Sonnek

Frage

Ein teures elektrisches Gerät ist kaputt gegangen. Es ist nicht klar, ob dafür eine üblicherweise zu erwartende Abnutzung verantwortlich war, oder aber äußere Einflüsse den Ausschlag gegeben haben, schließlich weist die Außenhülle eine Beschädigung in Form einer deutlichen Delle auf. Das Gericht hat den Sachverständigen beauftragt, dies zu klären. Der ist handwerklich gewandt genug, das Gerät selbst fachmännisch zu zerlegen und ausreichend erfahren, die Schadensursache festzustellen. Er kommt sehr rasch zu einem eindeutigen Befund und damit zum gutachterlichen Schluss.

Im Gegensatz dazu ist es in meiner Praxis ein absoluter Ausnahmefall, dass ich ein Gerät oder eine Maschine auseinandernehme. Wenn eine Heizungsanlage kaputtgeht, kann ich zwar nach der Ursache suchen, aber eine kaputte Wärmepumpe zu demontieren und zu zerlegen, ist allein schon angesichts der dafür notwendigen Gerätschaften jenseits meiner Möglichkeiten. Anders liegt die Sache bei einfachen Sanitär- oder Heizungselementen, wie etwa beschädigten Armaturen, gebrochenen Formstücken und Ähnlichem. Das Schadensbild einer kaputten Dichtung zum Beispiel kann sehr viel darüber aussagen, ob hier ein Produktmangel vorliegt oder der Einsatz von zu viel Kraft im Spiel war.

Ausgedehnter Wasserschaden …

Stichwort Kraft zum Thema Hand anlegen: Gleich bei einem meiner ersten Gerichtsfälle am Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz hatte ich es mit einem ausgedehnten Wasserschaden zu tun. Auslöser war das Eckventil für einen Waschmaschinenanschluss. Das Ventil hatte man im sehr schön sanierten Altbau montiert. Aus zuerst unerklärlichen Gründen war es dann in der Nacht darauf schlicht und einfach abgebrochen und zu Boden gefallen. Die Leitungen waren unter Druck und die Überschwemmungen durch den folgenden Wasseraustritt hatten nicht unbeträchtliche Schäden hinterlassen. Um die Abdeckung des Aufwands für die Behebung stritten sich nun Hauseigentümer und eine Versicherung.

… nach Überbeanspruchung des Werkstoffs …

Befund und Gutachten hatten ein eindeutiges Ergebnis gebracht: Manche Arten von Messingarmaturen haben die Eigenheit, dass sie bei Überbeanspruchung nicht sofort brechen, sondern erst nach einiger Zeit, oft erst nach Wochen oder Monaten. Diesmal war es halt recht rasch gegangen. Die Merkmale der Überdehnung waren deutlich erkennbar. Einem der Rechtsvertreter genügte das nicht. Er behauptete, dass ein Monteur gar nicht die Kraft besitze und daher auch in der Lage sei, diese Ventile beim Einschrauben in die Wasserleitung zu „überdrehen“.

… wegen zu hohem Krafteinsatz, der aber …

Die Parteien verlangten einen praktischen Versuch, das Gericht stimmte zu. Mit der Durchführung wurde der Sachverständige beauftragt, also ich. Na gut, dachte ich mir, soll sein. Ich lud die Parteien in unser Betriebsgebäude in die Oststeiermark ein. In umliegenden Baumärkten hatte ich mir eine reichliche Zahl von gleichen Eckventilen besorgt. Einer unserer Mieter besaß die notwendigen Werkzeuge und hatte mir eine kleine Vorrichtung zum Einspannen der Ventile gebaut. Dazu legte er noch verschiedene Montagewerkzeuge bereit, Schraubenschlüssel lang und kurz, Drehmomentschlüssel, Armaturenschlüssel u .a. m.

… erst zu beweisen war, …

Einer der Anwälte war des Motorfluges kundig und von Salzburg zu den Verhandlungen bislang stets im Privatflugzeug angereist. Er tat dies auch diesmal. Den lokalen Flugplatz konnte er nach einigem Suchen finden, die Landung auf der kurzen Landebahn endete knapp vor einem Acker, einige Maiskolben erfuhren propellerbeschleunigt eine vorzeitige Ernte. In der Werkstatt hatte sich inzwischen eine kleine Runde versammelt, die der kommenden Dinge harrte. Nächste Frage: Wer führt die Versuche durch? Keiner der Anwälte oder Parteien war bereit, alle schoben unisono die Aufgabe dem Sachverständigen zu.

… was auch gelang.

Jetzt war voller Körpereinsatz gefordert. Im ersten Versuch mit dem langen Drehmomentschlüssel brach das Ventilgewinde recht schnell. Die nächsten Versuche verliefen etwas mühsamer und dementsprechend schweißtreibend. Jedoch am Ende lagen – so ich mich recht erinnere – zusammen sieben Eckventile zerstört im Abfalleimer. Damit war der Beweis geglückt: Wenn  selbst ein ungeschulter Sachverständiger in der Lage war, ein Einschraubgewinde „abzumurksen“, wieviel mehr musste ein durchschnittlich kräftiger Monteur dazu in der Lage sein …

Comments are closed.

Copyright ©2012 Ing. R. Sonnek GmbH