Sonnek

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Das Aufgabengebiet der Haustechnik ist voll von kreativen Herausforderungen. Planung und Ausführung von Anlagen mannigfaltiger Systeme, Konfigurationen und Größenordnungen bieten für einen Maschinenbauer ein vielfältiges Betätigungsfeld. Allein schon die Beschäftigung mit laufenden technischen Errungenschaften, Neuerungen am Markt und wachsenden wissenschaftlichen Erkenntnissen war spannend und hätte spielend mein gesamtes Berufsleben ausfüllen können. Somit war zunächst eine Tätigkeit als Sachverständiger – so wie ich sie heute ausübe – keineswegs auf meinem beruflichen Radar.

Schwerpunkte meiner Arbeit lagen stets in zwei Feldern: Einerseits war es alles das, was heute unter dem Begriff Nutzung Erneuerbarer Energien subsummiert wird, mithin Sonnenenergie, Wärmepumpen, Geothermie, Biomasse. Zum anderen die Energieeffizienz, also das Bestreben, jeglichen erforderlichen Energieeinsatz auf das Notwendigste zu reduzieren oder anders gesagt das Bestmögliche aus vorhandenen Energiepotentialen zu machen. Ich war stets dankbar, einen spannenden Beruf ausüben zu können, der noch dazu umweltbezogenen und damit gesellschaftlichen Nutzen mit sich brachte.

Lackmustest der Tauglichkeit von Ingenieurleistungen

Eine Eigenschaft der Arbeit von Ingenieuren und Technikern liegt darin, dass sie nicht im theoretischen Raum stehen bleibt, sondern realisiert und in Folge gnadenlos auf ihre Praxistauglichkeit überprüft wird. Dieser unweigerliche Lackmustest bring mit sich, dass diese Leute bodenständig und nüchtern arbeiten, sich nicht auf Spekulationen verlassen, sondern auf Naturgesetze, wissenschaftliche Erkenntnisse und einen steten Zuwachs an Erfahrung bauen müssen. Sorgfältiges Abwiegen und Besonnenheit zählen zu ihren ständigen Weggefährten, emotionaler Überschwang ist ihre Sache nicht.

Techniker sind von Haus aus nüchterne Typen oder sie werden es

Die daraus entspringende neugierige Skepsis der Techniker gilt auch neuen und noch unerprobten Technologien, genauso manchen temporären Modeerscheinungen im Haustechniksektor und natürlich lauthals propagierten technischen Wunderlösungen erst recht. Fakten werden sorgsam geprüft und eingeordnet, notwendige Konsequenzen erst nach reiflicher Überlegung gezogen. Mögliche Szenarien und Ursachen werden durchdacht, Wahrscheinlichkeiten geschätzt, scheinbare und echte Lösungswege diskutiert. Grundsätzlich wird nichts dem Zufall überlassen.

Auch Techniker brauchen Menschenkenntnis

Dieser meines Erachtens für Techniker typische Charakter bildet sich allmählich heraus. In meinem Fall kam noch dazu, dass von Anfang an die Erfahrungen der Baustellenpraxis wesentliche Leitlinie für die Umsetzbarkeit neuer oder unkonventioneller Vorschläge wurden. Ein Plan ist eine Sache, wie das Ganze dann auf der Baustelle aussieht, eine andere. Hier hat der Büromensch mit Leuten zu tun, die seinen Plan umsetzen sollen, und die das tun, oder aber auch nicht. Jedenfalls lässt sich so eine Menge über Menschen lernen und man bekommt ein Gefühl dafür, was gerade los ist. Wie schon gesagt: Erleben des Realen ist durch nichts zu ersetzen.

Statt Planer jetzt Gutachter

Das lief so, bis eines Tages der oberste Chef einer Hotelkette zu einem Gespräch lud. Die Geschichte habe ich schon andernorts in diesem Blog erzählt, im Wesentlichen ging es darum, herauszufinden, ob bei einer umfassenden Sanierung für die Haustechnik nicht zu viel bezahlt worden sei. Der Umbau war schon abgeschlossen. Trotzdem gelang in penibler Kleinarbeit der Nachweis, dass ein erklecklicher Betrag zurückzufordern sein würde (was viel später auf gerichtlichem Wege auch durchgesetzt werden konnte). Sogleich wurde ich mit der Kontrolle eines weiteren Bauvorhabens betraut, das noch im Laufen war. Wiederum dasselbe Spiel: Auch hier bahnte sich eine zu hohe Rechnung an, der strittige Betrag wurde zurückbehalten.

Ein Privatgutachter als Helfer des Gerichtssachverständigen

Der Installateur klagte. Im Gerichtsverfahren wurde mein Privatgutachten vorgelegt. Der vom Gericht bestellte Sachverständige lud mich zum Ortstermin. Gemeinsam sahen wir uns die Sache an. Nach dem ausführlichen Rundgang eröffnete der Sachverständige den Parteien, dass das vorliegende Privatgutachten nicht nur plausibel, sondern geradezu vorbildlich verfasst sei, er sich die weitere Arbeit ersparen könne und er sich in seinem Gutachten auf die Ergebnisse des Privatgutachtens stützen würde. Die Parteien waren einverstanden. Das Verfahren wurde mit dem erwarteten Urteil abgeschlossen.

Der Anstoß: Das kann ich auch …

Mein Gedanke: Wenn das so ist, dann kann ich selber auch gleich Gutachter werden. Also Anmeldung beim Sachverständigenverband, Kursbesuch für das juristische Rüstzeug. Dabei interessante künftige Kollegen kennengelernt, darunter zum Beispiel Kriminalpolizisten. Antrag, Anmeldung zur Prüfung, damals noch auf dem Boden der Wirtschaftskammer (heute ausschließlich bei Gericht). Mein Prüfer: der Gerichtssachverständige von vorhin. Alles glattgegangen. Feierliche Vereidigung mit Gerichtspräsidenten in vollem Ornat, Dekoration mit brennenden Kerzen und so.

Am Beginn braucht es Geduld

Ein Sachverständigen-Neuling darf nicht erwarten, gleich mit Aufträgen überschüttet zu werden. Mir ging es auch nicht darum, denn Arbeit hatte ich genug. Ich hatte eine persönliche Herausforderung erfolgreich bewältigt, das reichte mir vorerst. Es vergingen dann auch volle fünf Jahre, in denen ganze zwei Gerichtsaufträge hereintrudelten. Aber dann ging es so richtig los, immer stärker konnte ich das erworbene Erfahrungswissen gezielt einsetzen, die wachsende Erfahrung mit Menschen machte den Umgang mit Richtern, Parteien und ihren Vertretern immer einfacher.

Das Schöne an der Sache

Was mir an der Sachverständigentätigkeit gefällt? Erstens, dass ich Menschen helfen kann, die in Konfliktsituationen stehen, indem ich einen Beitrag zu einer Einigung leiste, auch wenn sie letztlich über ein Gerichtsurteil erfolgt. Zweitens, dass ich Menschen dienen kann mit fundiertem Wissen und spezifischer Erfahrung, erworben über mehrere Jahrzehnte hin, dies auch im Dienst der Rechtsprechung. Und drittens die Tatsache, dass ich auch im vorgerückten Alter noch bei jedem Auftrag – egal ob von Gericht oder von privat – etwas Neues dazulernen darf.

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