Sonnek

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… kann es vorkommen, dass man deren Texte zwei- oder dreimal nachlesen muss, um den Inhalt zu erfassen. Das ist noch ein geringeres Problem in persönlichen E-Mails oder Briefen, man kann schließlich gezielt nachfragen. Schlimmer wird es, wenn Gutachten schwer verständlich sind und sich mehrere Betroffene damit herumplagen müssen. Ganz arg wird es, wenn ein Expertengremium in sein Elaborat alles hineinpacken will und so lange herumfeilt, bis es fast unlesbar wird. Das ist keine Polemik, sondern nüchterne Feststellung von einem, der selber alle diese Fehler gemacht oder mitverursacht hat. Was man dagegen tun kann.

Bevor wir Rettungsanker gegen schlechte Techniker-Texte suchen, ein praktisches Beispiel für einen – aus meiner Sicht vermurxten – Gremiums-Text, mit dem ich mich fachbedingt auseinandersetzen musste. Er entstammt den „Erläuternde Bemerkungen der OIB – Richtlinie 6“*) in der Ausgabe 2015, Seite 4, und ist nachstehend kursiv wiedergegeben. Den Text habe ich etwas zergliedert und mir erlaubt, jeweils die persönliche Version einer Kurzfassung anzufügen:

„An dieser Stelle gilt es festzuhalten, dass der Energiebedarfswert am Energieausweis keinesfalls als Verbrauchsprognose, wie dies in letzter Zeit immer wieder irrtümlich versucht wird, zu werten ist.

Kurz: Achtung – Energiebedarf ist nicht gleich Energieverbrauch!

Die einfachste Erläuterung dazu ist ein nicht genutztes und daher nicht konditioniertes Gebäude schlechtester thermisch energetischer Qualität. Ebendort darf keinesfalls aus einem eventuellen Nullverbrauch die Qualität eines Nullenergiegebäudes abgeleitet werden.

Kurz: Eine alte Hütte, die nicht geheizt wird, ist deshalb noch kein Nullenergiehaus.

Ebenso ändern sich vermutlich infolge erhöhter Behaglichkeits-Eigenschaften von Gebäuden mit hohem thermischem Komfort übliche Verhaltensmuster bei der Gebäudenutzung, was unter Umständen die objektiv nachgewiesenen Effizienzgewinne durch geänderte Randbedingungen verringert.“

Kurz: Höherer Wohnkomfort verursacht üblicherweise höheren Energieverbrauch.

Soweit mein Senf dazu. Er soll die hohen sachlichen und fachlichen Verdienste des verfassenden Gremiums nicht schmälern, aber vielleicht geht‘s das nächste Mal einfacher.

Jetzt also Ansätze zu einer Erfolgsstrategie des technischen Textens.

Mir scheinen fünf Prinzipien wichtig:

  1. 1. So einfach wie möglich

Den Sachverhalt mit so einfachen und klaren Worten darstellen, wie dies nur möglich ist. Füllwörter und Unnötiges weglassen. Wer kompliziert schreiben möchte, sollte sich stattdessen als Hobby-Literat austoben. Kompliziertheit ist kein Zeichen hoher Fachkompetenz, auch nicht bei Wissenschaftlern. Von guten Fachautoren kann man lernen, wie man komplexe Darstellungen vermeidet und seine Botschaft gemeinverständlich rüberbringt. Daher: Keep it simple!

  1. 2. Hauptsätze, Hauptsätze

Schachtelsätze sollten wir denen überlassen, die darin Meister sind: Juristen und vielleicht vereinzelt noch Schriftsteller. Lange Sätze sind zu vermeiden und unbedingt zu zergliedern. Auf gute Lesbarkeit ist zu achten, damit steigt die Schnelligkeit, mit der der Leser den Inhalt aufnehmen kann.

  1. 3. Ausreichende Erklärungen

Wir Techniker setzen sehr oft zu viel voraus. Wir müssen etwa bei Gutachten immer bedenken, dass die Leser meist technische Laien sind. Begriffserläuterungen – nicht nur für Fremdworte, sondern auch für einfachere Fachbegriffe – sind daher unbedingt notwendig. Für Techniker scheinbar Selbstverständliches ist für Laien meist Neuland.

  1. 4. Höchstmögliche Klarheit

Eine alte Regel sagt: Wenn zwei Wörter dasselbe bedeuten, soll man das einfachere nehmen. Aussagen müssen so klar sein, dass sie unzweideutig sind. Schwammige oder missverständliche Begriffe, Darstellungen und Aussagen sind zu vermeiden. Erläuterungen sollen keine Unschärfe haben.

  1. 5. Übersichtlichkeit

Zuletzt: Eine gute und zweckmäßige Gliederung macht das Lesen leichter. Jeder weiß, dass man einen kurzen Leserbrief eher liest und einen langen eher nur überfliegt. Also: Absätze, mehr Absätze. Dazu, wenn immer möglich und sinnvoll, Zwischenüberschriften. Sie erleichtern die Orientierung beträchtlich.

Soweit mein Text. Welche Stellen darin haben Sie zweimal lesen müssen, um sie zu begreifen? Sollten Sie fündig geworden sein, bitte ich um Ihre Nachricht, schließlich will ich mich ja verbessern …

*) Herunterzuladen unter www.oib.or.at/de/oib-richtlinien/richtlinien/2015

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