Sonnek

Fehler in Gutachten

05.01.2024
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Wenn ein Sachverständiger die Fragen aus dem Gerichtsauftrag nicht, unrichtig, nicht nachvollziehbar oder nicht nachprüfbar beantwortet oder gar das Thema verfehlt, erfüllt er seinen Auftrag nicht. Als Folge kann ihm das verlangte Honorar abgesprochen werden, schlimmstenfalls hat er disziplinare Konsequenzen zu erwarten. Um solche „kritischen“ Fehler geht es hier jedoch nicht, sondern um jene, die man im Schriftsatz eines Gutachtens finden kann, die sich zwar weder auf den Inhalt oder Wert des Gutachtens auswirken, die aber trotzdem unangenehme Folgen haben können.

Die Erstellung eines Befundes und eines Gutachtens ist ein geistig-schöpferischer Prozess: Sachverhalte müssen sorgfältig und in verständlicher Sprache beschrieben werden;  Bedeutungen von Bezeichnungen und Begriffen werden auf ihre Tauglichkeit hin abgeklopft; Formulierungen und Sätze werden geformt und wieder umgebaut; Die Abfolge von Kapiteln und Abschnitten wird festgelegt und wieder verworfen; Ein erster Entwurf der gesamten Arbeit ist ein wichtiger Meilenstein, aber noch lange nicht das Ende; Übersehene oder hinzugekommene Informationen müssen noch eingebaut werden.

Gutachten verfassen kann harte Arbeit sein

Das Verfassen eines Gutachtens ist demnach alles andere als eine einfache Sache, selbst für jemanden, der viele Jahre Erfahrung darin besitzt. Nebenbei bemerkt: Die Beschreibung lässt auch ahnen, wie schwierig sich der erste gerichtliche Gutachtensauftrag für einen Neuling gestalten kann. Die Aufgabe kann allein schon von der Sachlage her überwältigend sein oder durch besondere Umstände der ersten örtlichen Befundaufnahme. Kein Wunder: Der Neue hat – bildlich gesprochen – an ganz anderen Fronten zu kämpfen, Satzbau und Texterstellung scheinen hier noch die geringste Herausforderung zu sein.

Die Arbeit bewusst abschließen!

Doch zurück zum Routinier. Gegen Ende der Arbeit an einem Gutachten sind zur besseren Verständlichkeit von Darstellungen oder Aussagen einzelne Satzgefüge oder Satzabfolgen zu überarbeiten. Dann sind stilistische und grammatikalische Korrekturen vorzunehmen, vielleicht findet sich noch der eine oder andere Rechtschreibfehler. Wenn in diesem Stadium des Abschlusses die Versuchung groß ist, doch noch eine Überarbeitung des „Gesamtwerks“ durchzuführen, muss man die Selbstdisziplin aufbringen, wirklich aufzuhören. Denn ansonsten droht – um mit Wolf Haas zu sprechen – Ende nie.

Herausforderung Korrekturlesen

Das Korrekturlesen des eigenen Gutachtens empfinde ich als eine Herausforderung der besonderen Art. Nicht, weil mein „Baby“ so gut wäre, dass ich nichts mehr ändern wollte. Nein, es fällt mir ganz einfach schwer, konzentriert und in der rein textlichen Ebene zu bleiben. Als Autor neige ich immer wieder dazu, in die Sachebene abzuschweifen und mir Gedanken über den Inhalt des Schriftstücks zu machen, das da vor mir am Bildschirm liegt. Im halbbewussten Weiterlesen entgehen mir dann Fehler, die einem nüchtern-schlichten Korrektor sofort ins Auge stechen würden.

Korrekturlesen durch Externe

Der Ausweg ist logisch und im Normalfall eines Gutachtensauftrags ohnehin vorgesehen: Das Korrekturlesen durch jemand, der den Text nicht kennt und der auch nicht vom Fach ist. Das kann entweder eine Mitarbeiterin sein oder ein Familienmitglied. Diese Leute finden Fehler, die mir entgangen waren und noch dazu sind sie Testpersonen dafür, ob das Gutachten für sie verständlich ist. Schließlich ist der Inhalt eines Gutachtens so abzufassen, dass ein Laie ihn anstandslos verstehen kann, schließlich haben wir es zumindest im Fall des Richters und der Rechtsvertreter der Parteien mit solchen Laien zu tun.

Finale …

So, das Gutachten ist jetzt endlich fertig. Das ist der Punkt, an dem wir keinen Gedanken mehr an Fehler verschwenden wollen. Konzentrieren wir uns lieber auf die letzten Schritte:  Die Honorarnote – Gebührennote heißt sie bei Gericht – ist noch anzufügen. Empfehlenswert ist auch ein Ansuchen, dass auf die Gebührennote ein Vorschuss gewährt wird, denn die Bestimmung der Gebühren für den Sachverständigen kann sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. Zu guter Letzt das Gutachten signieren und alles ab in den elektronischen Akt. Hochladen, Verschnaufen und sich eine Tasse Tee gönnen …

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