Sonnek

Energie

So lautet sinngemäß die Überschrift eines sehr lesenswerten Artikels von Michael Shellenberger, der am 29.06.2020 auf der Website von Environmental Progress erschienen ist. Der Autor ist Klimaaktivist und Umweltschützer. Den englischen Originaltext dieses wichtigen Eingeständnisses können Sie hier nachlesen. Die Übersetzung von Google habe ich zum besseren Verständnis  sprachlich – nicht inhaltlich – etwas geglättet, einige Erklärungen in Klammern hinzugefügt. Das Zitat ist kursiv wiedergegeben. Der Autor hat die Erlaubnis zum Posten der Übersetzung erteilt. Siehe auch meinen Kommentar am Ende dieses Beitrags.

Zur besseren Übersicht habe ich einige Zwischentitel eingefügt. Nun aber ist der Autor am Wort:

Im Namen von Umweltschützern allerorten möchte ich mich offiziell für die Klimaangst entschuldigen, die wir in den letzten 30 Jahren verursacht haben. Der Klimawandel findet statt. Er ist aber nicht das Ende der Welt. Er ist nicht einmal unser ernstestes Umweltproblem.

Zur Person Michael Shellenberger

Es mag ihnen seltsam erscheinen, dass eine Person wie ich das alles sagt. Ich bin seit 20 Jahren Klimaaktivist und seit 30 Jahren Umweltschützer.

Als Energieexperte, der vom Kongress (der USA, Anm.) gebeten wurde, objektive Expertisen abzugeben, und vom Weltklimarat (IPCC) eingeladen wurde, als Gutachter der Expertenbeiträge für seinen nächsten Bewertungsbericht zu fungieren, fühle ich mich verpflichtet, mich dafür zu entschuldigen, wie sehr wir Umweltschützer die Öffentlichkeit in die Irre geführt haben.

Weithin unbekannte Fakten

Hier sind einige Fakten, die nur wenige Menschen kennen:

Menschen verursachen kein “sechstes Massensterben”
Der Amazonas ist nicht “die Lunge der Welt”
Der Klimawandel verschlimmert Naturkatastrophen nicht
Seit 2003 sind Brände weltweit um 25% zurückgegangen
Die Menge an Land, die wir für Fleisch nutzen – die größte Landnutzung der Menschheit – ist um eine Fläche zurückgegangen, die fast so groß ist wie Alaska
Die Ansammlung von Holzbrennstoffen und von mehr Häusern in der Nähe von Wäldern, nicht der Klimawandel, sind Erklärung dafür, warum es in Australien und Kalifornien mehr und gefährlichere Brände gibt
Die Kohlenstoffemissionen sind in den meisten reichen Ländern und in Großbritannien, Deutschland und Frankreich seit Mitte der 1970er Jahre rückläufig
Die Niederlande wurden reich und nicht arm, während sie sich an ein Leben unter dem Meeresspiegel anpassten
Wir produzieren 25% mehr Lebensmittel als wir brauchen und die Lebensmittelüberschüsse werden weiter steigen, wenn die Welt heißer wird
Der Verlust des Lebensraums und die direkte Tötung wilder Tiere sind eine größere Bedrohung für Arten als der Klimawandel
Holzbrennstoff ist für Menschen und Tierwelt weitaus schlechter als fossile Brennstoffe
Um künftigen Pandemien vorzubeugen, ist mehr und nicht weniger „industrielle“ Landwirtschaft erforderlich

Ich weiß, dass die oben genannten Fakten für viele Menschen wie „Klimaleugnung“ klingen werden. Das zeigt aber nur, wie stark der Klimaalarmismus wirkt.

Fakten aus besten verfügbaren Quellen

In Wirklichkeit stammen die oben genannten Fakten aus den besten verfügbaren wissenschaftlichen Studien, einschließlich solcher, die vom IPCC, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der Internationalen Union für den Schutz der Natur (IUCN) und anderen führenden wissenschaftlichen Einrichtungen durchgeführt oder angenommen wurden.

