Sonnek

Nase

Ein neues und elegant gestaltetes Mehrzweckgebäude beherbergte Zahnarztpraxen, Dentallabor und Kosmetiksalon sowie Büros mehrerer Unternehmen. Es war ein halbes Jahr in Betrieb, als eine dramatische Verschlechterung des bis dahin angenehmen Arbeitsklimas eintrat: Im Erdgeschoß machte sich der penetrante Geruch von Fäkalien bemerkbar, der sich in den folgenden Wochen über das gesamte Gebäude ausbreitete. Häufiges Lüften brachte nur kurzzeitige Entlastung, das ekelhafte Phänomen war nicht abzustellen. Als Verursacher des unerträglichen olfaktorischen Reizes geriet sofort das Hauskanalnetz unter Verdacht.

Denn man erinnerte sich, dass es bereits wenige Monate nach Bezug des Gebäudes im Kanalnetz des Gebäudes zu einem Rückstau gekommen war. Das Haus selbst wies keine Unterkellerung auf, die Fallleitungen aus den oberen Geschoßen endeten in Grundleitungen, die unter der Bodenplatte zum Straßenkanal führten. Vor Austritt aus dem Gebäude lagen gasdicht verschlossene Kontrollschächte. Der herbeigerufene Installateur hatte festgestellt, dass der Rückstau auf Betonstücke im Hauptkanal zurückzuführen gewesen sein musste. Er gab an, Reste von Estricharbeiten gefunden zu haben.

Eine böse Überraschung

Die Bauherrschaft hatte daraufhin umgehend reagiert. Um derartige Zwischenfälle in Zukunft auszuschließen, hatte sie eine Untersuchung des Kanalnetzes mittels Kamerabefahrung angeordnet. Was sich als kluge Entscheidung erwies, denn in den Grundleitungen fanden sich weitere beträchtliche Überbleibsel von Estrichbeton, die umgehend entfernt wurden. Eine wirklich böse Überraschung aber bildete die Ausführung der (zum Teil mit Einrichtungen überbauten) Kontrollschächte selbst: In der Eile des baulichen Geschehens war offensichtlich vergessen worden, die Schachtwände fertigzustellen. Von der Bodenplatte bis an die Schachtdeckel fanden sich klaffende Lücken, ausgestaltet bloß mit Schalungsresten, die gegen einen Überflutungsfall keine ernsthafte Barriere darstellen konnten.

Das Geruchsdesaster

Es kam, wie es kommen musste: Beim erwähnten Rückstau hatte das fäkalienbeladene Abwasser die Schächte vollständig geflutet. Mit nicht zu unterschätzendem Druck aus den Fallleitungen war es anschließend in den Bodenaufbau des Erdgeschoßes eingedrungen, hatte sich darin verteilt und diesen durchnässt. Neben der Schüttung waren auch Trittschalldämmung und Bodenisolierung gründlich durchtränkt worden. Das alles im Spätherbst, als die im Estrich verlegte Fußbodenheizung das Erdgeschoß zu beheizen begann. Der Effekt auf die Raumluft war desaströs: Die Wärme hatte eine gewisse Dampfentwicklung zur Folge und fäkalien- und damit massiv geruchbelastete Feuchtigkeit drang an den Estrichkanten in die Räume ein.

Hilft das Trocknen?

Die Bauherrschaft reagierte wiederum sofort, ein Trocknungsunternehmen nahm seine Arbeit auf. Erschwerend war, dass dazu eine ganze Reihe von Einbaumöbeln und Gipskartonwände zu entfernen waren, um Bohrungen für die Durchlüftung und Entfeuchtung der Bodenkonstruktion setzen zu können. Auch die Wiederherstellungen mit Malerarbeiten, Erneuerung der Wände und Bodenbeläge verursachten beträchtlichen Aufwand. Die Bauherrschaft beschloss daraufhin, alle entstandenen Kosten dem Bauunternehmen anzulasten und zog den Betrag von der noch offenen Schlussrechnung ab. Der allgegenwärtige Geruch aber ließ sich durch die umfangreichen Bemühungen, ihn abzustellen, nicht sonderlich beeindrucken.

Es wird weiter saniert

Das Bauunternehmen hatte sich mittlerweile der Kontrollschächte angenommen und die klaffenden Lücken fachgerecht verschlossen. Die Geruchsbelastung indes ließ auch dadurch nur wenig nach, mit der Folge, dass nach weiteren Undichtheiten gesucht wurde. Nochmalige Kanalbefahrungen brachten eingequetschte Gummidichtungen zutage, die aber aufgrund ihrer Lage für einen Abwasseraustritt oder gar für den massiven Geruch nicht verantwortlich sein konnten. Dennoch wurden sie vorsichtshalber mittels Inlinern abgedichtet. Letztlich geriet noch ein Kanalanschluss im Heizraum als Übeltäter unter Verdacht, aber auch dessen Stilllegung brachte keine Verbesserung der Gesamtsituation.

Ein Gutachten muss her

Mittlerweile hatte das Bauunternehmen den ausstehenden Betrag eingeklagt und der Sachverständige war am Zug. Anlässlich der örtlichen Befundaufnahmen – eineinhalb Jahre nach dem Vorfall mit dem Rückstau! – war der Geruch zwar nicht penetrant, aber immer noch deutlich und unangenehm wahrnehmbar. Der frühere Hauptmieter im Erdgeschoß als Hauptbetroffener hatte längst das Weite gesucht, die restlichen Hausbewohner aber hatten tapfer ausgeharrt. Zusammen mit einem Sachverständigen aus dem Baufach blieb nur mehr die Aufgabe, zu Kontrollzwecken abermals gründliche Kamerabefahrungen des Kanalnetzes durchzuführen, die sichtbaren Spuren der Sanierungsmaßnahmen in den Schächten zu begutachten und für gut zu befinden. Und der Geruch? Es brauchte noch einige Jahre, bis er gänzlich verschwunden war …

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