Sonnek

Wünsche

Gehört haben wir ja schon oft vom Klimawandel, so recht anfangen können wir mit dem Begriff aber meist nichts. Er tritt vielleicht dann in unser Bewusstsein, wenn wieder einmal irgendwo hierzulande eine Gegend von Starkregen (auch so ein neuer Begriff) und Überflutungen heimgesucht wird. Oder wenn vom Schmelzen der Polkappen und dem drohenden Verschwinden von Inseln und Küstengebieten berichtet wird. Und natürlich wissen wir, dass auch hier die Temperaturen steigen und dass man als Urheber menschgemachte Emissionen vermutet. Aber können wir in alldem was tun? Die Antwort: Ja!

Den Klimawandel im Auge zu behalten ist auf jeden Fall wichtig

Den meisten von uns ist die „Eisenhower-Matrix“ geläufig, nach der wir in unserer Arbeit dringende und wichtige Angelegenheiten unterscheiden. Wichtigste Erkenntnis aus ihrer Anwendung ist meines Erachtens die Erkenntnis, dass wir wichtige Aufgaben so rechtzeitig behandeln müssen, dass sie nicht auch noch dringend werden, weil ansonsten „der Hut brennt“. So scheint es auch mit dem Klimawandel zu sein: ihn zu beachten ist uns sicher wichtig, aber wie dringend ist es für uns, etwas zu tun? Vor allem: Was hat er für unser Umfeld, ja für unser Leben zu bedeuten?

Die TU Graz setzt einen wichtigen Impuls

Das Institut für Städtebau unter der Leitung von Univ.-Prof. Meuwissen war Initiator und Veranstalter der ersten internationalen wissenschaftlichen Konferenz „Climate Change and Sustainable Heritage 2015“, die unlängst in den Räumen der Alten Technik in Graz abgehalten wurde. Darin ging es ganz allgemein um die Frage, wie sich der Klimawandel auf unser Kultur- und Naturerbe auswirken kann. Der Impuls zur Aufarbeitung ging zwar vom Städtebau aus, die Themenstellung war aber gewollt breit gewählt, sind doch zahlreiche Wissenschaftsfelder davon betroffen und zudem war ein interdisziplinärer Austausch ausdrücklich beabsichtigt.

Weltweites Interesse

Vortragende und Teilnehmer kamen nicht nur aus allen Teilen Europas, sondern ebenso aus Australien, China, Indien, dem Iran, Ägypten, den U.S.A. und weiteren Ländern. Die Vielfalt der Themen wurde in zwei Gruppen gebündelt, von denen sich eine mit den Auswirkungen auf unser Kultur- und Naturerbe, die andere mit Nachhaltigkeit in der Städte- und Gebäudeplanung befasste. Die Spannweite der betrachteten Lebensräume reichte von Großstädten wie Kairo bis zu Dörfern wie St. Lorenzen in der Obersteiermark, der Bogen der Bauten von High-Tech Hochhäusern in Boston bis zu historischen Siedlungen in Anatolien.

Einige Erkenntnisse …

Als Gebäudetechniker habe ich mich in der Konferenz ganz bewusst hauptsächlich Themen ausgesucht, die mit meinem engeren Fachgebiet nichts oder nur wenig zu tun hatten, einfach, um einmal eine andere Perspektive, aber auch um ein breiteres Gesichtsfeld zu bekommen. Das Gehörte hat einige Erkenntnisse gebracht. Drei wahllos herausgegriffene Bespiele:

Gehört: unterschiedlicher Umgang mit extremen Naturereignissen:

-          Ein australischer Teilnehmer erzählte mir zu den fürchterlichen Überschwemmungen von 2011 in Australien, dass damals die Verantwortlichen der Einsatzkräfte teilweise mangels Ausbildung, mangelnder Koordination und Information vielfach falsch reagierten, was die Notwendigkeit entsprechender Schulungen und Ausbildungen aufzeigte, über die er zurzeit seine Dissertation schreibt,

-          Am Beispiel einer Überschwemmung in der Obersteiermark wurde wiederum aufgezeigt, dass die Katastrophenpläne und die Aktionen der Behörden und Einsatzorganisationen  bestens funktioniert hätten, letztlich aber die Bewohner selbst trotz Kenntnis der konkreten Risiken nicht auf eine derartige Katastrophe vorbereitet waren.