Zum eigenen Werdegang

Einige Leute werden beim Lesen auf den Gedanken kommen, ich sei ein rechter Anti-Umweltschützer. Das bin ich aber keineswegs. Mit 17 Jahren lebte ich in Nicaragua, um Solidarität mit der sozialistischen Revolution der Sandinisten zu zeigen. Mit 23 Jahren sammelte ich Geld für guatemaltekische Frauengenossenschaften. In meinen frühen 20ern lebte ich im Halbamazonas und forschte mit Kleinbauern, die gegen Landinvasionen kämpften. Mit 26 half ich, schlechte Bedingungen in Nike-Fabriken in Asien aufzudecken.

Mit 16 Jahren wurde ich Umweltschützer, als ich eine Spendenaktion für das Rainforest Action Network durchführte. Mit 27 half ich, die letzten ungeschützten alten Redwoods in Kalifornien zu retten. In meinen 30ern setzte ich mich für erneuerbare Energien ein und half erfolgreich mit, die Obama-Regierung davon zu überzeugen, 90 Milliarden Dollar in diese zu investieren. In den letzten Jahren habe ich dazu beigetragen, eine ausreichende Anzahl von Kernkraftwerken vor einem Ersatz durch fossile Brennstoffe zu bewahren, um einen starken Anstieg der Emissionen zu verhindern.

Gründe für anfängliche persönliche Zurückhaltung

Aber bis letztes Jahr habe ich es größtenteils vermieden, mich gegen die Klimaangst auszusprechen. Das liegt zum Teil daran, dass es mir peinlich war. Immerhin bin ich des Alarmismus genauso schuldig wie jeder andere Umweltschützer. Ich habe den Klimawandel jahrelang als “existenzielle” Bedrohung für die menschliche Zivilisation und als “Krise” bezeichnet.

Aber meistens hatte ich Angst. Ich schwieg über die Desinformationskampagne zum Klima, weil ich Angst hatte, Freunde und Geld zu verlieren. Die wenigen Male, die ich den Mut aufbrachte, die Klimawissenschaft vor denen zu verteidigen, die sie falsch darstellten, hatte ich harte Konsequenzen zu tragen. Und so stand ich meistens beiseite und tat so gut wie nichts, als meine Umweltschützer die Öffentlichkeit in Schrecken versetzten.

Ich stand sogar beiseite, als Leute im Weißen Haus und viele in den Nachrichtenmedien versuchten, den Ruf und die Karriere eines herausragenden Wissenschaftlers, guten Mannes und Freundes von mir, Roger Pielke Jr., eines lebenslangen fortschrittlichen Demokraten und Umweltschützers zu zerstören, der sich ausdrücklich für gesetzliche Regulierungen zu Kohlenstoffemissionen ausgesprochen hatte. Warum haben sie das getan? Weil seine Forschung nachweist, dass Naturkatastrophen nicht schlimmer werden.

Unbegründeter Alarmismus führte zum Umdenken

Aber letztes Jahr gerieten die Dinge außer Kontrolle.

Alexandria Ocasio-Cortez (eine demokratische Abgeordnete im US-Kongress, Anm.) sagte: “Die Welt wird in zwölf Jahren untergehen, wenn wir uns nicht mit dem Klimawandel befassen.” Großbritanniens bekannteste Umweltgruppe behauptete “Klimawandel tötet Kinder”.

Der einflussreichste grüne Journalist der Welt, Bill McKibben, bezeichnete den Klimawandel als die “größte Herausforderung, der sich Menschen jemals gestellt haben” und sagte, dieser würde “Zivilisationen auslöschen”.

Mainstream-Journalisten berichteten wiederholt, dass der Amazonas „die Lunge der Welt“ sei und dass die Entwaldung dem Zünden einer Atombombe gleichkäme.

Infolgedessen gab die Hälfte der im vergangenen Jahr weltweit befragten Menschen an, dass der Klimawandel die Menschheit aussterben lassen würde. Und im Januar erzählte eines von fünf britischen Kindern den Umfrageteilnehmern, sie hätten Albträume über den Klimawandel.

Ob Sie Kinder haben oder nicht, Sie müssen erkennen, wie falsch das ist. Ich gebe zu, dass ich sensibel bin, weil ich eine Tochter im Teenageralter habe. Nachdem wir über den Stand der Wissenschaft gesprochen hatten, war sie beruhigt. Aber ihre Freunde sind zutiefst falsch informiert und daher verständlicherweise verängstigt.

