Sonnek

WoE

Die Zeit gegen Jahresende wird gerne für Rückblicke genutzt. Die letzten zwölf Monate hatten in dieser Hinsicht reichlich Unangenehmes zu bieten. So ist es nicht weiter verwunderlich, wenn aus der allgemeinen Stimmungslage heraus auch gleich andere Dinge angesprochen werden, die nicht allzu lustig sind. So hat etwa am Weihnachtstag der sehr aktive und durchwegs interessante Twitter-Blog „World of Engineering“ seiner weltweiten Leserschaft die im Titel zitierte Frage gestellt. Die Antworten kamen hauptsächlich aus der angelsächsischen Welt, sind aber auch für uns interessant.

Die Gestalter des Blogs waren dabei nicht so sehr an Missgeschicken oder gar an Katastrophen interessiert, die Ingenieuren so unterlaufen können. Es ging ihnen eher um alltägliche Erfahrungen, die das Leben eines Ingenieurs nicht ganz einfach machen. In Summe gesehen sind es eher Vorurteile, mit denen sich der Berufsstand konfrontiert sieht oder aber um Erwartungen, die ihnen entgegengebracht werden. Sehr oft entstehen Probleme auch dadurch, dass Ingenieure in einer eigenen Gedankenwelt leben, die Außenstehenden nur schwer zugänglich ist oder überhaupt verschlossen bleibt.

Spannende Möglichkeit des Austausches

Vorher aber noch eine Anmerkung: Ich finde es toll, dass wir über ein globales Medium an einem Austausch von Gedanken teilhaben können, die unsere ingenieurbezogene Lebenswelt zum Inhalt hat. Wäre schön, wenn es uns gelänge, auch hierzulande auf diese Weise unkompliziert verstärkt in Verbindung zu sein. Der große Vorteil dieser Art Medien ist ihre Unmittelbarkeit, die es erlaubt, nicht nur rasch Fakten auszutauschen, sondern auch Gedanken und Stimmungen zu vermitteln. Dass diese manchmal nicht ganz ausgegoren sein mögen, ist kein Malheur, gerade das Informelle kann in gutem Sinne reizvoll sein.

Die Gedankenwelt von Ingenieuren ist weltweit ähnlich

Nun aber zur versprochenen Sache. Einige der Antworten aus dem Twitter-Feed habe ich herausgegriffen, mit Google übersetzt und ein bisschen unserer Sprach- und Sprechart angepasst. Ich denke, dass manche der geäußerten Bemerkungen sehr wohl Resonanz finden in der einen oder anderen Saite unserer eigenen Erfahrungen und Persönlichkeiten. Schließlich sind die Tätigkeiten der Ingenieure doch auch international in weiten Bereichen ähnlich. Hier die Antworten:

-          Es gibt keine gute Trennung von Beruf und Privatleben. Wenn Ihr Gehirn das Hauptwerkzeug der Berufsarbeit ist, kann es fast unmöglich sein, Arbeitsgedanken hinter sich zu lassen, wenn Sie am Ende des Arbeitstages aus der Bürotür oder von der Baustelle gehen.

-          Einige Leute erwarten von Ihnen, dass Sie alles über die Haushaltsgeräte wissen, vom Fernseher über den Ventilator über den Kühlschrank bis hin zu allem anderen. Und als Computer-Science-Student hört man „Geh sei so nett und hacke bitte den Facebook-Account meines Freundes …

-          Jeder andere meint, Sie sollten in der Lage sein, alles zu reparieren.

-          Während Ärzte kranke Menschen brauchen, um zu überleben, Anwälte Konflikte brauchen, um zu überleben, brauchen Ingenieure eine sich verbessernde gesamtwirtschaftliche Situation, um zu überleben. In einem schrumpfenden Land schrumpft möglicherweise auch die Brieftasche der Ingenieure.

