Sonnek

SV-Stories

Dazulernen endet nie. Technische Bereiche ändern sich nicht nur ständig, sondern manchmal rasant. Das wurde mir schnell klar, als ich mich mit Heizungs-, Lüftungs- und Sanitäranlagen zu beschäftigen begann. Jedes dieser Fachgebiete für sich allein schon vermag ein einzelnes Berufsleben, ja selbst das eines eingespielten Teams voll auszufüllen. Als dann zum Wirkungsbereich Planung die Ausführung von Anlagen kam, hatte ich keineswegs die Absicht, auch noch als Gutachter tätig zu sein. Infolge bestimmter Umstände kam es dennoch dazu. Und das schon lange, bevor ich „richtiger“ Gerichtssachverständiger wurde.

Ende der Achtziger Jahre. Für einen Bekannten hatte ich gerade die Planung und Bauaufsicht der Haustechnik für seine neue luxuriöse Villa erledigt. Die baulichen Gegebenheiten hatten etliche Herausforderungen an die Haustechnik mit sich gebracht, aber der Betrieb der Anlagen verlief auf Anhieb klaglos, der Auftraggeber war vom Ergebnis angetan. Das entging dem Architekten nicht, der gerade für einen anderen Kunden ein Betriebsgebäude in Bearbeitung hatte und mir gleich den Auftrag für die Haustechnikplanung erteilte. Besagtes Gebäude sollte dem Importeur einer bekannter Luxusartikelmarke als neue Zentrale dienen.

Ungewöhnliches

Das Unternehmen betrieb außerdem in bester Zentrumslage das, was man heute „Flagship-Store“ nennt und war der betuchten Klientel bestens bekannt. Sein Eigentümer war mir als regelmäßigem Leser einer Autozeitschrift außerdem als Motorsportler ein Begriff. Wobei die Journalisten damals mehr von seiner rasch wechselnden Schar an Freundinnen beeindruckt zu sein schienen als von seinen Fahrkünsten. Wie auch immer, aber dass ich es nicht mit einer gewöhnlichen Person zu tun hatte, wurde mir angesichts seines Hobbys klar: Die große Garage im Neubau sollte seine Sammlung alter Autobusse aufnehmen.

Probleme mit der Sanitärinstallation – aber woanders

Der Eigentümer erwies sich als hochgewachsene Person mit sportlicher Eleganz, nicht exzentrisch oder verschroben, sondern umgänglich und mit einem guten Sinn für Humor. Am Ende eines unserer Gespräche auf der Baustelle bat er mich um Hilfe in einer anderen Sache: Er hätte gerade eine Wohnung in einem historischen Stadtpalais renoviert und bezogen. Die neue Sanitärinstallation mache Probleme, einiges funktioniere nicht nach Wunsch, der Installateur würde die Beschwerden nicht ernst nehmen. Außerdem hätte er das Gefühl, für die Sache zu viel bezahlen zu müssen.

Ortsaugenschein im Palais

Großes Badezimmer, edler Marmor, vergoldete Armaturen. Von Säulen umrahmter Whirlpool. „Der ist viel zu kurz und zu flach, ich kann drin nicht richtig baden. Entweder ich sitz‘, dann geht das Wasser bis zum Nabel, oder ich lieg‘, dann schauen die Knie raus. Auch braucht es sehr lange, bis einigermaßen Wasser drin ist.“ Duschanlage mit Kopf- und sechs Seitenbrausen. „Die Kopfbrause funktioniert. Aber wenn ich die Seitenbrausen aufdrehe, geben nur die unteren beiden Wasser.“ Kein Wunder, stand der gesamten Wohnung nur die Wasserversorgung über ein einziges verzinktes Halbzoll-Rohr zur Verfügung.

Aufmaß- und Preisprüfung

Mit diesen unter den gegebenen Umständen nicht mehr behebbaren Mängeln hatte er sich bereits abgefunden. Was er aber wollte, war ein unabhängiges Gutachten über die tatsächlich erbrachten Leistungen des Installateurs. Es sollte als neutrale Grundlage für Gespräche über eine gütliche Einigung über die noch offenen Forderungen des Installateurs dienen. Aufmaß und Leistungskontrolle in einer fertigen Wohnung – nicht einfach, aber machbar! Beim folgenden Vergleichsgespräch verhielten sich Wohnungseigner und Installateur äußerst kooperativ, auch der Humor kam nicht zu kurz, die erhoffte Einigung kam zustande.

Fazit

Das Erstellen von Befund und Gutachten machte mir durchaus Vergnügen, auch die Rolle als Schiedsrichter im Vergleichsgespräch. Noch aber war ich lieber in der Planung und Errichtung unterwegs und es dauerte einige Jahre, bis ich an den sich damals zunehmenden privaten Gutachtensaufträgen Gefallen fand und in der Folge auch Gerichtssachverständiger wurde. Ich habe diesen Weg zusätzlich zu meiner Planer- und Beratertätigkeit nie bereut und kann nur allen erfahrenen Berufstätigen raten, die gerne mit Menschen zu tun haben und in ihrem Fach sattelfest sind: Werden Sie Sachverständige, und das mit Absicht!

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