Sonnek

Frage

Es war interessant, während einer gemeinsamen gerichtlichen Befundaufnahme einen Sachverständigen-Kollegen dabei zu beobachten, wie er seine Informationen sammelte. Wir hatten es mit einer Fülle von Dingen zu tun, die geklärt werden mussten und benötigten dazu die Mithilfe der Beteiligten. Als Sachverständiger hat man dabei naturgemäß oft mit Personen zu tun, die Berufskollegen sind. In unserem Fall waren der Kollege und sein Ansprechpartner auch noch Unternehmer, was eine Art Rivalität mit sich brachte. Die merklichen Spannungen erschwerten die Arbeit. Wie lässt sich Derartiges vermeiden?

Wenn es um Menschen geht, kann man das Sammeln von Informationen grundsätzlich auf zweierlei Art betreiben: Entweder man verlangt danach oder man bittet darum. Wohlgemerkt, es geht hier nicht darum, von Personen Auskünfte und Aussagen zu erhalten, das steht einem Sachverständigen nicht zu, sondern ist Sache des Gerichts.

Wohl aber existieren oft Unterlagen in Form von Berechnungen, Nachweisen, Protokollen, Bestätigungen, Plänen, Lichtbildern und anderes mehr, die von betroffenen Personen verwahrt werden und für den Sachverständigen wertvoll sind. Die zu erlangen ist dann nicht einfach, wenn deren Herausgabe für den Betroffenen nachteilig sein könnte. Und hier ist eben die Frage: Verlangen oder erbitten?

Wir müssen dazu noch einen Schritt weiter gehen. Denn hinter der letzten Frage steht ganz entscheidend das Bild, das ich vom Gesprächspartner habe und die Art, wie ich ihm begegnen will. Mit Konfrontation? Oder gibt es einen anderen, empfehlenswerten Weg? Ja, es gibt ihn. Der nachfolgende Vergleich macht sicher: Inkludieren ist besser als konfrontieren.

Konfrontieren …

Wenn ich mein Gegenüber als Gegner sehe, dem ich etwas abringen muss, dann erzeuge ich bei ihm Widerstand. Der wird dann noch verstärkt, wenn ich mich auf Grundlage des Gerichtsauftrages noch gedanklich eine Stufe über dem anderen positioniere, dann wird dieser Widerstand noch verstärkt. Es muss sich bei den Handelnden gar nicht um unreife Persönlichkeiten handeln, denen so etwas zustößt, jeder von uns kann einen Tick oder eine verwundbare Stelle haben, die ihn bei entsprechendem Anlass zum innerlichen „hochgehen“ bringen.

Die sich dabei aufbauende emotionale Spannung entlädt sich dann nicht in einem großen Krach – dazu sind wir Österreicher üblicherweise zu konfliktscheu –, sondern in kleinen Gehässigkeiten und „Wadelbeissereien“, die mit der weiteren Tätigkeit einhergehen. Faktum ist, dass diese Haltungen die Arbeit nicht gerade erleichtern, sondern sie anstrengender machen, abgesehen davon, dass derartige Termine oft nachhaltig einen unangenehmen Nachgeschmack hinterlassen.

… oder inkludieren?

Unter diesem Begriff verstehe ich etwas anderes als Soziologen, für die das etwas mit Gruppenbildung zu tun hat. Gemeint ist hier die Haltung, einem Gegenüber auf gleicher Ebene zu begegnen, jegliches Überlegenheitsgefühl abzulegen und gedanklich an seine Seite zu treten, um ein Problem oder einen Sachverhalt ganz nüchtern aus der jeweils eigenen Perspektive zu betrachten, aber keinen der beiden Standpunkte zu werten.

Der Schlüssel liegt darin, jegliche negative Emotion aus der Sache herauszunehmen und ein Mindestmaß an Sympathie für den anderen zu zeigen, selbst dann, wenn er grummelnd oder zurückhaltend daherkommt und seine Ansichten den eigenen gänzlich widersprechen. Zudem sollten Vorurteile jeglicher Art keinen Platz haben, was oft leichter gesagt als getan ist, beispielsweise dann, wenn der Ansprechpartner in Handschellen vorgeführt wird.

Insgesamt kann sich daraus ein Gesprächsklima ergeben, das auf der sachlichen Ebene bleibt, selbst bei Konflikten, das gute Resultate ermöglicht und das auch emotional keinerlei negatives Reisegepäck hinterlässt. Angenehmer Nebeneffekt ist, dass Betroffene in einer derartigen Atmosphäre eher bereit sein werden, über Sachverhalte offen zu reden, bei denen Fehler oder Versäumnisse zur Sprache kommen. Ausschlaggebend ist letztlich das Vertrauen, dass sich aus einer derartigen Verhaltensweise des Sachverständigen ergibt.

Wieder einmal: Erfolgsfaktor Goldene Regel

Es kann nicht oft genug betont werden, dass all das vorhin Erwähnte einen Hintergrund hat, der ganz generell für den nachhaltigen Erfolg im Geschäftsleben verantwortlich ist: Die Haltung, den anderen so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden will. Diese Einstellung entspricht der Goldenen Regel, die ihre Grundlage bereits in der Bibel hat und deren Entsprechungen auch in der Philosophie und der praktischen Ethik zu finden sind.

Gute Beziehungen sind bekanntermaßen auch und gerade im Wirtschaftsleben ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil. Solche Beziehungen entstehen nicht ohne unser Zutun und erfordern von uns eine entsprechende Offenheit, die richtige Einstellung zu finden. Die eigene Erfahrung zeigt, dass in diesem Zusammenhang die Wertschätzung des anderen ein Schlüssel nicht nur zum wirtschaftlichen Erfolg ist, sondern auch den Weg ebnet zu einem ausgeglichenen und weniger stressbelasteten Leben. Inkludieren ist besser als konfrontieren!

Antworten

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