Sonnek

Tunnel

Wir Ingenieure konzentrieren uns gerne auf das, was wir tun, denn wir wollen – ja wir müssen – unsere Arbeit sorgfältig und genau erledigen. Das deshalb, weil wir ständig mit Naturgesetzen konfrontiert sind, die unerbittlich sind, keine Verstöße verzeihen und deshalb penibel zu beachten sind. So sehr notwendig diese Konzentration auf die eigenen Belange auch ist, sobald sie die Sicht einengt, kann sie zu einem ernsten Problem werden, Das ist vor allem dann ein Problem, wenn sich ein Ingenieur zum Ingenieur-Dienstleister wandelt, der seinen Auftraggeber von den Vorteilen seines Tuns überzeugen möchte.

Konzentration auf die Arbeit anstatt auf den Kunden

Selbstständige Ingenieurdienstleister präsentieren ihre Arbeit meist aus der Perspektive ihrer Leistungen: Die Art ihrer Berechnungen, die Detailliertheit ihrer Beschreibungen, die eleganten Darstellungen in den Plänen etc. sind Inhalte ihrer Kundengespräche, sofern sie nicht ohnehin gleich mit den technischen Details ihrer Lösungsvorschläge dem Kunden in die Tür fallen, bevor der noch seine Wünsche so richtig darlegen konnte. Das ist jetzt gewiss übertrieben dargestellt, aber die Tendenz läuft in diese Richtung.

Andererseits begegnen viele ausgezeichnete und in ihrem Fachgebiet erfolgreiche Ingenieure, die in die Selbstständigkeit wechseln, der Notwendigkeit gezielter Akquisition mit tiefer Abscheu und das Erlernen(müssen) effektiver Verkaufsgespräche ist ihnen von Herzen zuwider. Das Geschäft läuft aber zumindest am Anfang nicht von selber, sondern erfordert viele Kontakte, für den Neuling viel Überzeugungsarbeit und den richtigen Ansatz im Umgang mit potentiellen Auftraggebern.

Vorteile aus Kundensicht darstellen

Was also kann der Ingenieur-Dienstleister tun, um Widerstände gegen ihn als unbekannten Neuling zu entkräften? Wie kann er seine Leistungen auf effiziente und für mögliche Kunden und damit auch für ihn selber vorteilhafte Weise darstellen? Mit welchen Argumenten rennt er beim Kunden offene Türen ein? Auf welche Aussagen wird der Angesprochene mit hoher Wahrscheinlichkeit positiv reagieren? Antworten darauf müssen gefunden werden, soll der künftige Marktauftritt zu einem dauerhaften Erfolg führen.

Einen ersten Anhalt findet man darin, dass man sich überlegt, welche Bedürfnisse der Kunde haben wird. Dazu kann man sich die bekannte Maslow-Pyramide vornehmen und von den elementaren Sicherheitsbedürfnissen bis hinauf zum Wunsch nach Selbstverwirklichung alle möglichen Anknüpfungspunkte durchgehen. Ein weiterer und möglicherweise genauso wirkungsvoller Weg besteht darin, sich die Werte vor Augen zu halten, die einem Kunden wichtig sein könnten. Einen guten Ansatz dazu findet man in einer technischen Richtlinie.

Werte des technischen Handelns

Die VDI-Richtlinie 3780 mit der Bezeichnung „Technikbewertung – Begriffe und Grundlagen“ bietet im Kapitel „Werte im technischen Handeln“ eine Zusammenfassung von Wertvorstellungen, die sehr hilfreich sein können, um damit mögliche Anliegen und Interessen des Kunden anzusprechen. Die meisten Werte decken sich mit Bedürfnissen bei Maslow, womit man bei Verwendung in der Praxis auf hohe Wirksamkeit hoffen darf. Zu den einzelnen Überbegriffen der Richtlinie (nachstehend kursiv) sind jeweils einige Werte schlagwortartig angeführt.

Funktionsfähigkeit: Einfachheit, Robustheit, Genauigkeit, Zuverlässigkeit. Lebensdauer, technische Effizienz, Wirkungsgrad, Produktivität, Stoffausnutzung

Wirtschaftlichkeit: Kostenminimierung, Rentabilität, Gewinnmaximierung, Unternehmenssicherung, Unternehmenswachstum

Wohlstand: Bedarfsdeckung, Wachstum, Konkurrenzfähigkeit

Sicherheit: Unversehrtheit, Lebenserhaltung, Risikominimierung (gegen Versagen, Missbrauch, …)

Gesundheit: Körperliches und psychisches Wohlbefinden, Steigerung der Lebenserwartung, Minimierung von Belastungen aus Beruf, Lebensführung, Umwelt

Umweltqualität: Landschaftsschutz, Artenschutz, Ressourcenschonung, Minimierung von Emissionen und Immissionen

Persönlichkeitsentfaltung und Gesellschaftsqualität: Handlungsfreiheit, Informationsfreiheit, Kreativität, Selbstbestimmung, Beteiligungschancen, Soziale Kontakte und Anerkennung, Solidarität, Kooperation, Kulturelle Identität, Konsens, Ordnung, Stabilität, Regelhaftigkeit, Transparenz, Gerechtigkeit

Viele dieser Begriffe sind mögliche Ankerpunkte, an denen man eine Darstellung der Vorteile der angebotenen Leistungen festmachen kann. Einfaches Beispiel: Wer etwa die Planung einer energieeffizienten Anlage anbietet, kann nicht nur auf die Kostenminimierung und Rentabilität verweisen, sondern zugleich auf Umweltschutz und Ressourcenschonung, auf Robustheit und geringes Risiko. Alles Argumente, die aus der Sicht des Kunden attraktiv erscheinen können.

Quelle zur VDI-Richtlinie 3780: Zimmermann, „Nachhaltigkeit wofür?“, Springer 2016

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