Sonnek

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Die Klage ist eingereicht, die Erwiderung ist erfolgt, das Gerichtsverfahren nimmt langsam Fahrt auf. Die Materie ist in jeder Hinsicht komplex. Der Sachverständige wird gebeten, bereits bei den ersten Einvernahmen der Parteien und Zeugen dabei zu sein. Es wird von ihm erwartet, dass er das Gericht bestmöglich darin unterstützt, das Verfahren von Anfang an effizient durchzuführen und Ordnung in die Problemlage zu bringen. Er bekommt den Gerichtsakt zugestellt und hat nun ausreichend Zeit, sich für seinen ersten Einsatz sehr gut vorzubereiten. Worauf hat der Sachverständige zu achten? Wie geht er vor?

Das Gericht hat den Sachverständigen bereits über den Fall vorinformiert, aus der geschilderten Sachlage ist ihm bereits klar geworden, dass er als Sachverständiger tätig sein wird können, auch wenn der Inhalt seines Auftrags noch nicht bekannt ist. Den Akt hat er durchstudiert, die aus seiner Sicht für ihn wichtigen Passagen daraus hat er bereits digitalisiert und für Stichwortsuche lesbar gemacht. Den Inhalt hat er analysiert, einige wichtige Fragen hat er sich bereits notiert. Was ihm  noch fehlt, ist eine systematische Ordnung der Inhalte, aber auch eine brauchbare Strategie, wie er die Befragungen anlässlich der ersten Einvernahmen gestalten soll.

Es geht ums Geld

Im gegenständlichen Streitfall handelt es sich um eine Zivilrechtssache. Bei einer solchen geht es – sehr stark vereinfacht gesagt – fast ausschließlich ums Geld: Wer ist schuldig, wer zahlt daher wem wieviel und wann. Im konkreten Fall hat der Kläger vom Beklagten eine Anlage geliefert bekommen, die dem Kläger so hohe Kosten für Nachbesserungen verursachte, dass er darob in die Insolvenz schlitterte. Die Maschine funktionierte aber auch dann noch nicht völlig problemlos. Der Masseverwalter sah sich daher veranlasst, den Lieferanten auf Rückabwicklung des Geschäfts zu klagen.

Das Qualitäts-Dreieck soll helfen

Das alles nur als Hintergrundinformation. Frage: Wie nun aber ordnet man die ganze Materie so, dass man sie nicht kreuz und quer beackert, sondern sie systematisch in den Griff bekommt? Antwort: Die meines Erachtens beste Möglichkeit besteht darin, dass man das „Qualitäts-Dreieck“ zur Hilfe nimmt. Wir erinnern uns: Die Erbringung einer Leistung wird dann mit guter Qualität bewertet, wenn sie jenen inhaltlichen (in unserem Fall technischen), terminbezogenen und finanziellen Vereinbarungen entspricht, auf die sich die Parteien zuvor getroffen haben. Das Dreieck soll uns jetzt gute Dienste leisten.

Erster Schritt: Fachlicher oder technischer Problemkreis

In einem ersten Schritt werden die technischen und fachlichen Fakten gesammelt und übersichtlich zusammengestellt. Daraus können sich eine Vielzahl von Fragen ergeben. Was war in fachlicher oder technischer Hinsicht vereinbart? Spielt in der Sicht auf die Dinge der Stand der Technik eine Rolle? Oder waren die einschlägigen allgemein anerkannten Regeln der Technik anzuwenden? Was hat funktioniert, was nicht und warum? Was sind die Fakten, was sind bloße Vermutungen? Gibt es Untersuchungen? Welche Mängel wurden wann reklamiert? Das ist nur ein Teil der möglichen Fragen.

Zweiter Schritt: Terminlicher und organisatorischer Problemkreis

Auch hier tut sich eine Fülle von Fragen auf, zum Beispiel: Die Vereinbarungen der Parteien wurden wie und wo festgehalten? Wie lief die gesamte Kette der Ereignisse ab? Welche Fristen waren einzuhalten, betreffend Gewährleistung, Garantien? Wie sind welche Reklamationen geäußert worden? Wer hat was wann veranlasst? Wer war wofür zuständig wer war verantwortlich? Aber auch Informationen über durchgeführte Reparaturen oder gelieferte Ersatzteile können von Interesse sein.

Eine besonders gute Hilfe kann darin bestehen, dass sich der Sachverständige eine einfache zeilenweise Chronologie zusammenstellt, in drei Spalten: Datum; Ereignis oder Gegenstand: Nachweis (z. B. Angabe der Seite des Gerichtsakts oder Kennzahl der Beilage). Das ermöglicht später (z. B. in einer Verhandlung) eine rasche Übersicht.

Dritter Schritt: Wirtschaftlicher Problemkreis

Wie schon erwähnt dreht sich letztlich alles ums Geld. Daher werden unter dem letzten Gesichtspunkt alle finanziellen und wirtschaftlichen Informationen zusammengestellt. Dazu gehören auch Informationen, die später zu einer Bewertung erforderlich sein können, wie Anschaffungspreise, Abnutzungsgrade, Maschinenlaufzeiten, übliche Nutzungsdauer, Amortisationszeiten, Kosten für Betrieb oder für Reparaturen, Ausfallzeiten, Kosten für Ersatzmaschinen oder -Geräte, Personalkosten, Lagerkosten etc. Auch diese Informationen lassen sich sammeln und aufbereiten.

Was tun mit alledem?

Der Gerichtsakt kann vermutlich schon viele Fragen der gestellten Fragen beantworten, die offenen werden notiert und es ist jetzt zu überlegen, an welche Parteien oder Zeugen anlässlich der Einvernahmen welche Fragen zu stellen sein werden. Informationen und Anhalte dafür sind vielleicht aus dem Gerichtsakt zu bekommen. Wenn nicht, empfiehlt sich eine Kontaktaufnahme mit dem Gericht, denn die Richterin weiß zumeist, wen sie worüber befragen will. Erforderlichenfalls kann sie bei den Parteien rückfragen, wozu denn der genannte Zeuge Auskunft geben kann.

Lohn der Mühen

Das alles mag mühsam erscheinen und ist es vielleicht auch. Aber der Lohn der Mühe ist eine gute Leistung des Sachverständigen vor Gericht, die ihm viel Anerkennung bringen kann und die durchaus zur Folge hat, dass er bei Bedarf erste Wahl des Gerichts ist, wenn ähnlich gelagerte Fälle auf der Tagesordnung stehen. Was aber auf lange Frist noch viel mehr zählt, ist die Genugtuung des erfolgreichen Sachverständigen, dass er mit seiner erstklassigen Arbeit nicht nur der Justiz, sondern ganz allgemein Menschen in ihren Problemen gut dienen und ihnen damit helfen konnte.

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