Sonnek

SV

Nehmen wir einmal an, wir hätten es mit einer komplexeren und recht teuren Haustechnik-Anlage zu tun, die Probleme macht. Hauptsächlich geht es darum, dass eine mit viel Aufwand erstellte Installation nicht zur Gänze das tut, was der Auftraggeber von ihr erwartet hat. Dazu gibt es noch mehrere für den Auftraggeber unangenehme Mängel, die wie es scheint, nicht aus der Welt zu kriegen sind. Nachdem all die Debatten nichts gefruchtet haben und der Auftraggeber eine stattliche Summe des vereinbarten Werklohns allein schon aus Vorsicht zurückhält, landet die ganze Angelegenheit sehr bald vor Gericht.

Naturgemäß wird das Gericht die ganze Sach- und Problemlage zuerst aus rechtlicher Sicht auseinanderklauben. Zur Klärung der technischen Seite wird es aber sehr bald einen Sachverständigen beiziehen. Das wird sinnvollerweise einer aus dem recht umfangreichen Fachgebiet der Gebäudetechnik sein. Weil noch niemand so recht weiß, was von all den Sachen nun auf welche Weise verfahrensrelevant sein wird, ersucht das Gericht ihn zunächst, einen Befund zu erstellen. Nach sorgfältiger Einarbeitung und örtlicher Befundaufnahme liefert der Sachverständige nach einiger Zeit sein Elaborat ab.

„Sortieren“ der Probleme

Nehmen wir nun an, es habe eine Mängelliste gegeben, die zwanzig Punkte umfasst hat. Ein Teil davon ist für den Sachverständigen technisch gesehen „greifbar“ geworden, er kann also dem Gericht darlegen, worum es geht. Ein anderer Teil dagegen ist für ihn nicht fassbar: Entweder beruhen die Mängelbehauptungen auf individuellen Wahrnehmungen, die nicht prüf- oder verifizierbar sind, oder aber es wären weitere Untersuchungen oder messtechnische Überprüfungen erforderlich, die entsprechende Nachweise erbringen könnten. Ein dritter Teil ist derart gelagert, dass die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen unumgänglich ist.

Der nächste Sachverständige stößt dazu …

Wie es sich halt so ergibt, werden ausgerechnet die letztgenannten Mängel zu Schlüsselfragen, die im Verfahren zu lösen sind. Beispiel: In einem der kritischen Mängelpunkte geht es darum, zu klären, ob und welche Maßnahmen ergriffen worden sind, um den Einfluss von elektrischen Potentialunterschieden zu vermeiden. Das kann der sachverständige Haustechniker nicht feststellen und somit auch nicht beantworten. Folge: Es wird ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet für Elektrotechnik hinzuzuziehen sein, den das Gericht denn auch umgehend bestellt.

… und dann der übernächste …

Es tut sich aber auch noch ein weiteres Feld auf: An der Anlage ist es zu Korrosionserscheinungen an einzelnen verwendeten Bauteilen gekommen, die aus unterschiedlichen metallischen Werkstoffen bestehen. Man weiß auch nicht genau, ob einzelne Bauteile vertragskonform ausgeführt worden sind. Wer kann darüber Auskunft geben? Ein Metallurge! Folge: Ein Sachverständiger aus diesem Fachgebiet muss her. Der wird wiederum vom Gericht bestellt, nimmt umgehend seine Arbeit auf und liefert nach einiger Zeit das Gutachten über die werkstofftechnischen Fragen ab.

… und der (vorläufig) letzte

Ist damit alles geklärt? Leider nein. Wie es sich im Zuge der mittlerweile schon in Kooperation erfolgten Sachverständigentätigkeiten ergibt, sind an der Anlage Vorgänge zu beachten, die einer näheren Betrachtung durch einen Sachverständigen für Chemie bedürfen. In sondierenden Vorgesprächen durch die Sachverständigen und durch das Gericht hat sich das Gericht auf einen Sachverständigen für Chemie festgelegt und diesen auch bestellt. Dass damit wiederum Aufwände für Zeit und Kosten verbunden ist, ist den Parteien im Verfahren schmerzlich klar, aber sie sind Träger des Verfahrens und müssen daher mitmachen.

Kein Ende in Sicht?

In all dem ist noch nicht sicher, ob nicht noch ein weiterer Sachverständiger beigezogen werden muss. – Was lernen wir daraus? Erstens, dass komplexe technische Anlagen auch die Gefahr mit sich bringen, dass damit Probleme verbunden sind, die anfangs einfach erscheinen, sich aber allmählich als ebenfalls komplex entpuppen. Zweitens, dass – will man diesen Problemen vor Gericht auf den Grund gehen – damit Aufwand an Zeit und Geld für Sachverständige verbunden ist. Drittens, dass sich die Parteien fragen müssen, ob es nicht von vornherein klüger gewesen wäre, den Aufwand in direkte Gespräche und Vergleiche außerhalb des Gerichts zu investieren …

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