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Kond

Messezeit in München! Endlich wieder einmal eine richtige Veranstaltung, die nicht nur virtuell stattfinden konnte, sondern ganz echt wie in alten Zeiten. Die Veranstalter wurden auch nicht müde, bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass es sich um eine „Präsenzmesse“ handelt. Eine mit Ständen, mit Produkten zum Angreifen, mit jeder Menge Besucher und vielen Möglichkeiten zu guten Gesprächen. Die Verantwortlichen hatten diesmal aus Vorsicht gleich vier Themen zusammengelegt, für fast jeden etwas, um zu diesem Neustart ein Aussteller- oder Besucherfiasko von vornherein auszuschließen.

Es ging bei dieser E Europe 2021 nicht nur um die Intersolar mit neuesten Entwicklungen in der Solartechnik, diesmal ausschließlich in Form von Photovoltaik, sondern auch um Elektromobilität, also um Ladeinfrastruktur und alles was dazugehört. Dazu kam das wichtige Thema elektrische Speichertechnik, zentral darin Batterien und Akkus in den verschiedensten Konfigurationen und letztlich das Thema Systemtechnik, gemeint ist die Verknüpfung aller möglichen Komponenten zu einem stimmigen Ganzen, das dem Nutzer das liefert, was er sich erwartet. Grund genug, sich ein Update zu holen von dort, wo zurzeit „die Musi spielt“, wie man vermutlich auch in Bayern so sagt.

Motivation

Ich hab‘ einen lieben Freund, den Alfred Lang, einen gestandenen Experten auf diesen Gebieten, der als Praktiker schon so ziemlich alles davon in irgendeiner Weise umgesetzt hat, und zwar in seinem eigenen Haus. Das wäre jetzt ein eigenes Thema, das wir hier nicht weiterverfolgen wollen, weil es eh schon in mehreren Fachzeitschriften vorgestellt worden ist. Alfred ist also zu den vorhin aufgezählten Themen bestens informiert. Zudem hat er die seltene Gabe, seine Gesprächspartner von seinen neuesten Ideen und Vorhaben auf Anhieb zu begeistern. So hat er es bisher immer wieder geschafft, mich zur Messe zu dirigieren, obwohl mein fachliches Kerngebiet etwas außerhalb der Messethemen liegt.

Anmarsch

Etwas außerhalb ist auch unser Quartier, außerhalb von München, wir wohnen in einem netten, kleinen, verkehrsmäßig sehr gut angebundenen und dennoch ruhig gelegenen Hotel, die freundschaftlichen Verbindungen von Alfred nach hierher machen es möglich (nochmals Dank an Uschi!). Die Bushaltestelle erreichen wir mit wenigen Schritten, in einigen Minuten sind wir am lokalen Bahnhof, mit der S-Bahn geht’s zum Hauptbahnhof München, dann mit der U-Bahn bis zum Messegelände. Alles sehr komfortabel und entspannt. Aber natürlich mit Maske. Ganz kurzer Weg noch zum Messeportal. Dann hat’s für mich am ersten Besuchstag allerdings nicht mehr so gemütlich ausgeschaut.

Andrang

Die Sache war nämlich die: Ich musste natürlich meinen 3G-Nachweis erbringen. Die von einem Aussteller bereitgestellten Eintrittsgutscheine für zwei Messetage konnte ich zuhause problemlos herunterladen. Dann hätte ich den elektronischen 3G-Nachweis hochladen sollen. Das ist daran gescheitert, dass einer meiner Vornamen auf den Eintrittskarten nicht vollständig mit dem auf dem 3G-Nachweis übereingestimmt hat. Sowas geht nicht, schon gar nicht in Deutschland. Also musste ich mich zu bereits auf eine 3G-Prüfung Wartenden anstellen: Sechs Reihen zu geschätzt jeweils hundert bis hundertfünfzig Personen, die offenbar das gleiche oder ein ähnliches Problem hatten, die meisten davon nicht deutschsprachig.

Nachweis

Meine Rettung naht nach etwa zwanzig Minuten in Form eines wendigen Offiziellen, der mich als der deutschen Sprache mächtig und vermutlich ob meines fortgeschrittenen Alters als irgendwie hilfsbedürftig identifiziert, mein Handy scannt, nickt und mich zum Durchlass bugsiert. Uff! Nächste Barriere, wieder warten. Aber dann: Mein Gutschein wird gescannt, eine Schranke öffnet sich und meine Eintrittskarte („Tag“ heißt diese Hundemarke, die man am Halsband trägt, sprich Tääg, wir sind hier auf einer internationalen Messe) wird gedruckt. Hurra, ich bin drin, die letzten hundert Meter in nur einer halben Stunde!

