Sonnek

SV

Für den Fall, dass Sie irgendeinen Gerichtssachverständigen fragen, welche seiner Eigenschaften er in seiner Tätigkeit für die wichtigsten hält, mute ich mir zu, die Antwort ziemlich sicher vorhersagen zu können: Der hohe Stand des im Laufe der Jahre erworbenen fachlichen Wissens gepaart mit einer langjährigen Berufspraxis seien entscheidend. Mit anderen Worten: Der Sachverständige wird in erster Linie stolz sein auf seine Fachkompetenz und diese entsprechend betonen. – Vor vielen Jahren habe ich auch so gedacht. Mittlerweile sehe ich die wichtigste Eigenschaft in der Beachtung des Prinzips 4M.

Man muss Menschen mögen

Das ist mein Prinzip 4M. Ich sehe meine wichtigste persönliche Herausforderung darin, mein Ego so weit beiseitezudrängen, dass es mir bei keiner meiner Aufgaben im Wege steht und dass ich mich vollkommen auf die Menschen einstellen kann, mit denen ich zu tun habe. Dass ich diesen Menschen mit meinen Gaben und Fähigkeiten dienen kann. Das gilt auch und ganz besonders für die Sachverständigentätigkeit. Wobei Dienen nicht mit Unterwürfigkeit gleichgesetzt werden darf, sondern darin besteht, den Mitmenschen auf beste Weise zu helfen, selbst dann, wenn das für sie nicht angenehm oder positiv erscheint.

Ich will mich nicht für wichtig halten

Zugeben muss ich, dass das Alter dazu eine große Hilfe ist. Ich muss und will nichts beweisen. Wenn ich Fehler mache, kann ich die gerne zugeben und korrigieren, mir fällt kein Stein aus der Krone. Ich sehe mich nicht als wichtig, ich bin bloß Helfer des Gerichts – wenn es denn Hilfe braucht – und ziele darauf ab, mit allen Sinnen präsent zu sein, solange ich in einem Verfahren eingebunden bin. Ich lasse mich aber jederzeit sofort „aus dem Spiel nehmen“, wenn meine Aufgabe erledigt ist. Mich interessiert deshalb auch nicht, wie ein Zivilverfahren in der Folge verläuft, denn das Ergebnis ist letztendlich nur für die Streitparteien von Bedeutung.

Achtung auch für ausgeprägte Charaktere

Mir ist auch wichtig, jedem Beteiligten in einem Verfahren mit Achtung und Respekt zu begegnen, unabhängig von seiner Rolle im Verfahren und auch von seiner gesellschaftlichen und sozialen Stellung. Jeder darf erwarten, dass ihm mit Freundlichkeit begegnet wird. Das gilt ausnahmslos für alle Menschen, selbst wenn das oft nicht einfach ist, weil manche Menschen halt einen besonders ausgeprägten Charakter besitzen und diesen an ihren Mitmenschen testen möchten. Auch persönliche Angriffe dürfen mir nichts ausmachen, vorausgesetzt, sie sind ungerechtfertigt und ich habe mir in meinem Verhalten oder in meiner Arbeit nichts zuschulden kommen lassen.

Kein Job für Misanthropen

Gerne gebe ich auch einen Auftrag an einen Kollegen ab, wenn dieser dafür besser qualifiziert ist. Mir liegt nichts an Statusspielen, egal mit wem und egal, ob es sich dabei um solche mit intellektuellem oder materiellem Hintergrund handelt. Das Leben ist dann viel einfacher und viel weniger anstrengend. Man muss Menschen mögen, heißt meine Devise, egal in welcher Rolle sie in mein Leben treten, ich sehe das auch als wichtigste Voraussetzung für Sachverständige. Andererseits ist es eh sehr wahrscheinlich, dass jemand, der tendenziell misanthropisch veranlagt ist und schwierige Menschen grundsätzlich nicht ausstehen kenn, ziemlich sicher nicht Sachverständiger wird werden wollen.

Sozialkompetenz ist schnell erkennbar

Von wegen Fachwissen und Erfahrung – natürlich sind auch diese Eigenschaften wichtig, aber ein Richter setzt diese Eigenschaften ohnehin voraus und er hat am Anfang einer Zusammenarbeit auch keine Möglichkeit und wahrscheinlich auch kein Verlangen, die Fachkompetenz zu überprüfen. Was er aber recht rasch einordnen kann ist, wie es mit den  sozialen und emotionalen Kompetenzen eines bestellten Sachverständigen aussieht, wie er mit Menschen umgeht. Und er wird auch recht bald beurteilen können, ob sein Helfer zielstrebig, effizient und effektiv arbeitet, kurzum, ob er Handlungskompetenz besitzt.

Ganzheitliche Persönlichkeitsentfaltung ist gefragt

In Konsequenz bedeutet das für einen Sachverständigen aus meiner Sicht, dass er seine Fortbildung nicht nur auf das Fachlich-Sachliche beschränken sollte, sondern im Sinne einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentfaltung verstärkt ausrichtet auf die Erlangung größerer Gewandtheit und Sicherheit im Umgang mit Menschen und Menschengruppen, auch angesichts des allgegenwärtigen und eher zunehmenden gesellschaftlichen Konfliktpotentials. Andere Menschen, aber auch sich selbst mögen und richtig einschätzen sind in meinen Augen unabdingbare Voraussetzungen für allseits gedeihliche Zusammenarbeit!

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