Sonnek

SV

Der sehr erfahrene technische Angestellte eines größeren Installationsunternehmens war schon einmal bei mir im Büro und hat sich ausführlich darüber informiert, wie er Gerichtssachverständiger werden könne. Er war sehr an meiner Arbeit interessiert, als er Monate zuvor in meinem Auftrag im Rahmen seines Unternehmens Messungen an einer haustechnischen Anlage durchgeführt hatte. Inzwischen war einige Zeit vergangen, offensichtlich hatte er wie alle guten Fachleute viel zu tun. Außerdem brauchen weitreichende Entscheidungen einfach Zeit. Jetzt meldete er sich wieder.

Er plane, demnächst einen Vorbereitungskurs des Sachverständigenverbands zu besuchen. Erfahrungsgemäß hat er wie alle Neueinsteiger bestimmte Vorstellungen von seiner künftigen Aufgabe, natürlich auch manche Ängste und Vorbehalte, die sich später in der Realität der Praxis vielfach als unbegründet erweisen werden. Aber in einer Phase, in der er um eine  Entscheidung ringt und bevor er ernsthaft ins „kalte Wasser“ einzusteigen bereit ist, erachtet er es als sinnvoll, sich darüber mit jemandem auszutauschen, der im sich auftuenden Neuland bereits Erfahrungen hat.

Die Frage nach der Vereinbarkeit

Konkret geht es ihm darum, wie man die Aufgaben eines Sachverständigen mit seinem Beruf als Angestellter vereinbaren kann. Er stellt sich vor, dass er wegen seines großen Arbeitsanfalls im Beruf sich nur an Wochenenden mit Gutachten beschäftigen wird können. Er wolle sich außerdem auf Privatgutachten konzentrieren und fragt: Darf ich einen Auftrag vom Gericht ablehnen? Hinter der Frage verbergen sich aus meiner Sicht entweder der Vorbehalt, Gerichtstermine nicht regulären Arbeitszeit in Einklang bringen zu können oder aber überaus großer Respekt – um nicht zu sagen Angst – vor der Arbeit im Auftrag von Gerichten, Arbeit, die es daher eher zu vermeiden gilt.

Was tatsächlich Gewicht hat

Zu letzterer Angst ist folgendes zu sagen: Als Gerichtssachverständiger hat man sich beworben, in die Liste der Sachverständigen bei Gericht eingetragen zu werden. Es ist so gesehen eine Anerkennung und Auszeichnung, wenn man tatsächlich vom Gericht für Aufträge herangezogen wird. Wer zu sehr Angst davor hat, muss nicht Gerichtssachverständiger werden. Er kann sich auch ohne Eintragung als „Sachverständiger“ betiteln, allerdings hat nur die Bezeichnung „Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger“ als gesetzlich geschützte Bezeichnung im realen Geschäftsleben tatsächlich Gewicht.

Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erforderlich

Etwas anders zu sehen ist der Vorbehalt, dass sich die Arbeit für einen Gerichtsauftrag schwer in die Arbeitswelt eines Angestellten eingliedern lässt. Zu beachten ist, dass der künftige Sachverständige das Einvernehmen mit seinem Arbeitgeber finden muss. Erstens muss das Unternehmen mit dem neuen Nebenberuf des Angestellten einverstanden sein. Erfahrungsgemäß ist das kein Problem, manche Firmen finden die Qualifikation des Mitarbeiters als Wertsteigerung. Zweitens muss ein Weg gefunden werden, dass der Mitarbeiter solche Gerichtstermine wahrnehmen kann, die in die Bürozeiten fallen.

Weitgehende Zeitautonomie

Erleichternd für den neuen Kollegen der Sachverständigen-Zunft ist aber die geübte Praxis, dass – zumindest in Zivilrechtssachen – Richter bei der Festlegung von Terminen für Tagsatzungen zuvor fast immer das Einvernehmen mit dem Sachverständigen suchen. Andere Termine, etwa für Befundaufnahmen, kann der Sachverständige ohnehin im eigenen Wirkungsbereich festlegen. In meiner eigenen Erfahrung konnte ich in der Zusammenarbeit mit Sachverständigen, die in einem Angestelltenverhältnis stehen, keine Einschränkungen oder Nachteile erkennen.

Vertrauen bauen braucht Zeit

Eine letzte Anmerkung noch: Neue Kollegen dürfen nicht automatisch davon ausgehen, dass sie von Überlastung gefährdet sind, weil sie sofort mit Gerichtsaufträgen überhäuft werden. Gut Ding braucht Weile. Eine Beauftragung setzt voraus, dass das Gericht Vertrauen in den Sachverständigen hat. Hier wiederum ist Aufgabe des Neulings, dass er im Fall einer Anfrage einen plausiblen Nachweis seiner fachlichen und persönlichen Eignung erbringen kann. Ist ein Richter später mit der geleisteten Arbeit zufrieden, wird er den neuen Sachverständigen gerne an seine Kolleginnen und Kollegen weiterempfehlen.

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