Ein Buch, das Dinge zurechtrücken will

Ich entschied mich daher, mich zu äußern. Ich wusste, dass das Schreiben einiger Artikel nicht ausreichen würde. Ich brauchte ein Buch, um alle Beweise richtig darzustellen.

Und so kommt meine formelle Entschuldigung für unsere Angstmacherei in Form meines neuen Buches ‚Apocalypse Never: Why Environmental Alarmism Hurts Us All‘ (Dt. etwa: Apokalypse Nie – Warum Umweltalarmismus uns allen schadet).

Es basiert auf zwei Jahrzehnten Forschung und drei Jahrzehnten Umweltaktivismus. Auf 400 Seiten, davon 100 Endnoten, behandelt ‚Apocalypse Never‘ Klimawandel, Entwaldung, Plastikmüll, Artensterben, Industrialisierung, Fleisch, Kernenergie und erneuerbare Energien.

Einige wichtige Aussagen

Einige Highlights aus dem Buch:

Fabriken und moderne Landwirtschaft sind die Schlüssel zur Befreiung des Menschen und zum Fortschritt der Umwelt
Das Wichtigste für die Schonung der Umwelt ist die Produktion von mehr Lebensmitteln, insbesondere Fleisch, auf weniger Land
Das Wichtigste zur Reduzierung der Luftverschmutzung und der Kohlenstoffemissionen ist der Umstieg von Holz auf Kohle, Erdöl, Erdgas und Uran
Für 100% erneuerbare Energien müsste die für Energie verwendete Fläche von heute von 0,5% auf 50% erhöht werden.
Wir sollten anstreben, dass Städte, Bauernhöfe und Kraftwerke höhere und nicht niedrigere Leistungsdichten haben
Vegetarismus reduziert die Emissionen um weniger als 4%
Nicht Greenpeace hat die Wale gerettet, sondern der Umstieg von Walöl auf Erdöl und Palmöl
Rindfleisch aus Freilandhaltung würde 20-mal mehr Land benötigen und 300% mehr Emissionen verursachen
Der Greenpeace-Dogmatismus verschlechterte die Waldfragmentierung des Amazonas
Der kolonialistische Ansatz zum Schutz der Gorillas im Kongo hatte eine Gegenreaktion zur Folge, die möglicherweise zur Tötung von 250 Elefanten geführt hat

Wahre Hintergründe

Warum wurden wir alle so irregeführt?

In den letzten drei Kapiteln von ‚Apocalypse Never‘ enthülle ich die finanziellen, politischen und ideologischen Motivationen. Umweltverbände haben Hunderte Millionen Dollar von Interessenverbänden fossiler Brennstoffe entgegengenommen. Gruppen, die durch anti-humanistische Überzeugungen motiviert waren, zwangen die Weltbank, nicht mehr zu versuchen, die Armut zu beenden, sondern die Armut „nachhaltig“ zu machen. Und Statusangst, Depression und Feindseligkeit gegenüber der modernen Zivilisation sind die Hauptursachen für den Alarmismus.

Sobald Sie feststellen, wie schlecht wir informiert worden sind, oft von Menschen mit eindeutig abstoßenden oder ungesunden Motivationen, ist es schwer, sich nicht betrogen zu fühlen.

Anlass für Zweifel

Wird ‚Apokalypse Never‘ etwas verändern? Es gibt sicherlich Gründe, daran zu zweifeln.

Die Nachrichtenmedien machen seit Ende der 1980er Jahre apokalyptische Ankündigungen zum Klimawandel und scheinen nicht bereit zu sein, damit aufzuhören.

Die Ideologie hinter Umweltalarm – Malthusianismus – wurde seit 200 Jahren wiederholt entlarvt und ist dennoch mächtiger als je zuvor.

Es gibt aber auch Gründe zu der Annahme, dass der Umweltalarmismus, wenn er nicht ohnehin zu Ende geht, schwindende kulturelle Macht haben wird.

Die Coronavirus-Pandemie ist eine tatsächliche Krise, die die Klimakrise relativiert. Selbst wenn Sie davon ausgehen, wir hätten überreagiert, hat Covid-19 fast 500.000 Menschen getötet und die Wirtschaft rund um den Globus erschüttert.

