Sonnek

Wünsche

Waren Sie in Ihrer Berufslaufbahn über die letzten vier Jahrzehnte mit dem Thema Energie befasst? Vermutlich nicht. Wenn doch, dann konnten Sie miterleben, wie sich der Blick auf das Thema im Lichte wirtschaftlicher, ökologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen mehrmals gewandelt hat. Waren anfangs ausschließlich versorgungspolitische Aspekte tonangebend, kamen immer stärker umweltbezogene Gesichtspunkte dazu. Heute hat sich der Horizont längst schon von Veränderungen im lokalen Umfeld auf globale Auswirkungen des nach wie vor steigenden Energieverbrauchs erweitert – Stichwort Klimawandel.

Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf unser Natur- und Kulturerbe war Gegenstand einer Konferenz Im Februar 2015 hat an der Technischen Universität Graz mit dem Titel „Climate Change and Sustainable Heritage 2015“, über die schon in einem früheren Beitrag berichtet wurde. Nun erscheint in einem britischen Wissenschaftsverlag ein Buch, in dem Vorträge dieser Konferenz wiedergegeben sind. Für diese Publikation wurde mir die Ehre zuteil, eines der Vorworte zu verfassen. Dieses möchte ich nachstehend deshalb wiedergegeben, weil mir im Zuge der Abfassung erst so richtig klar geworden ist, wie sehr sich im Laufe der Jahre nicht nur unsere Gesichtspunkte, sondern auch unsere Motive gewandelt haben, die heute den Umgang mit Energie und Energieeffizienz bestimmen. Nachstehend ist der deutsche Wortlaut wiedergegeben.

Der Öl-Schock, wie man zu Beginn der Siebzigerjahre die erste Energiekrise nannte, traf uns alle völlig unvorbereitet. Die Reaktion auf diese Herausforderung plötzlicher Einschränkung an bisher sicher geglaubter Versorgung löste in den Jahren danach eine doppelte Reaktion aus. Erstens wurde begonnen, konventionelle Energie aus Öl und Erdgas sparsamer einzusetzen und die verwendete Energie effizienter zu nutzen. Dies nicht nur wegen scheinbarer Knappheit, sondern auch wegen gestiegener Kosten. Zweitens wurden Wege gesucht und gefunden, bis dahin unbekannte und teilweise für nicht möglich gehaltene Energiequellen zu erschließen, die wir heute als erneuerbare Energien bezeichnen. Sonne, Wasser, Wind und Erdwärme decken bereits einen beachtlichen Teil unseres Energiebedarfs. Der Prozess des Umstiegs von konventioneller auf erneuerbare Energien hält seither unvermindert an. Preisschwankungen bei Öl und Gas können die Geschwindigkeit des Prozesses zwar beeinflussen, ihn aber nicht mehr aufhalten. Wenn wir auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblicken, können wir sagen, dass nicht nur in der Gesetzgebung der Länder, sondern auch in den Köpfen der Menschen ein Umdenken – ein Paradigmenwechsel – stattgefunden hat.

Ein weiterer Wandel ist bemerkenswert. Stand am Anfang der Bemühungen um Energieeffizienz der Leitgedanke im Loskommen von Abhängigkeiten von ölfördernden Ländern, trat allmählich ein weiterer Aspekt hinzu. Erste Auswirkungen des bis dahin unerschöpflichen Erdölbooms und der damit einhergehenden und die Luft belastenden Emissionen hatten dazu geführt, dass in vielen Teilen der Welt Wälder beeinträchtigt worden waren. Das bald als Auslöser identifizierte Schwefeldioxid der Abgase aus Industrie, Verkehr und Heizung hatte zu dem geführt, was wir als sauren Regen bezeichneten, der Schäden an Waldbeständen hervorrief. Als die Ursache feststand, kam es zu einer raschen Reaktion in den Gesetzgebungen der betroffenen Länder. Der Schwefelgehalt im Erdöl wurde Schritt für Schritt reduziert. Sehr bald war zu erkennen, dass sich die betroffenen Wälder erholten und das zuvor befürchtete Waldsterben nicht eintrat. Das hatte wiederum zur Folge, dass man sich intensiv mit den übrigen in die Atmosphäre gelangenden Verbrennungsgasen und ihren Auswirkungen auf die Umwelt zu beschäftigen begann. Heute geht man davon aus, dass vor allem das ausgestoßene Kohlendioxid in seiner steigenden Konzentration zu Temperaturerhöhungen der Atmosphäre führte und wir uns in einem menschengemachten Klimawandel befinden.

Womit wir mit dem Klimawandel vor der nächsten Herausforderung stehen. Diese wurde bisher in erster Linie darin gesehen, den Wandel zu stoppen oder zumindest seine Geschwindigkeit abzumindern, hauptsächlich durch weitere Reduktion von Treibhausgasen. Ein zumindest genauso wichtiger und bisher viel zu wenig beachteter Aspekt besteht darin, sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf unser Natur- und Kulturerbe zu befassen. Wir brauchen nachhaltige Lösungen für die vielen Probleme, die sich auftun, manche sehr deutlich und dringend, manche erst schattenhaft. Es ist zu befürchten, dass wir für die Lösung vieler bestehender und kommender Probleme noch nicht gerüstet sind, ja dass sie uns vielfach noch nicht einmal bewusst sind. Es ist das Verdienst der Veranstalter der CCSH15, sich dieser Herausforderung erstmals in einer umfassenden Weise gestellt zu haben. Die Beiträge und Diskussionen der Konferenz sind augenöffnend und lassen über alle Themen hinweg zwei Konsequenzen erkennen. Die erste, dass der überwiegende Teil der Probleme nur inter- und multidisziplinär zu lösen sein wird. Die zweite, dass die meisten Lösungen auf globaler Ebene stattfinden müssen. Die Konferenz hat zudem einen wichtigen Impuls dafür  gesetzt, dass uns die kommenden Herausforderungen nicht mehr unvorbereitet treffen können. Es ist zu hoffen, dass er von vielen aufgenommen wird.

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