Sonnek

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In der Stimme des Kollegen am Telefon schwangen sowohl Ärger als auch Resignation mit. Seine Aufgabe als Sachverständiger in einem Prozess vor einem Zivilgericht war längst beendet. Seit nun bald einem Jahr wartete er auf das Honorar für sein Gutachten. Da einigten sich die Streitparteien auf einen Vergleich, der prompt widerrufen wurde. Dann wurde wieder verhandelt. Dann kam der nächste Vergleichs­versuch, wieder ohne Resultat. Das Gericht vertröstete den Kollegen, es könne sich nur um wenige Wochen handeln, ja um Tage. Allein das Geld kam nicht. Dem Kollegen drohte der Geduldsfaden zu reißen.

Schließlich hatte er den Aufwand für die Erstellung seines Gutachtens vorausfinanzieren und einen beträchtlichen Betrag vorstrecken müssen. Auch die Bearbeitungszeit bis zur Fertigstellung des Gutachtens war schon recht lang gewesen. Noch dazu hatte er einen Subgutachter benötigt, der ebenfalls auf sein Honorar wartete. Einen Vorschuss hatte er nicht beantragt. In der fälschlichen Annahme, das Gericht werde seinen finanziellen Verpflichtungen verlässlich und rasch nachkommen. Auch familiäre Probleme begannen sich schon abzuzeichnen, der häusliche Friede stehe am Spiel. Was solle er jetzt tun?

Schreiben statt Telefonieren

Ja, was tun? Ein Schreiben verfassen, möglichst rasch. Schreiben zählt, zwei Zitate fallen mir ein: „Wer schreibt, der bleibt!“ und „Jedes Schriftl is a Giftl.“ Lezteres Zitat soll sagen, dass ein Brief oder E-Mail mit einem für die Richterin unangenehmen Inhalt mehr bewirken wird als wiederholte Telefonate, die nur zu Vertröstungen führen. Also ein Schreiben des Sachverständigen an die zuständige Richterin mit Schilderung der aufgetretenen Probleme. Mit dem Hinweis, dass der Kollege seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen muss und daher die Überweisung dringend erwartet wird.

Kosten oder Gebühren?

Was dann noch wichtig ist: Der Antrag auf einen Gebührenvorschuss verbunden mit nochmaligem Hinweis, dass die Leistung schon längst erbracht ist. Und hier ist ein Wort wichtig: Gebühr. Manche Kollegen verlangen einen Kostenvorschuss. Darunter versteht das Gericht aber jene Zahlungen, die die Parteien an das Gericht zur Deckung der zu erwartenden Kosten (auch der für den Sachverständigen) bereits geleistet haben. Das, was der Sachverständige bekommt, nennt sich im Gerichtsdeutsch Gebühr, daher gilt es, einen Gebührenvorschuss zu fordern.

Dringlichkeit und Fristsetzung

Dem Schreiben sollten vorsichtshalber alle zugehörigen Honorarnoten beigelegt werden, damit das Gericht nicht lange nachforschen muss. Eine Frist, bis zu der das Honorar eingelangt sein soll, kann angegeben werden. Und das ganze Konvolut würde ich eingeschrieben senden. Das alles soll die Wichtigkeit der übermittelten Botschaft unterstreichen. Nur keine falsche Zurückhaltung! Mehr hat es in den wenigen Fällen, in denen die Zahlungen sich verzögert haben, nicht gebraucht, bald darauf war die ganze Angelegenheit erledigt.

Die nächste Instanz

Was aber, wenn sich dann noch immer nichts rührt? Hm … In Frage kommen für größere Beträge meist ohnehin nur eines der Landesgerichte. Meine Reaktion wäre ein netter, und in freundlichem Ton gehaltener Brief an die nächsthöhere Instanz, also zum Beispiel an den Präsidenten des zuständigen Landesgerichts. Hab‘ ich nie machen müssen. Hätte aber womöglich auch das Risiko, dass dann keine Aufträge mehr von dieser Seite kommen würden. Das muss man halt in Kauf nehmen können oder wollen …

Ein Hinweis zum Thema Honorare: Weitere Grundlagen, wichtige Hinweise und wertvolle Tipps finden sich im

Leitfaden für Sachverständige

Teil 5: Gebühren, Honorare, Kosten

Richtig handeln – Einsprüchen vorbeugen! Die kompakte und aktuelle Zusammenstellung des Wissens, auf das es ankommt. Entstanden als Antwort auf häufige Fragen und Probleme von Kollegen. Ersetzt Unklarheit durch Sicherheit. Gedacht für Sachverständige, die höhere als durchschnittliche Ansprüche an ihre Arbeit stellen.

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