Sonnek

Lüftung

Wenn es draußen „märzelt“ – ein Ausdruck, den die legendären Kabarettisten Karl Farkas und Fritz Grünbaum vor vielen Jahrzehnten geprägt haben und der so viel bedeuten soll wie: Es ist März – bricht die Kühlsaison wieder an. Gemeint ist die für Gebäude, insbesondere die für viele Büro- und für jene anderen Funktionsgebäude, die im Großteil des Jahreslaufes nicht mehr ohne Raumkühlung auskommen können. Ein Büro-Arbeitsplatz ohne die Möglichkeit, die Raumtemperatur bei Bedarf absenken zu können, erscheint längst nicht mehr zeitgemäß. Anlass dafür, über einige Entwicklungen kritisch nachzudenken.

Alle Räume werden kühl, weil das Gesetz es halt so will …

Nein, das wäre eine übertriebene Interpretation gesetzlicher Vorschriften, aber eines sei klargestellt: In Österreich enthält die Arbeitsstättenverordnung sehr genaue Vorgaben zur Raumtemperatur an einem Büroarbeitsplatz: sie darf einen Wert von 26 °C nicht überschreiten. Das ist sinnvoll und begrüßenswert, denn höhere Temperaturen werden nicht nur als unzumutbar empfunden, sondern obendrein nimmt unter diesen Bedingungen die Arbeitsleistung rapide ab, wie jeder bei nächster Gelegenheit an sich selber überprüfen kann. Das Aufrechthalten eines behaglichen Temperaturumfeldes ist demnach ein Muss.

Bauen wir klimagerecht?

Im Hinblick auf die Bauweisen von Gebäuden fällt dem aufmerksamen Betrachter folgendes auf:

  • im hohen Norden Europas wird tendenziell leicht gebaut, will heißen mit viel Holz und jedenfalls mit starker Wärmedämmung. Die Gebäude haben geringe Speichermassen und lassen sich daher rasch aufheizen.
  • im Süden sind die Verhältnisse anders gelagert, es wird massiv gebaut, mit Ziegel und Stein, demnach mit großen Speichermassen. Im Sommer bleiben die Gebäude angenehm kühl.

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In unseren Breiten liegen wir irgendwo dazwischen:

  • Im alpinen und ländlichen Bereich sind noch und wieder viele Holzbauten vorzufinden, früher mit Laubbäumen kombiniert, die Im Winter die kargen Sonnenstrahlen durchließen, im Sommer aber wohltuenden Schatten warfen.
  • Im städtischen Umfeld dominieren allein schon aus Gründen der Statik und des Brandschutzes Massivbauten.  Bewohner städtischer Altbauten wissen die segensreiche Temperaturdämpfung dicker Mauern im Sommer besonders zu schätzen.

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Was hingegen heute auffällt:

  • Neue Bürobauten in Ballungsgebieten sind eher Leichtbauten und weisen meist noch dazu große Glasfassaden auf, die trotz Sonnenschutz den Bedarf nach Kühlung wegen Einstrahlung von außen rasch nach oben schnellen lassen
  • Dazu kommt noch, dass wegen der zahlreichen Gerätschaften in einem Büro und wegen der auch oft im Sommer paradoxerweise aktivierten Beleuchtung hohe innere Wärmeeinträge vorliegen.

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Kurzum: Von klimagerechtem Bauen sind wir zumindest bei Bürobauten meist weit entfernt, sieht man von vereinzelten Beispielen von „Green Buildings“ und ähnlichen Konzepten ab.

Im Energieverbrauch schlägt das Kühlen immer mehr zu Buche

In meiner Studienzeit haben wir noch den Kopf geschüttelt über die verrückten Amerikaner, die – auch wegen der heißeren Klimazonen – ihre Lastspitzen im Stromverbrauch wegen der vielen Klimaanlagen in den Sommermonaten hatten. Mittlerweile beginnen aber auch wir hier in Mitteleuropa, in Richtung solcher Verhältnisse aufzubrechen.

Das habe ich gerade unlängst wieder anhand der Analyse der Energieverbräuche eines mehrstöckigen Bürogebäudes mit gar nicht so exzessiv hohem Glasanteil in den Fassaden wieder feststellen dürfen:

  • Der Zeitraum, in dem ausschließlich geheizt wird, beschränkt sich definitiv auf die Monate Dezember bis Februar.
  • In den Monaten Mai bis einschließlich August wurde – wie zu erwarten – ausschließlich gekühlt.
  • In der Übergangszeit, also in den Monaten März und April sowie September bis sogar in den November hinein war sowohl Heiz- als auch Kühlbetrieb erforderlich.
  • Die Überraschung war aber quantitativer Art: Der Energieaufwand für das Kühlen in den fünf Monaten der Übergangszeit betrug bereits 80 Prozent der erforderlichen Kühlenergie der vier Sommermonate! Das war wesentlich mehr, als von den Planern ursprünglich erwartet worden war.

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Techniken zum Kühlen von Büroräumen

Die Kühlung über einen umgewälzten Luftstrom mit Hilfe einer klassischen „Klimaanlage“ ist bekanntlich längst passé. Heutzutage wird die Kühlfunktion von der Lufterneuerung meist strikt getrennt. Ganz allgemein verwendet man nach Prioritäten geordnet folgende Techniken:

Bauteilaktivierung: Her werden Rohrschlangen in Betondecken eingelegt, durch die Kaltwasser zirkuliert, das beispielsweise ohne Kältemaschine, sondern direkt aus Brunnen oder Erdsonden gewonnen wird („Freie Kühlung“)

Deckenkühlung: Hier zirkuliert das Klima-Kaltwasser aus freier Kühlung oder aus Kältemaschinen durch Rohrregister in Deckenelementen

Kühlbalken: In Büros sind meist höhere Wärmelasten vorhanden, die nicht allein durch Flächenkühlung abtransportiert werden können. Hier kommen Induktionskühler in Decken zum Einsatz, die auch Lufterneuerung mit übernehmen können.  .

Auf die Architektur kommt es an!

Bei all den Aufzählungen darf eines nicht übersehen werden: Die bauliche Gestaltung eines Bürogebäudes entscheidet ganz wesentlich über seinen Energieverbrauch zur Kühlung. In den Händen der Architekten, Bauingenieure und Baumeister liegt somit es letztlich, dass energiebewusst geplant und gebaut wird. Gebäudetechniker können pointiert gesagt nur mehr das „ausbessern“, was die „Leute vom Bau“ verabsäumt haben!

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