Sonnek

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Gutachtensauftrag vom Gericht. Ich weiß bereits Bescheid. Die Richterin hat zuvor am Telefon den Fall und die Sachlage geschildert und die Angelegenheit scheint eindeutig in mein Fachgebiet zu fallen. Ihre Frage „Können Sie den Auftrag übernehmen?“ habe ich bejaht, allerdings mit dem Vorbehalt, dass ich mir den Akt genau durchsehen muss. Dass die Vorsicht berechtigt war, zeigt sich, als der Gerichtsakt freigeschaltet ist und ich das ganze Konvolut heruntergeladen habe. Nach Studium des Akts und der Beilagen wird mir rasch klar: Die Sache liegt zwar sehr nahe an meinem Fachgebiet, gehört tatsächlich aber in das Baufach!

Machbarkeitsprüfung nennt man den routinemäßigen Vorgang, in dem man untersucht, ob sich ein Auftrag unter gegebenen fachlichen, zeitlichen und finanziellen Voraussetzungen machen lässt. Im genannten Fall ist das Ergebnis klar: Der Auftrag ist zurückzulegen. Wie gehe ich jetzt richtig vor? Natürlich ist das Gericht umgehend zu informieren. Das Gericht muss statt mir einen anderen und einen geeigneten Sachverständigen beauftragen. Hier kann ich das Gericht unterstützen und die Sache beschleunigen, indem ich mir überlege, ob aus meinem Kollegenkreis jemand dafür in Frage kommt. Mir fällt dazu jemand ein.

Persönlicher Kontakt beschleunigt die Umbestellung

Jetzt mache ich mir aber selbst die Mühe und will gleich abklären, ob er für den Fall zur Verfügung stünde. Ich erreiche den Kollegen telefonisch. Wir kennen uns gut, haben wir doch in ähnlichen Aufgaben bereits mehrmals zusammengearbeitet. Die betreffende Angelegenheit erläutere ich ihm kurz, auch die Termine und den erliegenden Kostenvorschuss für den Sachverständigen. Er bestätigt, dass der Fall in sein Fachgebiet gehört und sagt zu, den Auftrag übernehmen zu wollen. Der Ort für die Befundaufnahme ist nicht allzu weit entfernt, auch die beteiligten Rechtsanwälte sind ihm bekannt, die Sache sollte sich problemlos machen lassen.

Umbestellung kann nur durch das Gericht erfolgen

Kann ich ihm jetzt gleich alle Daten überlassen und ihm auch den heruntergeladenen Akt übersenden? – Natürlich nicht! Nur das Gericht ist befugt, Sachverständige umzubestellen. Meine Aufgabe ist es lediglich, das Gericht möglichst rasch schriftlich davon zu verständigen, dass ich nach Durchsicht der Unterlagen den Auftrag nicht übernehmen kann, weil er nicht in mein Fachgebiet fällt und um Abberufung als Sachverständiger und um Entbindung vom Auftrag zu ersuchen. Zugleich teile ich dem Gericht mit, welcher Kollege bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen und gebe auch gleich dessen Kontaktdaten bekannt, nicht ohne vorher im Sachverständigenverzeichnis der Justiz nachzusehen, ob diese Daten auch aktuell sind.

Netzwerke helfen, die Richtigen zu finden

Etwas ist in diesem Zusammenhang noch wichtig zu erwähnen: Jeder Sachverständige sollte über ein Netz von Kollegen verfügen, auf die er im Bedarfsfall jederzeit zurückgreifen kann. Ein solches Netz aufzubauen, geht nicht von heute auf morgen, sondern erfordert seine Zeit. Besonders wichtig sind Kollegen aus unmittelbar angrenzenden Fachgebieten – in meinem Fall z. B. aus dem Bauwesen, der Elektrotechnik, Bauphysik, Metallurgie, Steuerungs- und Regelungstechnik, Chemie, um nur einige zu nennen. Aber auch Kollegen aus dem eigenen Fach sind von Bedeutung, insbesondere dann, wenn man selbst z. B. aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage ist, Aufträge zu übernehmen oder wenn man den Rat eines Kollegen benötigt.

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