Sonnek

Gebührenkürzung

23.10.2020
Preis

Ein Sachverständigen-Kollege meldet sich, weil in einem Zivilgerichtsfall die von ihm in seiner Honorarnote verrechnete Gebühr für ein Gutachten beeinsprucht worden ist. Allerdings nicht vom Gericht, sondern von einem der als Parteienvertreter tätigen Rechtsanwalt. Als Grund gab der Anwalt an, der Endbetrag der Gebührennote sei höher als der bei Gericht vorliegende Kostenvorschuss und der betroffene Sachverständige hätte nicht rechtzeitig gewarnt, dass eine höhere Gebühr zu erwarten sei. Deshalb stünde ihm keine höhere Entlohnung zu als eben der bei Gericht erliegende Kostenvorschuss abdecken könne. Was tun?

Der sehr korrekte Sachverständige ist etwas erstaunt und weiß nicht recht, wie ihm geschieht. Da hat er sich mit bestem Wissen und Können bemüht, gute Arbeit zu liefern, hat sogar weniger verrechnet, als ihm zugestanden wäre. Ihm kommt in den Sinn, dass die Arbeit im Dienst der Justiz zwar herausfordernd, bisweilen auch interessant, lehrreich und spannend, aber im Regelfall kein Vergnügen ist. Mit der Abgabe des Gutachtens bei Gericht – spätestens aber nach erfolgreicher Erörterung mit den Parteienvertretern – fällt einem Sachverständigen eine beträchtliche Last vom Herzen. Und als Dank für die Mühe wird das Honorar gekürzt?

Keine vorschnellen Aktionen!

Wenn es einen guten Rat gibt in Konfliktsituationen – und eine Meinungsverschiedenheit zum Honorar ist auch eine solche – dann ist es der: Ruhig bleiben, keine vorschnellen Aktionen starten. Erst mal überlegen, welche Optionen bestehen, danach entscheiden, was zu tun ist und was nicht. Es hat auch keinen Sinn, sich in Groll und Ärger gegen echte oder vermeintliche Gegner zu vergraben. Letztere Haltung bringt jemanden keinen einzigen Schritt weiter und ist zudem alles eher als gesundheitsfördernd. Wir sollten die Sache einfach sehr nüchtern betrachten und eher aus der Perspektive, dass hier ein Spiel abläuft und wir eben jetzt am Zug sind.

Was also tun?

Konkret habe ich mit dem Kollegen folgende Vorgangsweise besprochen: Erstens soll er dem Gericht in einfachen und unaufgeregten Worten mitteilen, dass der für seine Leistung verrechnete Aufwand tatsächlich erforderlich war. Zweitens sei er bei Bedarf gerne bereit, seine Stundenaufzeichnungen offenzulegen, obwohl das – laut Gebührenanspruchsgesetz – gar nicht erforderlich ist, weil davon ausgegangen werden darf, dass die gelegte Gebührennote korrekt ist. Drittens sei es schlicht nicht möglich, einen zu erwartenden Aufwand für eine geistige Dienstleistung voraus ganz exakt abzuschätzen.

Informelles

Schließlich gibt es deshalb – informell – erfahrungsgemäß bei Gerichten eine Toleranzgrenze für derlei Überziehungen, die nach Auskunft von Vortragenden von Vorbereitungskursen und sofern ich mich recht erinnere, etwa bei einem Drittel des Kostenvorschusses liegt. Das ist natürlich nur dann relevant, wenn die Parteien und deren Vertreter gegen eine Gebührennote keinen Einspruch erheben. Eine derartige stillschweigende Haltung kann aber wohl nur im Fall von Verfahren vor dem Zivilgericht zum Tragen kommen und auch nur dann, wenn keine Verfahrenshilfe gewährt werden muss. In letztem Fall muss unter Umständen der Staat für einen Teil des Aufwands geradestehen, was spätestens den Revisor bei Gericht zum Pfennigfuchser werden lässt.

Fazit

Wie gesagt sind das inoffizielle Überlegungen – jedenfalls sollte jeder Sachverständige darauf achten, dass er nicht im Nachhinein auf die Nachsicht oder gar die Großzügigkeit der Justiz angewiesen ist. Besser ist es immer, im Vorfeld zu warnen. Bereits wenn absehbar ist, dass der Kostenvorschuss nicht ausreichend sein wird, die Gebührenforderung abzudecken, gilt es, „Alarm zu schlagen“.

Abgesehen davon ist es ganz generell ratsam, den zu erwartenden Aufwand mit einem gewissen finanziellen „Polster“ zu veranschlagen. Was natürlich auch nur dann möglich ist, wenn der Sachverständige vor Aufnahme deiner Tätigkeit um eine Kostenschätzung gebeten wird. Es ist besser, der Schrecken für den Zahler kommt vorher, als nachher. Jeder Zahler freut sich, wenn er später und unerwartet etwas zurückbekommt.

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