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Wer in Österreich allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger werden will, muss sich – wie schon die Bezeichnung erkennen lässt – einem gerichtlichen Zertifizierungsverfahren unterziehen. Im Zuge dieses Verfahrens wird die Eignung einer Person geprüft, die sich in die gerichtliche Sachverständigenliste eintragen lassen will. Dazu werden in einem vom Präsidenten eines Landesgerichts geführten Begutachtungsverfahren Nachweise gefordert, die nicht nur die allgemeinen Voraussetzungen (wie Geschäftsfähigkeit etc.) betreffen, sondern auch fachliche Voraussetzungen, zu denen ausreichende Sachkunde gehört.

Als langjährigem Prüfer der Fachgebiete 73.40 Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen sowie 73.45 Sanitärinstallationen und -anlagen am Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz obliegt mir unter dem Vorsitz eines Richters oder einer Richterin gemeinsam mit einem Kollegen der Fachgebiete die Beurteilung, ob der Kandidat im gewählten Fachgebiet im Hinblick auf die vor ihm liegenden Aufgaben auch ausreichend sattelfest ist. Dies geschieht in der Weise, dass der Neue einige penibel protokollierte Fragen gestellt bekommt, die er möglichst genau, ohne Umschweife und umfassend beantworten soll.

Fachgespräch

Atmosphärisch gesehen verläuft dieser Anlass aber weniger im Sinne einer strengen Prüfung, sondern hat eher den Charakter eines kollegialen Gespräches. Dies ist deshalb wichtig, weil man sich auf diese Weise auch ein Bild darüber verschaffen kann, ob der künftige Kollege den kommenden Anforderungen einer Befundaufnahme mit einer Menge Leute oder einer turbulenten Gutachtenserörterung gewachsen sein wird. Entscheidend für den dauerhaften Erfolg in der Praxis sind doch nicht nur die fachliche Festigkeit, sondern genauso die Persönlichkeit und die Charakterstärke.

Prüfungsstandards

Doch zurück zu unserem Thema, den Prüfungsstandards. Für die meisten Fachgebiete existieren solche. Sie sind von der Internetseite des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen unter der Adresse https://www.gerichts-sv.at/ps.html abrufbar. Grob geschätzt sind von dieser Liste etwa 250 Fachgebiete abgedeckt! Die Standards bieten insbesondere für neue Prüfer eine wertvolle Übersicht, ohne dabei zwingend vorgeschrieben zu sein. Jeder Prüfer wird beim Durchgehen der Themen unschwer erkennen, dass sein eigenes Wissen durchaus etliche „blinde Flecken“ aufweist. Das ist auch gut so, denn niemand ist perfekt und gegen eine Prise Demut ist wohl nichts einzuwenden.

Am Beispiel meiner oben erwähnten Fachgebiete hier ein kurzer Auszug der angeführten Themen:

73.40 Heizungsanlagen, Lüftungsanlagen, Klimaanlagen

Heizungsanlagen

Wärmetechnische Grundlagen

  • hygienische und meteorologische Grundlagen
  • Grundgesetze der Wärmeübertragung und des Wärmetransportes
  • Berechnung von Raum- und Gebäudeheizlast für Standard- und Sonderfälle
  • Grundgesetze der Strömungslehre (Hydrostatik, Hydrodynamik)
  • Wärmeabgabesysteme (Eigenschaften und Einsatz von Wärmeabgabesystemen, Dimensionierung und Anordnung von Heizkörpern und Flächenheizungen)
  • Wärmeverteilung (Einsatz und Auslegung von hydraulischen Schaltungen und deren Komponen­ten, Analyse des Einflusses der einzelnen hydraulischen Schaltungen auf die Funkti­onalität des Gesamtsystems, Analyse hydraulischer Netze und In-Betrieb-Setzen, Pumpentechnologie, Wärmedämmung von Rohrleitungen und Komponenten, Arten von Wärmeträgern, Wasserqualität in Heizungsanlagen)
  • Wärmebereitstellung (Eigenschaften und Einsatz von gängigen Energieformen für Wärmebereitstel­lungssysteme, Grundzüge der Verbrennungsrechnung, Planung, Berechnung, Errichtung, Inbetriebnahme, Wartung und Instandsetzung von Wärmebereitstellungssystemen und den zugehörigen Einrichtungen für die Brennstofflagerung, Wirkungsgrad einer Energieumwandlung (Messung und Beurteilung), Abgasführung, Funktion und Einsatz von Sicherheits-, Mess- und Regeleinrichtungen)
  • Sicherheit in Heizungsanlagen
  • Planung, Berechnung, Errichtung, Prüfung, Inbetriebnahme, Wartung und Instand­setzung von Anlagen zur zentralen Beheizung von Gebäuden, zur Warmwasserbe­reitung und anderen verbundenen Systemen
  • Messung physikalischer Größen in der Heizungstechnik
  • aktuelle Gesetze, Verordnungen und Normen der Heizungstechnik

A

Das ist wie gesagt nur der Teil Heizungsanlagen. Etwa ein gleich großer folgt für das Gebiet Lüftungs- und Klimaanlagen und ein weiterer derartiger für 73.45 Sanitärinstallationen und Sanitäranlagen.

Ganz schön viel Stoff, nicht?

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