Sonnek

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„Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen.“ Mancher Sachverständiger könnte versucht sein, Friedrich Schillers berühmtes Wort aus „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ auf sich zu beziehen. Sein Gutachten hat er abgeliefert, auch die drauffolgende Erörterung gut bestanden. Nett, aber etwas abrupt verabschiedet, weil nicht mehr gebraucht, könnte er zufrieden sein, denn sein Honorar war ihm rasch und ungekürzt überwiesen worden. Aber irgendwie hätte er dennoch gerne gewusst, wie sein Gutachten verwertet wurde und er selbst bewertet worden ist … Einige Anmerkungen und Erfahrungen dazu.

Vorab gleich eine sehr direkte und von manchen Kollegen vielleicht jetzt als hochnäsig und grob oder gar unzutreffend empfundene Feststellung: Der Wunsch nach einer Erläuterung, wie das Gutachten vom Gericht verwendet worden ist, die Fragen, ob es zur Beweiswürdigung herangezogen worden ist oder welchen Einfluss das Gutachten und der Auftritt des Sachverständigen auf das Urteil gehabt haben mag, sind allesamt Anliegen, die den blutigen und seiner Sache noch nicht sicheren Anfänger kennzeichnen. Ich weiß, wovon ich rede, ich war selber einer.

Präsenz ist besser als Nachfragen

Denn dem Sachverständigen mit langjähriger Tätigkeit ist es herzlich egal, welche Auswirkungen sein Tun auf ein Verfahren hat. Üblicherweise ist ihm die klaglose und wie man heute so sagt zeitnahe Übermittlung seines Honorars Nachweis genug dafür, dass seine Tätigkeit wieder hilfreich war. Oder wie ein Richter es anlässlich einer Diskussionsveranstaltung einmal etwas drastisch formulierte: „Den Sachverständigen hat nach Ende seiner Tätigkeit gar nicht mehr zu interessieren, was mit seinem Gutachten geschieht.“

Sehen wir es so: Letztlich ist eine mehr oder weniger regelmäßige Heranziehung eines Sachverständigen durch das Gericht Beweis genug, dass seine Arbeit im Großen und Ganzen gestimmt haben muss. Ein „Profi“ wird außerdem von vornherein in jeder Phase seiner Arbeit bestrebt sein, Bestmögliches zu leisten, im Interesse des Auftraggebers und in seinem eigenen. Er ist damit ständig auf seine Aufgabe und die Bedürfnisse des Auftraggebers fokussiert, hat aber gleichzeitig ein gutes Sensorium für Wesentliches, das im Umfeld abläuft. Weil er ohnehin das Bestmögliche tut und volle Präsenz zeigt, ist er wenig an nachträglichen Bewertungen interessiert oder gar auf sie angewiesen.

Wie man trotz allem zu Bewertungen kommen kann

Dennoch soll interessehalber kurz auf die zwei anfangs angeschnittenen Themen eingegangen werden: Mögliche Bewertungen der Tätigkeiten durch den Richter und Rückmeldungen dazu, wie weit das Gutachten in die Urteilsfindung eingegangen ist. Zur Bewertung des Sachverständigen durch den Richter: Weil Qualitätsmanagement verlangt, dass Kundenzufriedenheit erhoben und dokumentiert wird, wurde versuchsweise begonnen, an Richter nach der Verhandlung entsprechende Fragebogen zu übergeben. Die Antworten konnten an eine neutrale Adresse übersandt werden, Anonymität – falls gewünscht – war gegeben.

Die Rücklaufquote betrug etwa 20%, was statistisch gesehen ja recht beachtlich sein mag. Gemessen an den absoluten Zahlen und wegen dem dafür notwendigen begleitenden Aufwand (Persönliches Anschreiben, frankiertes Rückkuvert etc.) erschien die Mühe aber zu hoch, sodass diese Art Kundenzufriedenheitserhebung bald wieder fallen gelassen wurde. Die darauffolgende Aktion beschränkte sich auf kurze persönliche Gespräche mit den Richtern, sofern sich etwa nach Ende einer Verhandlung dazu Gelegenheit bot. Dazu wurden kurze standardisierte Fragen gestellt. Die Ergebnisse dieser unkomplizierten Vorgangsweise waren wesentlich besser – auch weil unmittelbar – und boten einige gute Anhalte zu Verbesserungen.

Wie man erfährt, wie das Gutachten verwertet wurde

Als Neuling will man halt ganz gern wissen, woran man ist und welche Rolle das Gutachten und die Tätigkeit des Sachverständigen im Verfahren gespielt haben. Der Weg zu diesen Informationen ist im Grunde genommen äußerst einfach: Man erbitte vom Gericht mündlich während einer Verhandlung oder schriftlich, etwa nach Übersendung des ausgefertigten Gutachtens, eine Ausfertigung des Urteils. Erfahrungsgemäß wird dieser Bitte gerne Folge geleistet und der Interessierte kann nach Abschluss des Verfahrens schwarz auf weiß nachlesen, wie weit seine Tätigkeit für die Beweiswürdigung von Bedeutung war.

Im Normalfall wird er erfreut herauslesen, dass das Gutachten schlüssig und nachvollziehbar war und für die Wahrheits- und Entscheidungsfindung durch das Gericht nützlich. Das motiviert den Sachverständigen dann ungemein und streichelt ganz nebenbei das Ego. Was wie gesagt dem jüngeren Kollegen neuen Aufschwung gibt, wird spätestens nach ein paarmal fad und man will es sich gar nicht mehr antun, sich durch den Urteilstext zu den Streicheleinheiten durchzukämpfen. Ergo wird man die Ausfertigungswünsche bald bleiben lassen und sich fürderhin – siehe oben – lieber auf seine Präsenz konzentrieren. Und nicht bedauern, sondern sich freuen, dass der „Mohr“ seine Schuldigkeit getan hat …

Haben Sie Anmerkungen zum Thema? Über Ihre Nachricht würden wir uns freuen!

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