Sonnek

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Business as usual in Zeiten des Erfolgs kann einer der größten Feinde des Unternehmers und Selbstständigen werden. Die Gefahren lauern in einem Tagesablauf, der gut funktioniert, aber schleichend langsam und daher unbemerkt in Routine erstarrt. Diese Erstarrung macht unempfänglich für Dinge, die nicht mehr richtig laufen, aber noch keine merklichen negativen Folgen haben. Erst wenn nach einiger Zeit Alarmglocken zu läuten beginnen, etwa weil einige Kunden mit den gebotenen Leistungen nicht mehr zufrieden sind oder weil plötzlich die Erträge einbrechen, findet ein schockartiges Erwachen statt. Höchste Zeit, das Ruder herumzureißen.

Es lohnt sich, das vorhin beschriebenen Verhaltensmuster etwas genauer zu betrachten, weil es nicht nur in geschäftlichen Belangen zu finden ist, sondern überall dort, wo wir in die Dynamiken geschäftlicher oder persönlicher Beziehungen eingebunden sind. Dazu hat der schwedische Psychologe und Autor Claes F. Janssen bereits in den Siebziger Jahren ein sehr hilfreiches Modell zur Erklärung der beschriebenen Zusammenhänge erstellt, das in der Folge von anderen erweitert und ausgestaltet worden ist. Dieses Modell, das als „Vier Räume der Veränderung“ oder auch als „Haus der Veränderung“ bezeichnet wird, sei hier kurz und vereinfacht vorgestellt. Man denke sich dazu ein Quadrat, dass wie durch ein Fensterkreuz in vier gleich große Flächen geteilt ist, darüber stelle man sich ein Dach vor und fertig ist …

Das Haus der Veränderung

Im Wesentlichen sagt das Modell, dass jemand, der sich gewollt oder ungewollt in einem Entwicklungs- oder Veränderungsprozess (im „Haus“) befindet, sich in einem von vier Räumen dieses Hauses aufhält. Jeder Raum hat eine Bezeichnung, die das Verhalten im Prozess wiedergibt. Wesentliche Vorgabe ist, dass die Räume nur in einer bestimmten Reihenfolge durchschritten werden können, ein unmittelbares Zurückgehen zum Beispiel ist nicht möglich. Zwei Räume befinden sich im Obergeschoß, zwei im Erdgeschoß.

1. Raum der Erneuerung (OG rechts)

Der Raum im Obergeschoß und widerspiegelt den Neubeginn einer Tätigkeit, eines Projekts oder einer Beziehung. Gekennzeichnet ist das Verhalten in diesem Raum durch intensive Anstrengung, rasches Lernen und das Bemühen, es bestmöglich zu machen. Merkmal des vollen Einsatzes ist das Zurückstellen persönlichen Wohlbefindens und das Aufschieben von Wünschen in die Zukunft – alles zum Nutzen der Beziehung oder der Sache, um die es geht. Rückschläge entmutigen nicht, sondern spornen zur Höchstleistung an, gejammert wird nicht, Aufgeben kommt gar nicht erst in Frage.

2. Raum der Zufriedenheit (OG links)

Die lange Periode der Anstrengung hat Früchte getragen, der erhoffte Erfolg hat sich eingestellt, die Aufraggeber sind hochzufrieden, das Geschäft läuft gut. Zeit für den Wechsel in den Nachbarraum der Zufriedenheit. Auch Zeit, sich etwas zurückzunehmen, sich einzubremsen, mal auch auszuspannen, ausgedehnt Urlaub zu machen, lang ersehnte materielle Wünsche oder Erlebnisse zu verwirklichen, man gönnt sich ja sonst nichts. Das Geschäft läuft auch so ganz gut dahin. Änderungen und Verbesserungen haben nicht unbedingt Priorität, dazugelernt wird nur, wenn nicht unbedingt zu vermeiden.

3. Raum des Nichtwahrhabenwollens (EG links)

Wir sind immer noch die Besten, niemand kann mit uns mithalten! Selbsttäuschung ist meist eine Folge von Stolz und Überheblichkeit. Erst wenn sich die Kundenbeschwerden häufen oder Kunden gar zu Mitbewerbern ausweichen, kommt spät aber doch die Einsicht hoch, dass irgendetwas nicht stimmen kann. Wenn es dann unvermeidlich ist, der Wahrheit über die eigenen Fehler ins Gesicht zu sehen, kann eine zeitweise Reaktion darin bestehen, sich in den unterhalb liegenden Keller der Verzweiflung zurückzuziehen und dort so lange zu verharren, bis der Entschluss gefasst ist, den unangenehmen Tatsachen zu stellen.

4. Raum der Verwirrung (EG rechts)

Zeit, in den nächsten Raum zu wechseln. Hier herrscht tiefe Unsicherheit über die Frage, wie es weitergehen wird. Eine Option wäre, überhaupt aufzugeben und aus der ganzen Sache auszusteigen, denn die Haustüre führt aus diesem Raum direkt ins Freie. Oder aber in die Löcher des Selbstmitleids zu stolpern, die sich im Fußboden dieses Raumes befinden. Die dritte Möglichkeit ist die bessere und herausforderndere: Von hier gelangt man wieder in den Raum der Erneuerung, der einlädt, das Gelernte zu beherzigen und guten Mutes wieder von Neuem zu beginnen – zweifellos der bessere Weg.

Beispiele

Wie relevant das Haus der Veränderung tatsächlich ist, lässt sich gut an zwei Beispielen illustrieren, einem aus dem Geschäft und einem aus dem Privatleben.

Der Aufbau eines Unternehmens oder einer Tätigkeit als Selbstständiger fordert die ganze Persönlichkeit: Auf die „Sturm- und Drangzeit “ und die Phase des Sich-Herausbildens des Kerngeschäfts folgt die längere Phase des Erntens. Wer sich in dieser Phase nicht freiwillig und regelmäßig kritisch und intensiv mit seinem Umfeld und seinen Kunden auseinandersetzt, läuft Gefahr, sich in den zuvor beschrieben Mechanismen wiederzufinden.

Ganz ähnlich kann sich der Verlauf einer Ehepartnerschaft entwickeln: Zuerst investiert jeder ein Maximum an Bemühungen und stellt sich darauf ein, es dem Anderen so angenehm wie möglich zu machen. Nach einiger Zeit schleicht sich durch Unaufmerksamkeit allmählich Routine ein, die Defizite erst dann bemerkt, wenn es schon zu spät sein kann. Enttäuschungen sind die Folge, das Kriseln will keiner wahrhaben, schließlich macht sich genau jene Verwirrung breit, in der Scheitern möglich ist, wohl aber auch beherzter Neubeginn, den man jeder Beziehung und jedem Geschäft wünschen kann.

Haben Sie Erfahrungen oder Anmerkungen zum Thema? Für Ihre Mitteilung wäre ich dankbar!

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