Wissenschaftliche Einrichtungen wie die WHO und das IPCC haben ihre Glaubwürdigkeit durch die wiederholte Politisierung der Wissenschaft untergraben. Ihre zukünftige Existenz und Relevanz hängt von einer neuen Führung und ernsthaften Reformen ab.

Anlass für Hoffnung

Fakten sind immer noch wichtig, und Social Media ermöglichen ein breiteres Spektrum neuer und unabhängiger Stimmen, um alarmistische Umweltjournalisten aus mit Altlasten behafteten Publikationen zu übertönen.

Staaten kehren offen zum Eigeninteresse zurück und entfernen sich vom Malthusianismus und Neoliberalismus, was gut für Atomkraftwerke und schlecht für erneuerbare Energien ist.

Es gibt überwältigende Beweise, dass unsere Hochenergie-Zivilisation besser für Mensch und Natur ist als die Niedrigenergie-Zivilisation, in die uns Klimaalarmisten zurückführen würden.

Die Einladungen von IPCC und dem Kongress sind Zeichen einer wachsenden Offenheit für neues Denken über den Klimawandel und die Umwelt. Ein weiteres war die Reaktion von Klimaforschern, Naturschützern und Umweltwissenschaftlern auf mein Buch. „‘Apocalypse Never‘ ist ein äußerst wichtiges Buch”, schreibt Richard Rhodes, der Pulitzer-Preisträger von ‚The Making of the Atomic Bomb‘. “Dies ist möglicherweise das wichtigste Buch über die Umwelt, das jemals geschrieben wurde” sagt Tom Wigley, einer der Väter der modernen Klimawissenschaft.

Wege aus der Erstarrung

“Wir Umweltschützer verurteilen diejenigen mit gegensätzlichen Ansichten, dass sie die Wissenschaft nicht kennen würden und anfällig für Bestätigungsfehler seien”, schrieb der frühere Leiter von The Nature Conservancy, Steve McCormick. „Aber zu oft sind wir daran schuld. Shellenberger bietet ‚harte Liebe‘ (in den US ein Begriff mit der Bedeutung Anregung zur Selbsthilfe durch Sozialkürzungen, Anm.): eine Herausforderung für fest verwurzelte Orthodoxien und starre, sich selbst besiegende Denkweisen. ‚Apocalypse Never‘ bietet gelegentlich bissige, aber immer gut ausgearbeitete, evidenzbasierte Sichtweisen, die dazu beitragen, einen „mentalen Muskel“ zu entwickeln. Den brauchen wir, um uns nicht nur eine hoffnungsvolle, sondern auch eine erreichbare Zukunft vorzustellen und diese zu gestalten. “

Das ist alles, was ich mir durch das Schreiben des Buches erhofft habe. Wenn Sie es bis hierher geschafft haben, werden Sie hoffentlich zustimmen, dass es vielleicht nicht so abwegig ist, wie es den Anschein hat, dass ein lebenslanger Umweltschützer, Progressiver und Klimaaktivist das Bedürfnis verspürte, sich gegen den Alarmismus auszusprechen.

Ich hoffe deshalb nach wie vor, dass Sie meine Entschuldigung akzeptieren.

Mein abschließender Kommentar:

Der Originalartikel ist nach Mitteilung auf Shellenbergers Twitter-Eintrag vom 29.06.2020  auf der Website von „Forbes“ erschienen, gleich darauf aber wieder entfernt worden.

Dieser Vorfall zeigt aus meiner Sicht dreierlei:

-          erstens, dass das Thema hochaktuell und zudem sehr brisant ist, was Interventionen Andersdenkender zur Folge hat;

-          zweitens, dass Teile der „Klimaszene“ nicht oder nicht mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung gewillt oder fähig sind, vermutlich deshalb, weil

-          drittens der Klimaalarmismus längst zu einer Religion geworden ist. Letzteres sieht auch Shellenberger so. Über Glaubensfagen kann man nicht diskutieren.

Eine Vorabversion dieses Artikels habe ich am 01.07.2020 an das Büro des Autors gesandt. Die freundliche Erlaubnis zum Posten des übersetzten Artikels kam postwendend.

Für die nach wie vor etwas holprige Übersetzung bitte ich um Nachsicht. Sollten sich darin Fehler finden, ersuche ich um Nachricht an gmbh@sonnek.at.

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