Sonnek

Schönen Sommer!

02.07.2021
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Letzter von drei Verhandlungsterminen mit Zeugeneinvernahmen. Gesamtdauer etwa dreizehn Stunden, diesmal nur zum Teil mit Maske. Erstmals sehe ich den neu eingestiegenen Parteienvertreter der Klägerin von Angesicht zu Angesicht, seine tatsächlichen Gesichtszüge weichen erheblich von denen ab, die ich zuvor hinter der Maske vermutet habe, unverhüllt sieht er jedenfalls besser aus. – Die letzten beiden Zeugen sind oder waren Mitarbeiter eines Planungsbüros, dessen Name im Zuge des Verfahrens mehrmals zur Sprache kam. Zu den bisher gewonnenen Erkenntnissen können beide nicht viel Neues beitragen.

Schon im kurzen Abstimmungsgespräch mit dem Richter vor Verhandlungsbeginn waren seine Überlegungen zur weiteren Vorgangsweise im Verfahren zur Sprache gekommen, insbesondere der zu erwartende Gerichtsauftrag. Als nun der letzte Zeuge den Gerichtssaal verlassen hatte, wurden diese Denkübungen unter Einbeziehung der beiden Anwälte wieder aufgenommen. Es war für mich Sachverständigen sehr wichtig, deren Wünsche und Erwartungen zu hören. Gerade in dieser Phase des Verfahrens entscheidet sich, welche Arbeit und welcher Aufwand den Sachverständigen noch erwarten wird.

Umgang mit latenter Unzufriedenheit …

Konkret ging es um Mängelbehauptungen, für die keine sachlichen Anhalte und auch keine schriftlichen Nachweise vorliegen. Darunter sind auch Angaben, in denen Unzufriedenheit oder Unbehagen mitschwingen über Vorfälle oder Probleme, die es in der Vergangenheit zwischen den Parteien gegeben hat, die aber mittlerweile längst positiv erledigt sind. Die Heizung funktioniert nicht – es gibt aber keine Protokolle, das Haus wird seit zwei, drei Wintern bewohnt. Vielleicht wurden auch nötige Wartungsaufforderungen oder kleinere und unbedeutende Störungen als Ausführungs- oder Qualitätsmangel interpretiert.

… und mit schwammigen Angaben

Ein Teil der Anlage bringt seine Leistungen nicht, wird behauptet. Je ungenauer und vager die Beschwerden, desto schwieriger wird die Aufgabe für den Sachverständigen. Was kann ich tun? Messen, testen, prüfen, denn ich brauche ZDF – Zahlen, Daten, Fakten. Um das nicht ins Uferlose ausgleiten zu lassen, muss ich Grenzen setzen, den Parteienvertretern Vorschläge darüber machen, was ohne zerstörende Untersuchung möglich ist und was nicht. Muss mir Erlaubnisse holen. Muss auf Beiziehung von Kollegen bestehen, wenn die Fachfragen in ein ganz spezielles Aufgabengebiet reichen, das nicht zu meinem Kernwissen gehört.

Stets im Auge: Die Kostenfrage

Bei allem muss ich die Kosten im Auge behalten. Der Befund wurde in diesem Verfahren schon vor einem halben Jahr erstellt und hat bei den vergangenen Zeugenvernehmungen immer wieder als eine Art Checkliste gedient. Jetzt wird ein ergänzender Befund zu machen sein. Eine einfache Messung wird in dem noch zu erwartenden Rahmen von fünf-, sechstausend Euro unterzubringen sein. Wenn die Arbeit aber wegen überzogener Ansprüche ausufert, bin ich gleich bei zwanzig-, vielleicht sogar dreißigtausend Euro. Das ist ein Riesenunterschied, das sehen auch die Anwälte ein.

Nägel mit Köpfen machen

Viel wird am Richter liegen und daran, wie er die Sache sieht und weiter abzuhandeln gedenkt. Das Verfahren umfasst bereits eine Vielzahl unterschiedlichster Sachverhalte, es ist allein schon aus meiner Sicht mühsam, den Überblick zu behalten. Jedenfalls will der Richter Nägel mit Köpfen machen, das Gutachten soll alles Notwendige beinhalten, seine Erörterung soll den Schlusspunkt im Verfahren setzen. Den Vorschlag eines der Anwälte, das Gutachten halt einmal vorläufig mit dem zu machen, was bereits am Tisch liegt, dann zu erörtern und zu sehen, ob noch etwas gutachterlich zu ergänzen ist, lehnt der Richter rundweg ab.

Nachbesprechung

Die Anwälte sind rasch weg, der Richter hat den Saal schon abgeschlossen, ein kurzes Gespräch ergibt sich noch im Weggehen am Gang. Er wird sich die Sache nochmals genau ansehen, dann die Fragen für den Beschluss formulieren. Wundern Sie sich nicht über die Fragen, die da kommen werden, meint er dann schmunzelnd. Die letzten Monate im Gericht seien hart gewesen, viel musste aufgeholt werden, langsam sei aber ein Ende des Rückstaus in Sicht und es seien wieder ruhigere Fahrwässer zu erwarten. Letztlich sei dann ein längerer Urlaub geplant. Sie hören aber vorher noch von mir, meint er, jedenfalls wünsche er jetzt schon: Schönen Sommer!

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