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Wert

Sachverständige bei Gericht generell und viele Freiberufler und Selbstständige sind dazu angehalten, ihre Dienstleistungen nach dem angefallenen Zeitaufwand abzurechnen. In Gesprächen mit Sachverständigen und Kollegen aus dem technischen Planer- und Beraterkreis etwa im freundschaftlichen Austausch von Seminarteilnehmern wird recht oft beklagt, dass dabei nur sehr moderate Stunden- oder Tagsätze verrechnet werden könnten. Bemerkenswert ist dabei, dass es sich bei den Kollegen, die auf unbefriedigende Honorare hinweisen, oft um hoch qualifizierte Experten mit langjähriger Erfahrung handelt.

Fragt man nach den Gründen, die für diese Malaise verantwortlich sind, werden verschiedene Umstände genannt: Aus Wettbewerbsgründen und angesichts der gegebenen Marktsituation könne man nicht mehr verlangen; Bestimmte Auftraggeber, etwa aus dem öffentlichen Bereich, würden keinesfalls einen höheren Satz akzeptieren; Die Tarife seien in Honorarordnungen oder gesetzlichen Bestimmungen einzementiert; Als Anfänger müsse man kleinere Brötchen backen; Zwecks Neukundengewinnung oder wegen eines Prestigeprojektes wegen sei ein Tiefpreis nötig gewesen; Marktneulinge würden ständig mit Tiefstpreisen das Niveau ruinieren etc., etc.

Äußere Umstände oder tieferliegende Ursachen?

Einheitlicher Grundtenor aus all den Äußerungen ist die Schuldzuweisung an äußere Ursachen, auf schicksalsgleiche Umstände, die schwer zu ändern und daher nolens volens hinzunehmen seien. – Man könnte jetzt mit Achselzucken und der Zuschreibung, dass Jammern halt zum Geschäft gehört, die Sache auf sich bewenden lassen und zur Tagesordnung übergehen. Doch das wäre wohl zu einfach gedacht. Angesichts etlicher anderer, finanziell erfolgreicher Kollegen stellt sich vielmehr die Frage, ob hier nicht falsche Verhaltensweisen eine Rolle spielen oder tiefer liegende Ursachen vorliegen könnten, die im Wesen der handelnden Personen gründen.

Defizite an unternehmerischem Wissen …

In hohem Maße aufschlussreich kann bereits ein Blick auf persönliche Vorgeschichte und Werdegang vieler Selbstständiger sein. Infolge Studiums und anschließender Berufsausbildung waren etwa in technischen Bereichen Tätige im Wesentlichen auf die Bewältigung fachlicher Aufgaben ausgerichtet. Dies gilt beispielsweise durchaus auch für Wirtschaftsingenieure. Denn sofort brauchbares und unmittelbar anwendbares unternehmerisches Zusatzwissen wurden auch in solchen Studiengängen in nur sehr geringem Ausmaß vermittelt. Woher hätte es auch kommen sollen, ist doch Vorbereitung auf die Praxis nicht Hauptanliegen eines Studiums.

… oder mangelnde Überzeugungskraft?

Die anschließende berufliche Karriere mochte zwar in das Hineinwachsen in Management-Aufgaben führen oder in andere Arten der Bevollmächtigung, wohl selten aber war ein umfassender Erwerb jener Fähigkeiten möglich, wie sie Selbstständigkeit einfordert. Insbesondere Technikern blieb es beispielsweise fremd, Vorzüge eigener Leistungen vorteilhaft darzustellen und sei es nur dem direkten Vorgesetzten gegenüber. Mangels eines rechten Sensoriums für deren Bewertung und Bewerbung tun sich solche Leute in die Selbstständigkeit eingetreten natürlich schwer, ihren Kunden den wahren Wert nichtmaterieller Leistungen überzeugend näher zu bringen.

