Sonnek

Adler

Wenn Politiker der Öffentlichkeit Wichtiges mitzuteilen haben, veranstalten sie Pressekonferenzen. Wollen sie nicht direkt für die Außenwelt bestimmte Informationen an Journalisten weitergeben, laden sie zu Hintergrundgesprächen. Manche Beobachter sehen solche Anlässe – so sie publik werden – eher kritisch, weil sie dahinter und oft nicht zu Unrecht die Gefahr der „Verhaberung“ von Politik und Medien sehen. – Hintergrundgespräche gibt es fallweise ebenso zwischen Gericht und Sachverständigen. Jedoch haben die den ausschließlichen Zweck, den Ablauf eines Gerichtsverfahrens zu unterstützen.

Hilfsorgane des Gerichts: Das Gesetz ordnet den Sachverständigen auch diese Funktionsbezeichnung zu. Konkret bedeutet dies, dass Sachverständige den Richter oder die Richterin in deren Verfahrensführung nach Bedarf bestmöglich unterstützen sollen. Dies tun Sachverständige für die Parteien sichtbar durch Anwesenheit bei Vernehmungen, in Durchführung örtlichen Befundaufnahmen und bei Erörterung ihrer Gutachten. Zu ihren Aufgaben gehört aber auch der für die Parteien „unsichtbare“ – weil informell verlaufende – Austausch und Abgleich von Informationen mit dem Gericht.

Sondierungen sind informell

Aus meiner Praxis kann ich dazu sagen, dass derzeit die ersten informellen Kontaktnahmen durch Richter in den meisten Fällen vor der Beauftragung erfolgen. Anders als in früheren Jahren erteilen Richter nicht einfach einen Auftrag, der auf dem Tisch des Sachverständigen landet, sondern sie suchen zuerst das Gespräch, um herauszufinden, ob ich denn der richtige Adressat für die Gutachtertätigkeit in einer laufenden Gerichtssache bin. Ist dies nicht der Fall oder kann ich einen Auftrag aus Kapazitätsgründen nicht übernehmen, sind sie dankbar für die Nennung der Namen von Kollegen, die entsprechende Fachkompetenz besitzen und die einspringen könnten.

Besprechungen sind vertraulich, aber nicht geheim

Wenn Verfahren schließlich laufen, wird der informelle Informationsaustausch telefonisch oder per E-Mail geführt, der Inhalt bleibt für den Sachverständigen vertraulich, ist aber nicht geheim, weil Richter etwa in Verhandlungen durchaus über solche Gespräche berichten können. Manche Informationen sind sensibel und nicht für den Gerichtssaal bestimmt, so etwa wenn ich über Erfahrungen mit Parteien aus vorhergehenden Verfahren erzähle oder wenn ein Richter Stimmungsbilder und Einschätzungen zur Glaubwürdigkeit weitergibt, die Personen von Parteien oder Zeugen betreffen.

Sehr lange Gespräche sind selten

Zum Glück nicht oft sind ausführliche und zeitaufwendige Gespräche erforderlich, die Sachverhalte und deren mögliche Auswirkung auf den Verlauf oder gar Ausgang eines Verfahrens zum Inhalt haben. Es kann vorkommen, dass sich sehr komplexe und umfangreiche Gerichtsprozesse auf eine Frage zuspitzen, bei der ein „Nein“ als Antwort die Weiterführung zur Folge hat und ein „Ja“ den sofortigen Abbruch. Dann können eineinhalbstündige Telefonate mit einem Richter einen ausgedehnten Waldspaziergang an einem späten Nachmittag in der Weise mitgestalten, dass man die schöne Umgebung nur mehr schemenhaft wahrnimmt, während die rücksichtsvolle Ehefrau stumm nebenher trabt …

Vorbereitung von Verhandlungen

Hintergrundgespräche finden zudem fast immer vor dem Beginn von Gerichtsverhandlungen statt. Sie sind für Richter und Sachverständigen wichtig. Ich biete dem Richter im Vorfeld üblicherweise an, etwas früher da zu sein, wir treffen uns entweder in seiner Kanzlei oder gleich im Gerichtssaal. Hier gibt der Richter letzte Informationen bekannt und will wissen, ob sich an meinen Erkenntnissen seit der letzten Verhandlung oder seit der Gutachtensabgabe etwas geändert hat. Im Fall von Gutachtenserörterungen und wenn dies gewünscht wird, leite ich schriftliche Unterlagen ein paar Tage vor der Verhandlung an den Richter weiter.

Pflichten des Sachverständigen

Aus all den Schilderungen ist unschwer zu erkennen, dass ein Sachverständiger über Hintergrundgespräche ein gutes Maß zum geordneten Ablauf eines Verfahrens beitragen kann. Ebenso aber auch, dass er hohe Verantwortung trägt und sich streng an die ihm vom Gesetz auferlegten Pflichten halten muss, wie etwa Verschwiegenheit. An den Beispielen ist aber auch zu sehen, wie Hintergrundgespräche – oder in anderen Worten: Anlässe zu  informeller Kommunikation – im Sinne aller Beteiligten positiv auf Gerichtsverfahren einwirken können. Sachverständige tun gut daran, dies im Auge zu behalten!

Comments are closed.

Copyright ©2012 Ing. R. Sonnek GmbH