Sonnek

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Wie im ersten Teil gezeigt wurde, können Sachverständige oder Fachleute als Zeugen in Zivilgerichtsverfahren wertvolle Hilfe leisten, die aber finanziell zu oft unzureichend oder gar nicht anerkannt wird. Im Gegenteil – ihr Einsatz zieht mitunter einen beträchtlichen Verlust an Zeit und oft auch materiellem Aufwand nach sich. Schuld sind nicht das Gericht oder die Parteien, sondern die eigenen Fehler dieser Experten-Zeugen. Wir wollen uns jedoch nicht weiter mit Fehlern beschäftigen, sondern an einem selbst erlebten Beispiel zeigen, welche Strategie zu einer aufwandsgerechten Zeugengebühr verhelfen kann.

Den folgenden Ausführungen sind einige Einschränkungen vorauszuschicken: Zum ersten muss der Zeuge mit der Streitsache sehr gut vertraut sein, was meist dann der Fall ist, wen er für „seine“ Streitpartei umfassend und intensiv über einen längeren Zeitraum hinweg tätig war. Zum zweiten muss es sich in diesem Fall um einen beträchtlichen Streitwert oder um eine komplexe Sache handeln, für ein Gerangel vor dem Bezirksgericht ist die Strategie nicht geeignet. Und zum dritten muss die Partei, die den Zeugen benennt, hohes Interesse daran haben, dass der Zeuge seine Wahrnehmungen dem Gericht darlegen kann.

Anfrage vom Anwaltsbüro

Die Sache beginnt damit, dass mich eine Anwaltskanzlei meines früheren Auftraggebers kontaktiert und anfragt, ob ich bereit wäre, in einem laufenden Gerichtsfall als Zeuge auszusagen. Konkret ginge es um einige größere Rechnungen von Professionisten. Diese Rechnungen sind mir zwar unbekannt, nicht aber die Leistungen, die dahinterstehen, denn die Angebote dazu habe ich seinerzeit vorgelegt bekommen und sie waren mir nach eingehender Prüfung plausibel und angemessen erschienen. Dann würden noch einige mögliche Ereignisse genannt werden, die im Verfahren noch Thema sein könnten.

Klärung, worum es geht

Nachdem klargestellt ist, worum es inhaltlich geht und dass seitens des Auftraggebers keinerlei Einfluss auf meine Aussage ausgeübt wird, sage ich zu. In weiterer Folge ist daran gedacht, eine Besprechung unter Anwesenheit von Mitarbeitern des Auftraggebers abzuhalten, gegebenenfalls über eine Videokonferenz. Letztere findet einige Wochen später auch statt, die damals involvierten Mitarbeiter legen die Sachlage des Streitfalls aus ihrer Sicht dar. Der Gerichtstermin liegt noch nicht fest, soll aber demnächst bekanntgegeben werden. Dann tut sich ein paar Monate nichts.

Der Aufwand des Zeugen darf nicht ausufern

Schließlich meldet sich die Anwaltskanzlei wieder. Der bisher für den Fall zuständige Anwalt ist nicht mehr in der Kanzlei, eine jüngere Anwältin hat den Fall übernommen und ist gerade dabei, sich einzuarbeiten, was noch dauern würde. Dann soll es eine Besprechung mit dem Auftraggeber geben. – Aus meiner Sicht begänne die Sache jetzt insofern auszuufern, als dass ich sie nochmals von vorn „aufwärmen“ muss, den Sachverhalt also wieder durchzuarbeiten habe, was mir insgesamt mehr Stunden an Zeitaufwand gekostet hat, als ursprünglich absehbar war. Aber es besteht kein Anlass zur Sorge, es wurde vorausgedacht!

Ein schriftlicher Auftrag liegt vor

Denn die Sache sieht aus meiner Sicht so aus: Es liegt ein schriftliches Ersuchen der Anwaltskanzlei vor, in dem namens des früheren Auftraggebers um meinen Einsatz gebeten wird. Das sehe ich als einen normalen Auftrag an. Das bedeutet, dass jeder zugehörige Aufwand aufgezeichnet wird und später abgerechnet werden kann, und zwar zu meinen üblichen Stundensätzen. Der Auftrag lautet, dass ich auf den Wunsch meines Auftraggebers hin aussagen werde, selbstverständlich aber meine Wahrnehmungen unbeeinflusst darlegen werde. – Als endlich das Gespräch mit Anwaltskanzlei und Mitarbeitern der Auftraggeber zustande kommt, weise ich klar und deutlich darauf hin, dass ich dem Auftraggeber allen angefallenen Aufwand verrechnen werde, was anstandslos akzeptiert wird.

Vorteile für alle Beteiligten

Die geschilderte Herangehensweise hat für den Zeugen entscheidende Vorteile: Erstens muss er sich nicht mit den vom Gericht angebotenen Zeugengebühren auseinandersetzen, die üblicherweise nur den mit der Zeugenaussage direkt zusammenhängenden Aufwand ins Auge fassen, also Reisekosten, vielleicht Verdienstentgang für den Zeitraum der Aussage. Zweitens – und das ist entscheidend – erhält der Zeuge eine vollständige Vergütung für seinen mit der Aussage angelaufenen Aufwand. Im konkreten Fall macht der Unterschied Welten aus: Statt einige Euro Abspeisung darf er einer aufwandsgerechten Abgeltung von einigen Tausend Euro entgegensehen …

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