Sonnek

Doku

Überraschung im Gerichtssaal – die Darstellungen in den Akten sind zum großen Teil falsch! Wer hätte das gedacht? Da liegen Aussagen vor und ausführliche Privatgutachten, die detailliert einen Schaden beschreiben, den es derart gar nie gegeben hatte. Mit der Konsequenz, dass unbeteiligte Professionisten als Nebenintervenienten in das Verfahren hineingezogen worden waren, die mit der Sache nichts zu tun hatten. Eine Versicherung hatte den schadensverursachenden Installateur im Regressweg geklagt. Der Sachverständige sollte ein Aktengutachten erstellen. Der Schaden im Wohnhaus war schon Jahre zuvor behoben worden.

Sachverständige müssen zur korrekten Erledigung ihrer Aufgaben den relevanten Sachverhalt erfassen. Im Regelfall wird dieser persönlich festgestellt. Im vorliegenden Fall war dies nicht mehr möglich, gemäß Auftrag war deshalb auf den im Gerichtsakt geschilderten Gegebenheiten aufzubauen. Noch dazu waren keinerlei materielle Beweisstücke mehr vorhanden, die man hätte untersuchen können. Von den schadhaften Rohrstücken konnte man sich nur eine ungefähre Vorstellung machen, waren die im Akt vorhandenen Lichtbilder wegen ihrer schlechten Qualität doch wenig hilfreich.

Versäumnisse?

Das Gutachten ergab, dass die Verantwortung für den Schaden beim Installateur zu suchen sei. Dies wegen der Tatsache, dass für die betroffenen Heizungsleitungen in Boden- und Wandkonstruktionen ein nur bedingt geeigneter Rohrwerkstoff verwendet worden war. Der Rohrhersteller hatte in seinen Verlege-Richtlinien ausdrücklich vermerkt, dass bei solchem Einsatz der Rohre äußerst sorgfältige und lückenlose Maßnahmen zu Vermeidung von Korrosion zu treffen seien. Andernfalls sei auf die Verwendung des Werkstoffs zu verzichten. Der ausführende Professionist hatte diese Bedingungen offensichtlich missachtet.

Unsicherheiten

Der Installateur gab nicht klein bei. Er gestand ein, keinen direkten Korrosionsschutz aufgebracht zu haben – also weder Schutzanstrich noch Korrosionsschutzbänder. Stattdessen sei aber die verwendete Wärmedämmung wasserdicht ausgeführt worden, was gemäß Verlege-Richtlinien zulässige Maßnahme gegen Korrosion sei. Ein Lichtbild von der geöffneten Bodenkonstruktion ließ den Sachverständigen dies bezweifeln. Das Gericht lud den Experten der Haftpflichtversicherung vor, der den Schaden als erster zu Gesicht bekommen hatte. Von ihm erwartete man genaue Beschreibungen der vorgefundenen Situation.

Überraschungen

Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Von der ersten Befundaufnahme mit Freilegung des beschädigten Rohres existierte eine chronologisch gut aufbereitete Dokumentation. Es zeigte sich, dass erstens der Schaden nicht wie im Akt angegeben in dem durch ein Brandschott führenden geraden Rohrstück aufgetreten war, sondern an einem Bogenstück in der Fußbodenkonstruktion. Zudem ließen die Bilder erkennen, dass an der korrodierten Stelle nicht nur jeglicher direkte Korrosionsschutz gefehlt hatte, sondern auch die Wärmedämmung. Das Rohr war somit allen denkbaren Korrosionsangriffen ausgesetzt gewesen.

Ergebnis, Urteil und Lehren daraus

An den Schlussfolgerungen des Gutachtens änderte sich dadurch nichts, weder in technischer Hinsicht noch im Hinblick auf die Verantwortung des Installateurs, dessen Versäumnisse nun offenlagen. Sein Rechtsbeistand erkannte die geänderte Situation an, Richter und Parteien erörterten noch Details des zu erwartenden Anerkenntnisurteils. Was lernen Sachverständige daraus? Erstens: Es geht nichts über eigenen Ortsaugenschein. Zweitens: Muss der Befund auf fremden Wahrnehmungen aufbauen, sollten letztere im Interesse der Streitparteien umfassend, bis ins Detail dokumentiert und vollständig sein.

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