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Checkliste

Genau diese Frage stellte ein hoffnungsfroher Berufseinsteiger ins Ziviltechnikerwesen: Soll ich mich eher als „Allrounder“ am Markt positionieren, also als Techniker, der auf keinen bestimmten Bereich seines sehr weit gesteckten Fachgebietes des Maschinenbaus festgelegt ist – oder als Spezialist in einem eng begrenzten Ausschnitt? Grundsätzlich erscheint eine allgemeingültige Antwort darauf nicht möglich, weil sie jeder für sich und aus der eigenen Situation heraus und unter Berücksichtigung der persönlichen Interessenslage beantworten muss. Aber als Entscheidungshilfe lassen sich ein paar Denkanstöße mitgeben.

Gleich zu Beginn ein guter Rat: Vor einer so weitreichenden und letztlich für den künftigen Berufsweg bestimmenden Entscheidung wie sie hier vorliegt sind einige seelische, geistige und auch körperliche Lockerungsübungen nicht nur sinnvoll, sondern notwendig. Nichts wäre Schlimmer als eine Wahl in einer von Hast oder Krampf dominierten Verfassung. Daher am besten erst einmal raus in die Natur auf einen langen, auflockernden Spaziergang! Sicht auf andere Dinge bekommen, frische Luft tanken, die Gegend genießen und sich mit Gedanken und Eindrücken beschäftigen, die von Freude begleitet sind.

Zeit zur Klärung von Kernfragen

Damit liegt man gleich in richtiger Einstimmung auf die Antworten zu einigen existenziellen Kernfragen, mit denen man sich vorzugsweise in ruhiger, abgeschirmter Atmosphäre und allein auseinandersetzt: Was macht mir im Beruf die größte Freude? Was würde ich mit Begeisterung sofort tun, selbst wenn ich dafür nichts bezahlt bekäme? Wofür würde ich jede Mühe auf mich nehmen? Was gäbe meinem Leben höchsten Sinn und bleibende Erfüllung? Man lasse seine Fantasie schweifen und gebe seinen Sehnsüchten freien Raum. Wichtig dabei: Fragen und Antworten, aber auch begleitende Eindrücke schriftlich festhalten!

Freude und Begeisterung

Jetzt erst ist es Zeit, sich am persönlichen Istzustand zu orientieren: Was kann ich tatsächlich, wo bin ich stark, was hat mir bisher die größte Freude bereitet? Und dann: Was haben in der Vergangenheit die Rückmeldungen meiner Geschäftspartner, Kunden, Auftraggeber oder Mitarbeiter ergeben? Welche Urteile haben sie gezeigt, was war positiv und ist mir in außergewöhnlich guter Erinnerung geblieben? Was erfüllt mich im Nachhinein noch mit Freude, Genugtuung oder Begeisterung? Und was ist mir ganz offensichtlich nicht so gut gelungen? Auch hier empfiehlt sich eine ehrliche Bestandsaufnahme.

Spitz oder breit

Wer jetzt langsam Zweifel bekommt, ob hier nicht das Thema verfehlt ist, wenn es in der Sache doch nur um die Frage Spezialist oder Generalist geht, sei beruhigt. Denn in Wahrheit ist diese Frage in der Entscheidung zur Selbstständigkeit zweitrangig. Dies deshalb, weil sie sich nur auf den Einsatz von Fachwissen beziehen kann und darauf, ob dieses nun spitz (als Spezialist) oder breit (als Generalist) angelegt sein soll. In der Selbstständigkeit kommt es aber nicht auf fachliche Kompetenzen allein an, sondern genauso oder noch mehr auf soziale, also beziehungsorientierte, und auf solche, die uns zum erfolgreichen Handeln befähigen.

Eine Frage der Persönlichkeit

Das bedeutet, sich zuerst die persönlichen nicht fachbezogenen Stärken anzusehen und darüber nachzusinnen, in welcher künftigen Rolle man sich eher wohlfühlt und sich deshalb sehen will. Dazu dient eben die vorhin beschriebene Bestandsaufnahme. Dann kann ich mir die Frage stellen: Bin ich eher der Typ, der sich unter vielen Menschen wohlfühlt, der initiativ ist und gerne auf andere zugeht, der auch Diskussionen nicht ausweicht oder doch derjenige, der konfliktträchtige Kontakte eher scheut und sich lieber allein und nach genauer Klärung mit herausfordernden Aufgaben vertieft auseinandersetzt?

Richtungsentscheidungen

Daraus ließe sich ableiten: Im ersteren Fall könnte ich mich als Generalist positionieren, als jemand, der fachlich einen weiten, aber eher flachen Überblick über die Materie besitzt und der mit Spezialisten zusammenarbeitet, diese koordiniert und ein gutes Arbeitsumfeld und ein ebensolches Klima sicherstellt. Das genaue Gegenteil davon wäre der vorhin beschriebene Spezialist. Faktum ist aber, dass in der Praxis beide „reinen“ Extreme selten sind: Je nach persönlicher Prägung wird ein selbstständig tätiger Ingenieur eine gewisse Neigung in eine Richtung entwickeln, sich aber des Öfteren in wechselnden Rollen wiederfinden.

Fazit

Die Frage ob Generalist oder Spezialist ist also weniger die des breiten oder spitzen Fachwissens, sondern genauso oder gar noch mehr die der Persönlichkeitsstruktur. Letztlich wird aber jeder freiberufliche Ingenieur sich in der Herausforderung wiederfinden, in einem begrenzten Fachgebiet vertieftes Spezialwissen aktuell zu halten, zugleich aber aufmerksam genug zu sein, fachbezogene und gesellschaftliche Entwicklungen wahrzunehmen und die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies im Bewusstsein, dass Wissen und Erkenntnisse sich so rapide erneuern, dass letztlich unsere wichtigste Haltung darin besteht, rasch zu lernen.

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