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Fallweise nehmen Parteien oder deren Anwälte in Bezug auf ein Gerichtsverfahren Kontakt mit einem Sachverständigen auf. Das Ersuchen um ein Gespräch kann sowohl von der Kläger- als auch von der Gegenseite ausgehen. Konkreter Anlass ist ein Gutachten des Gerichtssachverständigen, dessen Aussage – vorsichtig gesagt – nicht ganz den Erwartungen oder Hoffnungen des oder der Anfragenden entspricht. Nun herrscht eine gewisse Ratlosigkeit darüber, wie denn nun im Verfahren weiter vorgegangen werden soll. Könnte der Sachverständige sich das Gutachten des Gerichtssachverständigen einmal ansehen und seine Meinung dazu sagen?

Wenn Parteien direkt anfragen, artikulieren sie auch, dass sie die Sache in ihrem Sinne geregelt sehen wollen, was aus deren Sicht verständlich ist. Wenn Rechtsanwälte anfragen, sehen diese die Sache wesentlich nüchterner. In ausnahmslos allen Fällen, mit denen ich zu tun hatte, wollten sie erst einmal eine unbeeinflusste Meinung hören. Sie suchten nach einer Entscheidungsgrundlage für weitere Schritte und wollten wissen, ob der Antrag auf eine Gutachtenserörterung sinnvoll erscheint. Oder ob der drastische Schritt zur Beendigung des Verfahrens einzuleiten ist, weil es argumentativ auf wackligen Beinen steht.

Wie geht ein Sachverständiger vor?

Ein Sachverständiger wird sich zunächst zu keinen vorschnellen Aussagen hinreißen lassen, selbst wenn das Gegenüber ungeduldig zappelnd am Telefon zu hängen scheint. Er wird sich in der Sache einen ersten Überblick verschaffen, das ihm übermittelte verfahrensgegenständliche Gerichtsgutachten durchlesen und sich vielleicht dazu erste Notizen machen. Dann wird er die verfügbaren sonstigen Unterlagen sichten und gegebenenfalls um nähere Informationen ersuchen. Er wird sich auch über die Parteien selbst und deren Hintergrund informieren, was dank Internet nicht sehr schwierig ist. Er wird sich ein möglichst umfassendes Gesamtbild machen.

Intensive Überlegungen sind notwendig

Der Sachverständige braucht etwas Zeit zum Nachdenken, bevor er mit dem Anfrager wieder in Kontakt tritt. Vor allem muss ihm klar sein, ob er den Auftrag übernehmen will und kann. Er will sichergehen, dass er der fachlich Richtige für eine Stellungnahme ist. Er überschlägt die Kosten für den Interessenten, stellt den Bedarf an weiteren Informationen zusammen. Letztendlich wird seine Tätigkeit darin bestehen, alle Argumente zu sammeln und so aufzubereiten, dass der Rechtsanwalt sie entweder direkt übernehmen oder zumindest weiterverarbeiten kann. Nach außen wird er jedenfalls nicht in Erscheinung treten.

Einstieg zum „Verkaufsgespräch“

Jetzt hat er alle Unterlagen für seine voraussichtliche Aufgabe bereit und tritt mit dem Anfrager in Kontakt. Er erklärt genau, was er tun kann und was nicht, umreißt grob und als „Kostprobe“ einen möglichen Ansatzpunkt seiner Argumentation und nennt ein konkretes Beispiel für die Formulierung einer Frage an den Gerichtssachverständigen. Auf diese Weise kann er auf die Reaktionen seines Gesprächspartners achten und abschätzen, ob und wie weit er mit seinen Vorschlägen Anklang findet. Im Regelfall ist der Gesprächspartner so heilfroh über jeden Denkanstoß wie ein Ertrinkender über eine noch so kleine Schwimmhilfe.

Wichtige Fragen zu Terminen und Abwicklung

Sind die Reaktionen weitgehend positiv, kann der Sachverständige jetzt über die Termine sprechen. Bis wann muss der Anwalt die Fragen an den Gerichtssachverständigen vorlegen? Sollte der Anwalt vorsorglich um eine Fristverlängerung ansuchen? In welcher Form benötigt er die Stellungnahme? Muss diese noch anderen Prozesspartnern oder Nebenintervenienten zur Kenntnis gebracht werden? Sind zur Vorlage oder Besprechung der Ausarbeitung persönliche Gespräche gewünscht? Bleibt es dabei, dass der Sachverständige auch zu späteren Zeitpunkten nicht persönlich in Erscheinung tritt?

Jetzt reden wir über die Kosten

Wenn diese Fragen großteils geklärt sind und der Interessent mit den bisherigen Vorschlägen einverstanden ist, wird die finanzielle Seite angeschnitten. Der Sachverständige weiß naturgemäß in diesem Stadium noch nicht genau, wieviel seine Stellungnahme kosten wird, aber er kann einen Rahmen nennen, in dem sich auf Basis der bisherigen Ergebnisse der Gespräche die Summe bewegen wird. Wenn der Interessent jetzt abspringt, haben weder der Sachverständige noch der Gesprächspartner viel verloren. Bei Zustimmung werden Termine, Kosten und Inhalte fixiert und der Sachverständige kann mit seiner Arbeit umgehend beginnen.

Fortsetzung folgt: Im nächsten Beitrag gehen wir darauf ein, wie sich die Arbeit an der Stellungnahme gestaltet.

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