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In Medienberichten tritt uns Neutralität in zweifacher Form entgegen, entweder als militärische oder als klimabezogene. Der Stellenwert der beiden ist unterschiedlich. Die Sinnhaftigkeit der erstgenannten wird diskutiert und zunehmend in Zweifel gezogen, wohingegen die andere zunehmend als unabdingbar postuliert wird. Unter CO2-Neutralität verstehe ich, dass ein Staat oder eine Region alles entstehende Kohlendioxid durch bestimmte Maßnahmen derart kompensiert, dass nach außen kein CO2 abgegeben wird. Ein derartiger Zustand wird nicht auf einfache Weise zu erreichen sein.

Der kanadische Universitätsprofessor Vaclav Smil hat im Vorjahr ein Buch veröffentlicht, das den Titel trägt „How The World Really Works – A Scientist’s Guide to Our Past, Present and Future“. Es ist unlängst auch auf Deutsch erschienen als „Wie die Welt wirklich funktioniert“, was einer genauen Übersetzung des Originaltitels entspricht. Interessanterweise lautet hingegen der Untertitel nicht wie etwa zu erwarten „Wegweiser eines Wissenschaftlers zu unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“, sondern „Die fossilen Grundlagen unserer Zivilisation und die Zukunft der Menschheit“, ist also deutlich anders.

Der Realität ins Auge sehen

Der Grund dafür ist schnell erklärt. Vaclav Smil ist ein erklärter Freund erneuerbarer Energien, was er in diesem Werk und in anderen seiner Bücher ausführlich kundtut. Er ist aber kein Phantast. Im Gegensatz zu Aktivisten, Grünpolitikern oder manchen Vertretern aus der Wissenschaft steht er in allen seinen Überlegungen mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Realität. Er kennt Zahlen und Zusammenhänge und zeichnet sich durch eine sorgsam abwägende, aber kompromisslose Aufrichtigkeit und Nüchternheit aus. Eigenschaften also, die wir in der Energie- und Klimadiskussion dringend benötigen.

Ohne fossile Energie geht nichts

„Ich bin weder Pessimist noch Optimist“, meint er in seiner Einleitung, „Ich bin Wissenschaftler, versuche zu erklären, wie die Welt wirklich funktioniert und ich setze dieses bessere Verständnis dazu ein, dass wir unsere künftigen Begrenzungen und Möglichkeiten besser erkennen können.“ Smil behandelt die Themenkreise Energie, Nahrungsmittelproduktion, die materielle Welt, Globalisierung, Risiken, Umwelt und Zukunft. Die knallharte Botschaft: Ohne fossile Energieträger läuft nichts, das gilt für alle genannten Bereiche, und es wird sich auch in den nächsten Jahrzehnten daran nicht viel ändern.

Hitparade der wichtigsten Grundstoffe

Ich greife als Beispiel das Kapitel über die materielle Welt heraus. Smil macht eine Reihung von wichtigen Grundstoffen und bewertet sie anhand ihrer Unentbehrlichkeit, Allgegenwärtigkeit und Größe des Bedarfs. Nimmt man diese kombinierte Bewertung als Grundlage, kommt er auf vier Materialien, die in dieser Reihung am höchsten liegen und er deshalb die vier Säulen der modernen Zivilisation nennt: Zement, Stahl, Kunststoffe und Ammoniak. Das sind Grundstoffe, deren Bedarf steigt und die durch keine anderen Stoffe ersetzt werden können, sicher nicht in naher Zukunft und in globalem Ausmaß.

Hoher Anteil an Energiebedarf und Emissionen

Was besonders wichtig ist: Die Herstellung all dieser Grundstoffe erfordert hohen Einsatz an fossiler Energie und ist ohne diesen nicht denkbar. Den Anteil der Herstellung dieser vier Stoffe am Bedarf von Primärenergie weltweit beträgt 17 Prozent. Infolgedessen ist auch der Anteil an CO2-Emmissionen dafür sehr hoch, er beträgt 25 Prozent aller Emissionen weltweit! Wie sehr wir von diesen Grundstoffen abhängig sind, zeigt allein schon das Beispiel Ammoniak: Es ist die Grundlage zur Herstellung von Stickstoffdünger, der für die Ernährung der Menschheit unverzichtbar ist und das (Über-)Leben von vier Milliarden Menschen hängt direkt davon ab!

Ohne CO2-Emissionen geht es nicht

Auch die Rolle der Kunststoffe seit deren Erfindung vor über hundert Jahren hat sich dramatisch verändert. Konnte man anfangs nur kleine Teile herstellen – der erste Kunststoffteil in der Industrie war der Schaltknauf für einen Rolls-Royce 1916 – ist heute die Anwendung unübersehbar und vielfach unersetzbar, zum Beispiel in der Medizin. Über Beton und Stahl braucht man nicht viel zu erklären, deren Wichtigkeit ist offensichtlich, wenn man aus einem Haus, das fast immer Betonteile enthält, auf einen Parkplatz voller Autos blickt … Fazit: Ohne CO2-Emissionen geht nix, das gilt weltweit und noch für lange, lange Zeit …

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