Führen magere Erträge …

Mangelndes Wertbewusstsein kann in eine unangenehme Zwangslage führen: Nehmen wir an, der Selbstständige verfüge über einen ausreichend großen Auftragspolster und sei daher kapazitiv sehr gut ausgelastet, was ihn freut und mit Stolz erfüllt. Er zeigt vollen Arbeitseinsatz, ja muss ihn zeigen, um finanziell über die Runden zu kommen. Wenn er am Jahresende nach Abzug aller Aufwendungen, Steuern und Sozialversicherungs­beiträge die Früchte seines Bemühens als mager bewerten muss, wird er die Notwendigkeit einer Einnahmensteigerung erkennen. Angesichts der vorhin geschilderten äußeren Gegebenheiten weiß er aber nicht, wie das gehen könnte.

… schließlich zur Einsicht?

Wer höhere Einkünfte erzielen möchte, muss sich von der gravierenden Fehlvorstellung verabschieden, dass es allein äußeren Umständen geschuldet sei, die zur Malaise geführt haben. Besserungswillige müssen vielmehr bei ihrer eigenen Denk- und Verhaltensweise ansetzen! Der Schlüssel dazu liegt in der Einsicht, dass für den erzielbaren Preis der Wert ausschlaggebend ist, den der Auftraggeber der angebotenen Leistung zumisst. Noch deutlicher gesagt: Der Wert der angebotenen Leistungen entsteht in der Wahrnehmung des Kunden! Mit der Höhe des Betrages, den der Kunde bereit ist, zu zahlen, zeigt er, wieviel ihm die Leistung wert ist. Eine einfache Erkenntnis!

Vom falschen Ansatz …

Was folgt daraus? Nicht mehr und nicht weniger, als dass die Hauptaufgabe des anbietenden Selbstständigen logischerweise nun darin bestehen muss, den Wert seiner Leistung dem Kunden begreifbar zu machen. Erst wenn es ihm gelingt, die Wertwahrnehmung in den Augen des Kunden zu erhöhen, wird er einen besseren Preis für seine Arbeit lukrieren können. Erhebt sich die Frage: Wie aber kann mein potentieller Kunde den Wert meiner Dienstleistung richtig einschätzen, wenn diese Leistung so komplex ist, dass sie ihm – einem Laien – sehr schwer erklärbar ist? Ernüchternde Antwort: Gar nicht!

… zur richtigen Haltung …

Die Wertvermittlung muss an zwei anderen Hebeln ansetzen: Erstens muss der Anbieter selbst vom hohen Wert seiner Leistung überzeugt sein. Das gelingt aber nur dann, wenn ihm selbst der Wert seines Wissens, Könnens und Erfahrungsschatzes voll bewusst ist. Dazu gehört, dass er diesen Wert mit voller Überzeugung in finanzielle Größen, etwa in Form von Stunden- oder Tagsätzen übertragen kann. Er muss von deren Berechtigung so sehr überzeugt sein, dass er nicht den Funken einer Sekunde daran denkt, auch nur einen Cent davon nachzulassen. Sein Gegenüber muss diese gefestigte innere Überzeugung und hohe Selbsteinschätzung spüren und respektieren können.

… und zur plakativen Vermittlung der Vorteile

Zweitens wird der Anbieter seine Strategie in Richtung der Vermittlung von Vorteilen ändern müssen. Der Kunde, den er gewinnen will, ist nur wenig, meist gar nicht an den Eigenschaften der Leistung interessiert, nicht daran, welche Berechnungen gemacht und welche Software eingesetzt werden soll. Nein, er will wissen, welchen praktischen Nutzen materieller, wirtschaftlicher, ideeller oder sonstiger Art er sich vom Auftragnehmer erwarten darf. Er will sichergehen, dass seine Erwartungen und Bedürfnisse nicht nur erfüllt, sondern übererfüllt werden. Erst wenn er voll überzeugt ist, dass er das erwarten kann, wird er sein Vertrauen zugunsten des Anbieters in die Waagschale der Entscheidung werfen. Und der Anbieter darf zuerst einen Auftrag und später sein wertgerechtes Honorar erwarten.

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