Sonnek

Test Tesla S

14.06.2014
E-Power

E-Power

Die Intersolar 2014 war auch wieder Anlass, sich mit dem Stand der Technik in Sachen Elektro-Mobilität zu befassen. Klares Thema Nummer 1: Tesla. Kaum zu fassen, wie sehr dieses Unternehmen und vor allem dessen neuestes Modell „Tesla S“ präsent waren: Viele Hersteller unterschiedlichster Produkte oder Systeme hatten die elegante Limousine auf ihren Ständen als Blickfang präsent. Erste Eindrücke über Eigenheiten des Fahrzeugs erbrachte eine kurze Probefahrt von Alfred Lang auf Landstraße und Autobahn rund um München, der ich als Passagier im Fond beiwohnen konnte.

Was ist von einem Automobil zu halten, das technisch gesehen in eine neue Dimension aufbricht und von dem man hört, dass es zumindest in den USA den Luxus- oder Premiumsektor des Fahrzeugmarkts ziemlich aufwirbelt? Ist das, was wir aus der Vergangenheit über Elektroantrieb so wissen, in neuem Licht zu überdenken? Fragen über Fragen …

Elektro pur und sonst nix

Vorab ist dem Interessierten schon eines bekannt: Das Fahrzeug ist kompromisslos mit reinem Elektroantrieb ausgestattet und besitzt auch keinen Benzinmotor als „Range-Extender“, wie etwa anlässlich der Intersolar 2012 noch zu sehende bildschöne „Karma“ der inzwischen verschiedenen Motorschmiede „Fisker“. Nein, hier gibt es wahrhaftig nur Elektroantrieb und sonst nichts. Die beiden für den Vortrieb zuständigen Elektromotoren sitzen nahe der Hinterachse und treiben die Hinterräder an. Die Batterien sind im Wagenboden verstaut, was einen extrem niedrigen Schwerpunkt zur Folge hat, der nach Aussage des die Fahrt begleitenden Technikers tiefer liegt als der des Supersportwagens Ferrari F 40.

Die Frage der Reichweite

Was gleich die nächste Frage aufwirft: wie weit fährt man denn mit einer Batterieladung? Da werden gleich einmal fünfhundert Kilometer genannt. Wobei die tatsächliche Reichweite neben der Fahrweise auch von der Topografie abhängig sein dürfte: In bergigen Gegenden wird sie wohl kürzer sein, selbst wenn man berücksichtigt, dass der größte Teil der beim Bremsen auftretenden Verzögerungsenergie rückgewonnen wird. Aber eins ist klar: Wenn nicht gerade eine Fernfahrt angesagt ist, reicht allein schon diese Kapazität locker für den Alltagsbetrieb aus. Für den Fernverkehr dürfte – wenn es nicht eh schon existiert – bald auch in Europa ein Netz an Schnelladestationen verfügbar sein.

Großer Wagen ...

Großer Wagen ...

... mit großem Gedränge

... mit großem Gedränge

Äußerlichkeiten

Vorab gleich eines: Dass dieses Auto schon unbesetzt über zwei Tonnen schwer sein soll, sieht man ihm weder äußerlich an, noch ist – wie Alfred später bestätigt – im Fahrverhalten etwas davon zu spüren. Einen Kofferraum gibt es übrigens nicht nur hinten, sondern auch vorne, also dort, wo bei konventionellen Vehikeln der Motor sitzt. Irgendwie erinnert das leere Frontabteil an den alten VW-Käfer, der den Motor hinten und daher seinen Kofferraum vorne hatte. Rein äußerlich fallen die soliden herausstehenden Türgriffe auf, die sich bei Fahrt automatisch versenken. Ansonsten sieht alles recht konventionell aus, die eleganten Alu-Felgen lassen die Bremsscheiben und in manchen Modellen rot lackierte Bremssättel durchschimmern (siehe Bild ganz oben), was an andere sportliche Limousinen der Oberklasse erinnert.

Sportliche Felgen ...

Sportliche Felgen ...

