter finde ich die Tatsache, dass sich niemand fand mit genug Nüchternheit und ausreichender Autorität, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Desgleichen schien auch niemand in der Lage, wenigstens Wege für einen vernunftbegleiteten Übergangs aufzuzeigen, geschweige denn durchzusetzen. So kam es, dass die mit Vehemenz betriebene Abschaltung der letzten Kernkraftwerke nicht nur deren Kapazität und Kapital vernichtete, sondern noch dazu mit einer Zeit zusammentraf, die augenscheinlich nicht auf diesen Ausfall vorbereitet war.

Steigende Emissionen

Zwar lieferten die ideologisch und mit hohem Aufwand forcierten Solar- und Windkraftwerke zunehmend Leistung und Energie, aber der Ausfall der Kernkraftwerke musste offensichtlich durch verstärkten Einsatz von Kohlekraftwerken ersetzt werden. Was zur Folge hatte, dass – gemäß den Daten des Deutschen Umweltbundesamts – die CO2-Emissionen insgesamt und auch bezogen auf die erzeugte Kilowattstunde in den letzten beiden Jahren wieder anstiegen. Zudem galt es, die Sprunghaftigkeit von Wind und Sonne durch den massiven Bau von schnell reagierenden und mit Erdöl oder Erdgas befeuerten Gasturbinen-Kraftwerken abzufangen.

Kontraproduktiver Aktivismus

All diese Ereignisse verfestigen beim Beobachter den Eindruck, dass solche Art Politik nicht zielsichere Maßnahmen mit Augenmaß und wohlüberlegten Mitteleinsatz verfolgt: Vielmehr müssen hier ideologiegetriebene Aktivisten am Werk sein, deren Furor keiner stoppen kann und denen niemand wagt, sich entgegenzustellen. Von Thomas Sowell, den ich sehr schätze, stammt folgendes Zitat: „Aktivismus ist eine Möglichkeit für ansonsten nutzlose Menschen, sich wichtig zu fühlen, selbst wenn die Folgen ihres Aktivismus für diejenigen, denen sie angeblich helfen wollen, kontraproduktiv sind und dem Gefüge der Gesellschaft als Ganzes schaden.“

Elektromobilität

Besagter Aktivismus beschränkt sich nicht auf die Energiepolitik, Beispiel: E-Auto. Ein aufmerksamer Beobachter technischer Entwicklungen wird die steigende Bedeutung des Elektroantriebs anerkennen. Vielleicht wird er den Verbrennungsmotor auch im PKW in absehbarer Zeit fast vollständig ersetzen. Jedoch auch hier wird kein durchdachter Übergang angeboten, nein, dem Verbrennungsmotor wird der Vernichtungskrieg erklärt, Antriebe auf fossiler Basis sollen in absehbarer Zeit verboten werden. Warum überlässt man die Entscheidung nicht dem Käufer, dem Markt? Warum bringt man mit diesem überzogenen und hektischen Aktivismus sinnlos die gesamte deutsche Autoindustrie in Gefahr? Nix Nüchternheit, nix Sachlichkeit, Ideologie scheint den Ton anzugeben. – China und USA folgen diesem Weg selbstverständlich nicht.

Wärmepumpen

Die nächste Ho-Ruck-Aktion der Aktivisten ließ nicht lange auf sich warten: Wärmepumpen! Man drängt Hausbesitzer, auf Biegen und Brechen Gebäude zu dämmen, koste es, was es wolle, und was die Beheizung betrifft, möglichst rasch aus Erdgas und Heizöl auszusteigen. Die Bandbreite an Alterativen dazu ist mittlerweile so weit eingeengt, dass nur mehr Holzheizungen und Wärmepumpen in Frage kommen. Holzheizungen sind, wenn ich mich richtig entsinne, aus europäischer Sicht auch nicht mehr begründet umweltfreundlich. Also mögen doch bitte alle gleich die Installation einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe veranlassen. Woher der Strom dafür kommt? Von Sonne und Wind natürlich.

Heizungsindustrie

Mittlerweile dürfte es nicht nur die deutsche Autoindustrie kräftig beuteln, auch die Heizungsindustrie zeigt Folgen: Einer der größten deutschen Hersteller von Heizgeräten veräußert seine Produktion von Wärmepumpen an ein großes US-Unternehmen. Ein Zufall? Wahrscheinlich sieht er sich allein nicht mehr dem erwarteten Ansturm gewachsen, zumal sein Geschäft mit Heizöl- und Gaskesseln und -geräten ziemlich abrupt rückläufig sein wird. Und wieder scheint niemand gegen diese Entwicklung aufzutreten. – In diesem Zusammenhang interessant: In Österreich hat sich unlängst ein angesehener Mittelbetrieb mit seinem neuen Wärmepumpenwerk finanziell überhoben, wurde aber zu seinem Glück von einem Konzern mit österreichischen Wurzeln aufgefangen …

Infrastruktur

Da gibt es doch tatsächlich Verkehrsplaner, die wegen gesteigerten Verkehrsaufkommens den Ausbau von Autobahnen fordern. Mehr braucht es nicht! Nix da, kommt nicht in Frage! Da sei die grüne Ideologie davor! – Wenn Wahlergebnisse so enden, dass Ministerposten mit Aktivisten besetzt werden, darf sich der Wähler aber nicht darüber beschweren, dass da oben jemand im Sattel sitzt, der zu ausgewogener Entscheidungsfindung nicht willig oder fähig zu sein scheint. Es findet sich aber auch hierzulande niemand, der genug Einfluss und Autorität hätte, dagegen wirkungsvoll aufzutreten und eine auf nüchternen Fakten basierte Entscheidung durchzusetzen.

Klimaschutz?

Der europäische Weg zur Rettung der Welt ist flankiert von Fahnen des Klimaschutzes, wobei ich mich immer frage, welches Klima eigentlich geschützt werden soll. Auch dieses Thema scheint ausschließlich von Aktivisten vereinnahmt. Allerdings geht viel von diesem Aktivismus an den wirklichen Sorgen der Menschen vorbei: Wie wenig wichtig den Menschen das Thema Klimaschutz tatsächlich ist, zeigt beispielhaft eine Umfrage des Instituts „Market“ im Auftrag der Zeitschrift „Der Standard“, die in der Steiermark im Jänner 2024 durchgeführt worden ist. Auf die Frage, in welchem Thema politischer Handlungsbedarf bestünde (z. B. leistbares Wohnen, Inflation, Bildung etc.), lag von 18 abgefragten Themen der Klimaschutz erst an 16. Stelle …

Zukunft

Wird es in absehbarer Zeit wieder möglich sein, zu nüchternen Lösungen und Vorgangsweisen zu kommen? Zurzeit sieht es nicht danach aus. Was aber dann, wenn etwas geschieht, das den gängigen Ideologien in die Parade fährt? Etwa, wenn sich als richtig herausstellen sollte, was viele Wissenschaftler behaupten, dass der Klimawandel nicht durch CO2 und damit nicht durch den Menschen bewirkt wird? Würde das den politischen und medialen Mainstream berühren oder würde er das ignorieren und so weitermachen, als sei nichts geschehen? Irgendjemand hat einmal gesagt: Man kann alle Menschen eine Zeitlang zum Narren halten und einige ein Leben lang, aber nicht alle ein Leben lang. Ich hoffe, dass langsam wieder Nüchternheit und die Suche nach Wahrheit für Politik und Gesellschaft Vorrang bekommen …

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