Sonnek

Tunnel

Sachverständige werden geholt, um knifflige Fragen nach Ursachen für Schäden zu beantworten. Dazu konzentrieren sie sich auf die Sachlage und sehen sie – was naheliegt – in erster Linie aus der Sicht ihres Fachgebiets. Das ist ja auch richtig so. Problematisch wird dieses Verhalten aber dann, wenn sich das Gesichtsfeld so sehr verengt, dass das Gutachten zum Schaden zwar sehr spannenden Details enthält, an der eigentlichen Frage, was denn die auslösende Ursache des Schadens sei, völlig vorbeigeht. Und den Auftraggeber – zumeist eine Versicherung oder aber ein Gericht – ziemlich ratlos zurücklässt.

Vorausgeschickt sei, dass ich selber nicht vor solchen Irrwegen gefeit bin, die sich aus einem Tunnelblick ergeben können. Das Folgende stellt deshalb keine Abwertung der Tätigkeit irgendwelcher Kollegen dar und entspringt auch auch keinem oberlehrerhaften Gehabe, sondern ist als Aufzeigen von Verbesserungspotential zu verstehen, das uns allen hilfreich sein soll.

Gemeinsamer Fehler: Auf das Umfeld wurde vergessen

In den folgenden beiden Fällen aus der Heizungs- und Sanitärinstallation lagen Gutachten vor, die zwar den engeren Sachverhalt penibel durchleuchteten, aber das Umfeld in keiner Weise berücksichtigten: Gemeint sind die örtlichen Besonderheiten, die zeitliche Abfolge verschiedener Ereignisse und Tätigkeiten, aber auch die organisatorischen Zusammenhänge in den Tätigkeiten vor Ort, die für den späteren Schaden letztlich von Bedeutung waren.

Fall 1: Gebrochene Rohrverbindung

Wenn Rohrverbindungen versagen, etwa weil sie brechen, läuft der Auftraggeber oft Gefahr, dass er sich den falschen Gutachter aussucht. Etwa einen Metallurgen, der sich nur auf die Werkstoffeigenschaften konzentriert, aber zum Hergang des Schadens keine Auskunft geben kann, weil er mit der Materie einer Baustellenabwicklung nicht vertraut ist. Das war hier aber nicht der Fall. Der Sachverständige war mit dem Installationswesen zwar durchaus vertraut, engte sein Gutachten aber dennoch auf Fragen der Produkt- und Werkstoffeigenschaften ein. Erst aus der Analyse des betriebstechnischen organisatorischen Umfeldes ergaben sich deutliche Hinweise auf die schadensauslösende Ursache.

Fall 2: Beschädigung eines Kunststoffrohres

Ein in einem Kellerboden verlegtes Wasserleitungsrohr aus Kunststoff war beschädigt und daher undicht. Das vorliegende Gutachten zum Schadensfall lieferte eine detaillierte Darstellung des „verletzten“ Kunststoffrohres und Mutmaßungen über Art und Größe des Gegenstandes, der den Schaden verursacht hatte. Allein, aus den umfangreichen Darlegungen ließ sich keinerlei Anhalt auf den Auslöser oder gar Verantwortlichen für den Schaden finden. Glücklicherweise war dem Gutachten eine Bilddokumentation beigefügt, der gute Anhalte für die örtlichen Verhältnisse und den zeitlichen Ablauf der Arbeiten am Schadensort zu entnehmen waren. Mit diesen Informationen konnte sehr rasch der für die Probleme verantwortliche Handwerker ausfindig gemacht werden.

Meine Lehren daraus

Die Sicht der Vorgutachter war zwar interessant, hatte aber letztlich keine Ergebnisse gebracht. Die Fälle waren daher von vorne weg gedanklich neu aufzurollen. In beiden Fällen führten erst die Beachtung und die Analyse des Umfelds rasch zu brauchbaren Antworten. Folgende Fragen waren zu klären: Was ist hier eigentlich passiert? Wer war wann vor Ort, wer war wofür verantwortlich? Welche Aufgaben hatte welche Person zu welcher Zeit zu erfüllen? Was lässt sich aus vorliegenden Unterlagen ablesen, insbesondere aus Lichtbildern? Welche Angaben sind durch Fakten gesichert, welche sind nur Vermutungen? Welche Denkansätze zur Problemlösung wurden bisher nicht verfolgt und warum?

Antworten

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