Eintritt

Alfred, bei dem natürlich schon im Vorfeld alles bestens geklappt hat, ist längst irgendwo unterwegs. Wir vereinbaren telefonisch einen Treffpunkt und beginnen wie sonst immer auch in der Halle, die am weitesten vom Eingang weg ist, denn dort ist die Drängerei am geringsten. Die Stimmung der Besucher scheint gut, auch die der Aussteller. Es sind nur wenige Hallen belegt, aber es ist wie immer hier alles perfekt organisiert, gekennzeichnet, übersichtlich, gut gestylt. Hier wird nichts dem Zufall überlassen. – Das Sprachengewirr ist beachtlich, kein Wunder bei Besuchern aus 93 Ländern, wie später bekannt wurde. Es war daher auch verständlich, dass die Vorträge in drei der vier Konferenzarenen ausschließlich in Englisch gehalten wurden.

Speichermedien

Wir nahmen sehr viele Eindrücke mit von dem, was so läuft. Fachlich hatten wir uns vor allem von der elektrischen Speichertechnik Neues erhofft. Aber die Schau war diesbezüglich wenig ergiebig, denn zu den allgegenwärtigen Lithium-Ionen-Dingern fand sich aus Sicht des Experten lediglich eine praktisch brauchbare Alternative: Wickel-Kondensatoren auf Graphen-Basis. Ein derartiges Speicherelement ist so groß wie zwei Männerfäuste und fasst dreißig Amperestunden bei 2,4 Volt. Stromspeicherung ganz ohne Chemie. Wird gefertigt natürlich in China und anderen asiatischen Ländern. Nachteil allerdings: Doppelt so schwer und doppelt so teuer wie herkömmliche Speichermedien.

Gebäudeintegration

Noch stärker als in bisherigen Messen ersichtlich waren die Bestrebungen verschiedenster Hersteller um Gebäudeintegration von PV-Moduln. Letztes Ziel scheint es zu sein, jedes halbwegs brauchbare Fleckchen an Dächern, Fassaden, aber auch an Fenstern und Türen, Carports, Flugdächern etc.  für die Energiegewinnung zu nutzen. Ernüchternd aber einige Kongressvorträge, die zeigten, dass die Gebäudeeinbindung in der Praxis vor allem in Mitteleuropa durch gesetzliche Vorschriften stark behindert wird. Einer der größten Anbieter, der weltweit erfolgreich tätig ist, zeigte auf, dass er allein schon wegen der rigorosen Vorschriften zum Brandschutz in Deutschland noch kein einziges Projekt realisieren konnte.

Systemtechnik

Mit der Fülle der verschiedensten Komponenten von Energieanlagen allein kann der praxisorientierte Anwender nicht viel anfangen. Gefragt sind Systeme, die erforderliche Bausteine zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügen: PV-Module, Wechselrichter, Speichermanagement, Einbindung von Ladestationen, Power to Heat, Umschaltung Insel- zu Netzbetrieb, Lastmanagement, und, und, und … Der in solchen Sachen sehr anspruchsvolle Alfred fand unter ein paar Dutzend Anbietern lediglich drei, die seine komplexen Anforderungen zu erfüllen versprachen, eines aus der Schweiz, ein weiteres aus den Niederlanden und ein drittes aus Israel.

Elektromobilität

Last but not least die elektrische Fortbewegung. Eine ordentliche Menge an mehrheitlich luxuriösen Fahrzeugen. In meiner Sicht als Maschinenbauer allesamt viel zu schwer, viel zu groß, auch zu klobig und viel zu teuer. Das mag jetzt brutal klingen, aber bislang scheint mir wirklich nur Tesla einen neuen und zielführenden Weg zu gehen, der auch so etwas wie Leichtbau berücksichtigt. Alle anderen werden sich wohl was einfallen lassen müssen. Ein eigener Schwerpunkt: Autos mit Wasserstoffantrieb, von denen ich offen gesagt nicht weiß, was ich von ihnen halten soll. Einziger Lichtblick in anderer Hinsicht: Die wirklich saubere und formschöne Studie eines Supersportwagens unter dem geschichtsträchtigen Namen „Hispano-Suiza“, einer Luxusmarke aus der Zwischenkriegszeit des zwanzigsten Jahrhunderts.

Fazit

Trotz der wenigen Neuerungen waren wir insgesamt mit den Ergebnissen, Eindrücken und Erkenntnissen sehr zufrieden. Direkte Gespräche sind halt doch irgendwie ergiebiger als noch so gut orchestrierte Zoom-Meetings. Die Stimmung war positiv und hoffnungsvoll, das ganze Pandemie-Ding schien trotz Masken, Desinfektion, Abstand und was weiß ich noch irgendwie auf ein Nebengleis gedrängt. Und Alfred war glücklich, dass er seine tägliche Vorgabe von zehntausend Schritten quasi nebenbei locker überbieten konnte. Schlussfolgerung aus dem Ganzen? Auch nächstes Mal zur Smarter E Europe, so Gott will und es wieder heißt: Messezeit in München!

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