-          Das Schlimmste daran, Ingenieur zu sein, ist für mich, mit all dem Wissen, das ich erworben habe, nicht helfen zu können – Armen, Älteren, körperlich Behinderten – und dass ich nicht etwas beitragen kann für eine bessere Welt für die nächste Generation.

-          Die Tatsache, dass die Menschen Wunder von uns erwarten. Ja, ich bin Ingenieur und kann Ihre Maschinen installieren / einrichten / warten / reparieren, aber ich brauche Werkzeuge, Materialien, Zeit, Techniker usw. Aber nein, ich bin Ingenieur, ich kann nicht auf alles eine Antwort geben, ohne einen einzigen Cent zu investieren …

-          Mit anderen Ingenieuren Umgang haben zu müssen, die glauben, dass sie in einer Sache besser sind, was sie in Wirklichkeit aber nicht sind, die aber leider – wie das System halt so ist – in der Position sind, Sie zu beurteilen.

-          Abteilungsleiter ohne technischen Hintergrund … manchmal sind sie ein Hindernis auf dem Weg durch Aufgaben und Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, und ihre Vorschläge lassen uns manchmal die gesamte Organisationsstruktur und Führung in Frage stellen.

-          Dass du in der Schule so viel nicht verstanden hast, das erst nach der Schule Sinn bekommt, wenn du bestimmte Jobs oder Projekte bearbeitest. Aber du kannst nicht zurück zur Schule gehen, um die Prüfungsarbeit umzuschreiben und eine Punktzahl von 98% zu erreichen.

-          Der Versuch, zu erklären, dass die optimale Lösung bedeutet, dass sie der beste Kompromiss zwischen Kosten / Qualität / Zeitplan / usw. ist.; “Ja, Papa, wir hätten X größer / schneller / stärker machen können, aber dann könntest du es dir nicht leisten oder wärst nicht bereit, dafür zu bezahlen.”

-          Verkäufer machen unmögliche Versprechen, die Sie als Ingenieur erfüllen müssen. Oh, und während Sie und Ihr Team viele Stunden arbeiten, um das versprochene Ziel zu erreichen und dafür Anerkennung zu erhalten, geht er nach Hause oder mit dem Kunden etwas trinken. Unbesungene Heldentaten!

-          In einem Land mit einem immensen Bedarf an Infrastrukturentwicklung zu sein und dennoch für ein monatliches Gehalt beschäftigt zu sein, das niedriger ist als das eines Maurers, der im selben Projekt arbeitet

-          Wenn zum Beispiel mein Code nicht funktioniert oder ich keinen Algorithmus erstellen konnte, denke ich den ganzen Tag (auch im Schlaf) fast jede Minute über die Lösung nach. Was kann ich tun, wo ist mein Fehler usw. Ich denke, das Schlimmste daran, Ingenieur zu sein, ist das Überlegen und Überdenken.

-          Als Person mit einem technischen Hintergrund würde ich “Kosten” sagen … Ich kann mir alle möglichen erstaunlichen Dinge vorstellen … Ich könnte alle möglichen erstaunlichen Dinge bauen … aber die Kosten in Bezug auf Geld und Handarbeit wäre ein Vielfaches des gesamten Bruttoprodukts unseres gesamten Planeten.

-          Ich denke, die mangelnde Anerkennung bei der Arbeit und für die harten Studien, die zu Studienzeiten notwendig waren für inzwischen veraltetes Wissen. Wenn darauf jemand meint “Aber Engineering passt sich doch an, um Probleme zu lösen, das haben Sie wirklich gelernt” würde ich antworten … das eher nicht, sondern “erst Erfahrung hat mir das beigebracht”.

-          Für mich ist es der Druck, mich dümmer zu stellen, damit andere sich nicht von mir bedroht fühlen …

Soweit einmal ein kleinerer Ausschnitt aus den Antworten. Wie würden Sie auf diese Frage antworten? Uber ein E-Mail mit Bezug auf diesen Beitrag würde ich mich freuen!

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