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Vom Gericht flattert ein Auftrag ein. Der Sachverständige sieht ihn durch, hat aber aufgrund der damit verbundenen Anforderungen und Verpflichtungen bald den Eindruck, dass er nicht der Richtige dafür ist und dass er die Sache nicht guten Gewissens übernehmen kann. Fachlich wäre er dazu zwar in der Lage, allerdings sind die zeitlichen und örtlichen Rahmenbedingungen für ihn alles andere als ideal. Er ist sich aber bewusst, dass er mit der Eintragung in die Liste der Gerichtssachverständigen auch eine Verpflichtung übernommen hat. Wie soll er sich in dieser Situation verhalten?

Mittlerweile ist ihm klar geworden, dass er den Auftrag ablehnen wird müssen. Zu viel spricht dagegen. Da ist zum einen die örtliche Entfernung vom Ort, an dem die Befundaufnahmen stattfinden sollen, der Weg hin und retour erfordert schon eine Tagesreise. Auch der Standort des Gerichts liegt einige hundert Kilometer entfernt. Zum zweiten ist die Sache selbst sehr komplex und die Befundaufnahmen werden mehrere Termine erfordern. Das alles lässt sich nicht sehr gut mit den laufenden beruflichen und privaten Verpflichtungen in Einklang bringen, die er sonst noch hat.

Wie geht der Sachverständige jetzt richtig vor?

Dem Sachverständigen ist klar, dass er sich mit dem Gericht in Verbindung setzen soll, wenn inhaltliche, zeitliche oder materielle Hindernisse gegen eine Übernahme des Begutachtungsauftrags sprechen. Hier liegen neben der großen Distanz zu den voraussichtlichen Einsatzorten aber auch noch berufliche und private Gründe vor. Je mehr er darüber nachdenkt, desto fester wird er in seiner Überzeugung, dass die Ablehnung die einzig richtige Reaktion sein muss. Er überlegt sich aber auch noch, ob er einen Fachkollegen hat, der seinen Auftrag übernehmen könnte und hat auch gleich einen bestimmten im Auge.

Kontaktaufnahme mit dem Gericht

Den Kollegen kontaktiert er daraufhin und schildert ihm die Sachlage. Der wiederum fragt genau nach und bekundet dann recht rasch seine prinzipielle Bereitschaft, den für ihn interessanten und auch genau ins Fachgebiet passenden Fall zu übernehmen. Allerdings wolle er sich der Vollständigkeit halber vorher noch den Akt kurz durchschauen. Der Sachverständige nimmt darauf mit dem Gericht Kontakt auf. Er telefoniert mit der zuständigen Richterin, weist auf die Hindernisse hin, die ihm entgegenstehen, erwähnt aber auch, dass er einen Ersatz im Auge hätte und sich schriftlich melden werde.

Freundliche Übernahme

Nachdem das Gericht nun grundsätzlich Bescheid weiß, dass der Sachverständige den Auftrag ablehnen wird, trifft sich dieser mit seinem jüngeren „Ersatz-Kollegen“. Der sieht sich die Sache näher durch, nimmt auch einige fachliche und organisatorische Ratschläge seines Kollegen an und sagt schließlich definitiv zu. Erfreulicherweise spielt für den Kollegen die Entfernung keine Rolle. Er kennt sogar die Richterin aus einem anderen Verfahren und freut sich schon auf die für ihn spannende Aufgabe. Man geht beiderseits zufrieden auseinander, schließlich wurde mit dem Gespräch beiden Sachverständigen geholfen.

Mit einer Empfehlung helfen

Im nächsten Schritt formuliert der Sachverständige ein nettes Schreiben an das Gericht. Darin bezieht er sich auf das telefonische Vorgespräch mit der Richterin, gibt nochmals seine Ablehnung des Auftrags bekannt und begründet diese sehr deutlich und schlüssig. Dann gibt er die Bereitschaft des Kollegen bekannt, den Fall zu übernehmen und teilt dessen Kontaktdaten mit. Dabei vergisst er nicht, auf die fachlichen und auch persönlichen Qualitäten sowie auf die einschlägige Erfahrung des jungen Kollegen hinzuweisen. Zugleich sendet er den Gerichtsakt mit gleicher Post an das Gericht retour.

Richtig handeln

Es ist in diesem Zusammenhang wichtig und richtig, den Akt an das Gericht zurückzusenden und ihn nicht gleich dem Kollegen zu überlassen, auch wenn sich das logisch und logistisch anbieten würde. Denn für die Erteilung des Auftrags an den Kollegen ist ein neuer Beschluss des Gerichts erforderlich und dazu wird natürlich auch der Gerichtsakt benötigt. Für das Gericht wird die Sache dadurch sehr einfach, denn es braucht nicht selbst zu suchen, sondern hat nur den Empfehlungen des Sachverständigen zu folgen, dem es ohnehin zuvor schon sein Vertrauen geschenkt hatte.

Schöner Abschluss

Der Sachversständige hat zwar dem Gericht seine Absage mitgeteilt, ist aber in alldem seiner Rolle als Helfer des Gerichts gerecht geworden. Im konkreten Fall wird das offensichtlich, als sich bald darauf die Richterin beim Sachverständigen telefonisch meldet und sich herzlich für die Hilfe bedankt. Sie vergisst auch nicht, darauf hinzuweisen, dass es selten vorkommt, dass Sachverständige andere Kollegen empfehlen und noch dazu deren Kompetenzen herausstreichen. Das gibt zu denken. Eigentlich schade, denn so wie die Sache gelaufen ist, hat jeder seinen Vorteil und jeder freut sich. Ist doch schön, oder nicht?

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