... und versenkbarer Türgriff

... und versenkbarer Türgriff

Innere Werte

Setzt man sich hinein, fällt recht rasch der flache Wagenboden auf, die mehr oder weniger ausgeprägten Höcker in üblichen Fahrzeugen (komischerweise gibt es derartige „Kardantunnel“ auch in den meisten Autos mit Frontmotor und Frontantrieb) fehlen hier gänzlich. Alles wirkt sehr solide und gut gezeichnet, mit einem Schuss amerikanischen Geschmack. Oberklasse eben. Die Rücklehnen der Frontsitze erscheinen im ersten Eindruck sehr dünn, hier wird ohne Zweifel Gewicht gespart, aber ohne erkennbare Nachteile für den Komfort. Auch das Cockpit sieht im ersten Blick recht konventionell aus, mit einer Ausnahme, auf die später noch einzugehen sein wird.

Alles schaut solide aus ...

Alles schaut solide aus ...

... und fährt sich auch so

... und fährt sich auch so

Infotainment

Als Mitfahrer braucht man sich nicht auf den Verkehr zu konzentrieren und hat daher die Möglichkeit, sich um das anzunehmen, was so rundherum vorgeht. Die Instrumente für den Fahrer erscheinen auf Digitalanzeigen, was an sich ja nichts Ungewöhnliches mehr ist. Hier kommt aber die oben erwähnte Ausnahme ins Spiel: Das eigentliche Informationszentrum für Fahrer, Fahrt und Fahrzeug liegt als Riesenbildschirm in der Mittelkonsole. Seine beachtlichen Ausmaße und sein Funktionsumfang müssten Designer entsprechender Infosysteme in deutschen Nobelfahrzeugen schlicht erblassen lassen: In der Navi-Funktion hatte bei noch akzeptabler Lesbarkeit halb Bayern drauf Platz.

Faszinierendes Info-Center ...

Faszinierendes Info-Center ...

... hier allein als Navi

... hier allein als Navi

Fahreindrücke

Die Spielereien mit dem Info-Center und dessen liebenswert-originellen Details zogen am Anfang der Fahrt alle Aufmerksamkeit auf sich. Die Fahrt selbst verlief natürlich angenehm leise, das ist sie aber in Fahrzeugen dieser Klasse sowieso. Atemberaubend aber war eines: Die schiere Urkraft beim Beschleunigen – von Null auf Hundert werden vier Sekunden genannt. Das sind tolle Werte, kein Wunder bei über vierhundert Pferdestärken, die sich beim Beschleunigen ins Zeug legen. Das Info-Display lieferte dazu gleich die Daten in Form der verbrauchten Kilowattstunden und der abgerufenen Leistung. Die Fahrerbeanspruchung ist die eines üblichen Fahrzeugs mit Automatik.

Kosten

Die Anschaffungskosten zeigen, dass wir hier auch finanziell von der Oberklasse reden müssen. Das getestete Modell mit allen Finessen wie etwa Rückfahrkamera und dergleichen schlug mit etwa 115.000 Euro zu Buche, der Einstieg beginnt bei 75.000 Euro. Nicht ganz billig und für die Mehrheit der Autofahrer wohl außer Reichweite, wenngleich bereits gewaltige Stückzahlen produziert werden. Doch werden vom Hersteller künftig sicherlich auch kleinere Modelle auf den Markt kommen. Von den Betriebskosten her ist der Tesla S hochinteressant, besonders natürlich für den, der über seine Eigenanlage Solarstrom zur Verfügung hat.

Fazit

Faszinierend ist ein solches E-Mobil auf jeden Fall, zeigt es doch, was unter Einsatz unkonventioneller Ideen heutzutage machbar ist. Andererseits lässt es aber auch erkennen, welche Möglichkeiten die internationale Automoilindustrie bisher nicht genützt hat. Für die etablierten Hersteller der Premiumklasse wird das Fahrzeug eine echte Kampfansage sein. Das ist ja auch gut so, denn Wettbewerb belebt nicht nur den Markt, sondern lässt auch weitere technische Fortschritte erwarten, die unser Leben verbessern helfen können.

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