-          Eine Vortragende aus Indien erzählte am Mittagstisch, dass in ihrem Land jegliche Infrastruktur zur Katastrophenvorsorge fehlte und im Ernstfall halt nach der Armee gerufen würde…

Erkenntnis dazu: Jede Kultur hat ihre eigenen Problemlösungen, manches können wir voneinander lernen, und sei es nur die Gelassenheit, mit der man jeglicher Unbill begegnen kann …

Gehört: Die Temperatur in Städten liegt immer 2 bis 5°C über der des Umlandes

Das klingt jetzt banal und entspricht ja auch unserer Erfahrung. Der Unterschied lässt sich gut errechnen: Man hat eine Kennzahl „Sky view factor“ oder „SVF“ definiert, die bei genau 1 liegt, wenn man auf einer ebenen Fläche steht und den ganzen Himmel sieht. In der Stadt ist der Faktor wegen der Bebauung kleiner, wenn die Gebäude sehr hoch sind, noch kleiner.

Forschungsarbeiten haben nachgewiesen, dass der Temperaturunterschied zwischen Stadt und Umland (der „Urban Heat Factor“, abgekürzt „UHI“) umso höher ausfällt, je kleiner der „SVF“ ist, und dass der Zusammenhang fast linear verläuft. Die „Hitzeglocke“ in einer Stadt ist umso weniger ausgeprägt, je weniger dicht verbaut sie ist und je weniger hoch die Gebäude sind, also je weniger Straßenschluchten existieren.

Erkenntnis dazu: Es lebt sich in der Stadt am angenehmsten, in der man den meisten Himmel sieht

Gehört: Es gibt gute Verfahren, bröckelnde Betonfassaden zu sanieren

Das ist eine erfreuliche Botschaft nicht nur für architektonisch wertvolle Gebäude sondern auch für solche, die ein optischer Schandfleck zu werden drohen, aber ansonsten ihre Aufgabe nach wie vor tadellos erfüllen.

Erkenntnis dazu: Das große Interesse der Zuhörer, mehr darüber mehr zu erfahren, lässt auf beachtlichen Bedarf schließen. Wahrscheinlich kennt jeder von uns wenigstens ein größeres Gebäude, dem eine solche Behandlung nicht schaden würde …

… und etwas Ideologie

Man kann mit der Propagierung aller aus gesellschaftlicher Sicht berechtigten und wichtigen Anliegen die Grenzen wissenschaftlicher Argumentation verlassen und ins Ideologische hinüberwandern. Das ist per se nichts Schlechtes, man muss sich aber dieses Wechsels einfach bewusst sein. Die Konferenz enthielt in diesem Sinne Auftakt-Beiträge von „Schülern“ des ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore, der sich in der Klimafrage weltweit engagiert.

Warnbotschaften mögen ihre Berechtigung haben, ich persönlich ziehe aber angemessene Nüchternheit vor. Ich bin auch ein entschiedener Verfechter erneuerbarer Energie. Aber ich würde sie nicht unbedingt und in jedem Fall als „Saubere Energie“ bezeichnen, wie dies von den Gore-Jüngern geschieht. Und ich würde auch nicht dauernd von „Schmutziger Energie“ reden, sondern von konventioneller. Wir werden auf letztere zumindest aus heutiger Sicht nie ganz verzichten können, aber wir sind fähig – und darauf kommt es an – effizient und daher sorgsam mit ihnen umzugehen. Das sollten auch hartgesottene Environmentalisten beachten.

Was ist jetzt zu tun?

Die Konferenz hat mich auch zum Nachdenken gebracht. Wir sollten überlegen, was wir in unserer jeweiligen Arbeitssphäre beachten und tun können. Mir sind folgende Punkte dazu eingefallen:

Vorbeugemaßnahmen: Beim Planen von neuen Gebäuden mitüberlegen, wie Einwirkungen extremer Wetterphänomene (Regen, Sturm, Hagel, Hitze) auf die Substanz vermieden werden können. Risikoanalysen durchführen. Nachhaltige und widerstandsfähige Materialien verwenden.

Nachhaltigkeit: Energieverbräuche noch weiter vermindern. Bauweisen den Klimaerfordernissen besser anpassen (massivere Bausubstanz hält im Sommer besser kühl), von unseren Vorfahren diesbezüglich lernen

Lernen: Es sind gerade Anlässe wie diese Konferenz, dass wir über den eigenen „Gartenzaun“ unseres Fachwissens schauen dürfen und von anderen lernen können. Wir sollten jede Möglichkeit dazu nutzen.

Hinweis und Danksagung

Nähere Informationen zur Konferenz sind unter http://www.ccsh15.tugraz.at/ zu erhalten.

Persönlich gedankt sei Herrn Arch. Dipl.-Ing. Kersten Christian Hofbauer und Frau Elham Madadi Kandjani, MSc. für die Organisation der Konferenz sowie für die Einladung zu Teilnahme und Keynote.

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