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Eta

Am 17. Februar 1897 schloss Moritz Schröter, Maschinenbauingenieur und angesehener Hochschullehrer für Theoretische Maschinenlehre an der Technischen Hochschule München, seine offizielle Prüfung des neuen Motors von Rudolf Diesel ab. Ziel der penibel durchgeführten Prüfung war es gewesen, die Wirtschaftlichkeit der Maschine herauszufinden. Damit sollte bewiesen werden, dass sie das vielversprechende Potential zu einer kommerziell vorteilhaften Anwendung besaß. Der viereinhalb Tonnen schwere und etwa 18 PS starke Motor am Prüfstand lieferte unter Volllastbetrieb ein eindrucksvolles Ergebnis ab.

Der Wirkungsgrad des später nach seinem Erfinder benannten Motors betrug 26 Prozent und lag damit deutlich höher als der eines Benzinmotors. Viele Jahre theoretischer Forschung und überaus mühsamer praktischer Entwicklung unter hohem finanziellem Einsatz hatten schließlich ihren krönenden Abschluss gefunden. Man kann sich unschwer vorstellen, dass Rudolf Diesel über diese Erfolge überaus stolz und glücklich war. Gegen Ende des Jahres ließ sich durch weitere technische Verbesserungen sogar noch ein Wirkungsgrad von 30 Prozent erreichen, der damit sogar doppelt so hoch lag wie der eines damals üblichen Ottomotors.

Die Vorteile des Dieselmotors

Im Laufe der Jahre hat sich dieser Unterschied zwar vermindert, aber die Wirkungsgrade von Dieselmotoren bleiben immer noch um 15 bis 20 Prozent über denen von Benzinmotoren. Dieselmotoren haben einige Vorzüge: Sie verwenden einen Treibstoff, der eine höhere Energiedichte aufweist. Er enthält bei gleichem Volumen etwa 12 Prozent mehr Energie als Benzin, wodurch ein Dieselfahrzeug mit demselben Tankinhalt weiter fahren kann. Durch Selbstzündung und doppelt so hohe Verdichtung wird der Brennstoff besser ausgenützt. Der Treibstoff ist von geringerer Qualität und daher billiger als Benzin herzustellen.

Ein langsamer Weg zum Erfolg

Allerdings folgte auf den erfolgreichen Test von 1897 wider Erwarten und zur Enttäuschung von Rudolf Diesel nicht sofort der große Marktdurchbruch. Er hatte gehofft, dass der neue Motor aufgrund seiner Wirtschaftlichkeit ein kommerzieller Selbstläufer wird, was nicht der Fall war. So dauerte es bis zum Jahr 1911, dass ein dänisches Übersee-Frachtschiff namens Selandia erstmals mit einem Dieselmotor ausgestattet wurde. Ja erst in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg begann sich der neue Antrieb auch im Schifffahrtswesen nach und nach durchzusetzen.

Durchbruch in Landfahrzeugen

Was den Einsatz zu Land betraf, begann dieser im Eisenbahntransport, gefolgt von schweren Lastwagenzügen, größeren geländegängigen Fahrzeugen, Baumaschinen und Maschinen und Fahrzeugen in der Landwirtschaft. Die Verwendung in Personenkraftwagen dauerte noch länger, erst im Jahr 1936 kam in Form des Mercedes-Benz 260D der erste Diesel-PKW auf den Markt. Besonders in Europa setzte sich der Dieselmotor in PKWs durch, sein Anteil liegt europaweit gesehen noch bei 40 Prozent. Anders war die Situation in den USA, wo Dieselmotoren wegen des niedrigeren Benzinpreises bloß einen Marktanteil von 3 Prozent erreichten.

Unverzichtbare Hauptantriebe

Nach Rudolf Diesels ursprünglicher Vorstellung hätte sich sein Motor eher in kleineren Leistungen durchsetzen sollen, der von vielen Herstellern erzeugt wird und ein Werkzeug zur dezentralen wirtschaftlichen Entwicklung gewesen wäre. Aber mehr als 120 Jahre später ist das genaue Gegenteil der Fall. Dieselmotoren sind konkurrenzlos in ihrer Anwendung in der Großindustrie genauso wie als Hauptantriebe im Dienste der Globalisierung. Sie sind Antriebe der großen Contaier-Frachtschiffe oder Öltanker, Frachter für Flüssiggas, Erze, Getreide usw. genauso wie von Lastkraftwagen und Lokomotiven.

Keine Alternative in Sicht

Es muss uns klar sein, dass viele Dinge des täglichen Bedarfs oder Gebrauchsgüter wie etwa unsere Kleidung, höchstwahrscheinlich nicht nur einmal von einem dieselbetriebenen Fahrzeug transportiert worden sind. Ohne die niedrigen Betriebskosten, hohe Zuverlässigkeit und hohe Lebensdauer dieser Motoren wäre die heutige Ausdehnung der Globalisierung nicht erreichbar gewesen, die heute unsere moderne Wirtschaft bestimmt. Dieselmotoren werden uns noch lange begleiten. Zurzeit ist weit und breit keine geeignete Alternative zu finden, die auch nur annähernd so wirtschaftlich, effizient und zuverlässig wäre.

*) Dieser Beitrag ist eine freie Übersetzung eines Kapitels aus dem Buch „Numbers Don’t Lie – 71 Things You Need to Know About the World“ von Vaclav Smil, erschienen bei Viking, 2020

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