Sonnek

Dieser gute Rat …

11.03.2022
SV

… richtet sich an Bewerber, die sich bei ihrem Landesgericht in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen eintragen lassen wollen. Der Rat ist zwar gratis, aber – wie ich hoffe – nicht umsonst (im Sinne von vergebens). Er soll helfen, die richtigen Vorbereitungen zu treffen, um das vorgeschriebene „Prüfungsgespräch“ erfolgreich bestehen zu können. Er soll dazu anregen, sich selbst kritisch zu prüfen, ob die nötige Ernsthaftigkeit gegeben ist, die für eine derartige Tätigkeit unabdingbare Voraussetzung darstellt. Es wäre schade, wenn die Mühen der Vorbereitung an falschen Vorstellungen scheitern.

Nicht oft genug kann man darauf hinweisen, wie entscheidend wichtig die richtige persönliche Einstellung ist, wenn es um berufliche Weichenstellungen geht. Der Entschluss, Sachverständiger werden zu wollen, ist eine solche Weichenstellung. Den meisten Bewerbern ist das auch bewusst und sie gehen die Sache auch mit entsprechender Sorgfalt an. Im Laufe vergangener Jahre war aber festzustellen, dass man es zunehmend mit Anwärtern zu tun hat, die völlig unzureichende Voraussetzungen mitbrachten. Das betraf einerseits solche, die „es halt einmal probieren wollten“ und sich einfach „interessehalber“ locker und nicht allzu ernst gemeint im Prüfungslokal einfanden.

Leichtfertigkeit ist verpönt

Andererseits waren auch bemerkenswert unbedarfte Auftritte von Personen dabei, die – vielleicht sogar aus ehrlicher Überzeugung – davon ausgingen, dass ihr Wissen für eine Tätigkeit als Sachverständiger als durchaus ausreichend zu betrachten sei. Und dass im Fall von diesbezüglichen Lücken das Gewicht der eigenen (vielleicht auch nur äußeren) Erscheinung über derartige Unzulänglichkeiten hinweghelfen würde. Dass derlei Erwartungen bei den Betroffenen zu Enttäuschungen führen, liegt auf der Hand, aber genauso enttäuscht sind auch die Prüfer, die viel Zeit in die Vorbereitung investiert haben.

Fachliche Kompetenz herausarbeiten

Was also ist zu beachten? Zuerst natürlich muss die fachliche Eignung in vollem Umfang vorhanden sein, was wiederum entsprechende Praxiserfahrung bedingt. Irgendwelche eindrucksvolle Zeugnisse allein reichen nicht, es muss echte Substanz dahinterstehen. Jedem Kandidaten sollte bewusst sein, dass er Gegenüber vorfinden wird, die diese Substanz besitzen. Wie schon an anderer Stelle in diesem Blog besprochen, gibt es zumindest für die gängigsten Fachgebiete gut ausgearbeitete Prüfungsstandards, die einen Überblick und Orientierung bieten. Jeder Kandidat sollte ehrlich sein zu sich selbst und nur Kompetenzen beanspruchen, in denen er wirklich sattelfest ist.

Rechtliches Wissen beachten

Der zweite Bereich – der in Prüfungsgesprächen im Regelfall zuerst dran ist – betrifft die rechtlichen Aspekte der Sachverständigentätigkeit. Er ist zentral wichtig, wird doch ein Sachverständiger Teil der Justiz, was ihm bewusst sein sollte. Die angebotenen Seminare der Sachverständigenverbände beinhalten dazu alles, was wichtig ist. Nur muss sich ein Kandidat damit auch ausreichend auseinandersetzen, ist dieser Bereich ihm doch zumeist in weiten Teilen fremd. Wer im Zuge der Befragung durch den richterlichen Vorsitz schon in den einfachsten Grundbegriffen zum Stolpern kommt, erwirbt sich auch nicht gerade viel Vertrauen.

Persönlichkeit wird beäugt

Drittens sollte jedem Kandidaten bewusst sein, dass seine Persönlichkeit aufmerksam betrachtet wird. Denn im Grunde genommen arbeitet jeder Sachverständige für sich allein und ist auch in seiner Verantwortung auf sich allein gestellt. Man stellt sich daher als Prüfer unweigerlich Fragen wie „Würde er eine Befundaufnahme mit einem Dutzend Beteiligter erfolgreich durchführen können, wenn plötzlich unter den Parteien Streit aufkommt?“ oder „Wie würde er in einer Gutachtenserörterung agieren, wenn er im Kreuzfeuer von Anwälten steht?“ Auch überlegt sich jeder Prüfer, ob er sich den Kandidaten als Partner in einem Gerichtsfall vorstellen könnte.

Schnuppern in der Praxis

Schließlich ist viertens daran zu erinnern, dass sich aus der Praxis am meisten lernen lässt. Das heißt nicht nur, dass der Aspirant möglichst schon in irgendeiner Form Gutachten gemacht haben sollte. Ist das nicht der Fall, empfiehlt es sich, einen schon länger aktiven Sachverständigen zu kontaktieren und ihn in seinem Büro zu besuchen. Die meisten Kollegen, die ich kenne, sind gerne bereit, dem potentiellen Kollegen zwei, drei Stunden Zeit zu widmen und ihn mit gelebter Praxis vertraut zu machen, vielleicht in der Weise, dass man gemeinsam einen erledigten Fall Schritt für Schritt durchgeht. Das kann dem Neuling den letzten Schub zum Prüfungserfolg geben …

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