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Wichtigste Aufgabe des Gerichtssachverständigen ist es bekanntlich, Gutachten zu erstellen, die dem Gericht als Beweismittel dienen können. Im österreichischen Rechtswesen kommt noch eine weniger bekannte Aufgabe dazu: der Sachverständige ist Helfer des Gerichts. Das kann sich zum Beispiel darin äußern, dass er bereits in frühen Stadien des Verfahrens und lange, bevor sein eigentlicher Auftrag feststeht, zu Zeugeneinvernahmen beigezogen wird. Er unterstützt Gericht, Parteien und deren Anwälte bei der Klärung fachlicher Gegebenheiten und hat dazu die Möglichkeit, selbst Fragen an Zeugen zu richten.

Zur Klarstellung vorab: Nur das Gericht darf Zeugen einvernehmen

Der Sachverständige darf selbst keine Einvernahmen von Zeugen durchführen, das bleibt ausschließlich Sache des Gerichts. Aber er darf im Zuge einer Einvernahme mit Erlaubnis des Richters an den Zeugen Fragen stellen. Das ist zum Beispiel dann von entscheidender Bedeutung, wenn es gilt, vergangene Geschehnisse zu rekonstruieren oder aber Informationen über Sachen zu geben, die zwar existieren, aber dem Auge verborgen sind, etwa die Führung von erdverlegten Leitungen, die nachvollzogen werden muss. Oder aber es liegen Lichtbilder vor, die nur dann von Wert sind, wenn ein Zeuge darstellen kann, was darin zu erkennen ist. Das sind nur einige von vielen Beispielen.

Gründliche Vorbereitung ist entscheidend

Was ist für den Sachverständigen wichtig und zu beachten? Zunächst seine Ausgangslage: Zum Zeitpunkt der Zeugeneinvernahme hat ihm das Gericht in den meisten Fällen noch nicht die Fragen für den Gutachtensauftrag stellen können. Er kennt aber bereits den Streitgegenstand, um den es im Verfahren geht, entnehmbar der Klage und ihren Ansprüchen, ebenso sind ihm Standpunkt und Argumente des Beklagten und gegebenenfalls des oder der Nebenintervenienten geläufig. Gerichtsakt und Beilagen dazu wird er sorgfältig studieren. Aus den gewonnenen Informationen kann er sich ein Bild davon machen, welche Auskünfte die Zeugen liefern könnten.

Fragelisten erstellen und ergänzen

Manche Verfahren sind sehr komplex, entweder, weil die Gegebenheiten schwierig zu durchschauen sind, oder aber, weil die Anzahl der Beteiligten sehr groß ist. Aus den Gerichtsprotokollen sind die vorgesehenen Zeugen ersichtlich. Um „in der Hitze des Gefechts“ während einer Verhandlung nicht abgelenkt zu werden, nicht den Faden zu verlieren und gezielt vorgehen zu können, empfiehlt es sich, für jeden Zeugen eine Frageliste zu erstellen, die während der Verhandlung ergänzt werden kann. In großen Verfahren kann noch zusätzlich eine Liste mit Namen und Rolle der vorgesehenen Zeugen nützlich sein, um den Überblick zu behalten.

Angemessene Kommunikation ist hilfreich

Ein Gerichtssachverständiger wird allein schon aus seiner Berufserfahrung heraus ein gerüttelt Maß an sozialer Kompetenz in seine Tätigkeit mitbringen. Die ist auch in der Befragung von Zeugen vonnöten, sind diese doch in keiner einfachen und in eher nicht angenehmer Situation, was leicht einsichtig ist, wenn man sich gedanklich in ihre Lage versetzt. Daher sollte eine derartige Befragung nicht „von oben herab“, sondern auf Augenhöhe erfolgen, nicht emotionsgeladen, sondern in nüchterner Atmosphäre. Weiters wird der Sachverständige in seinen Befragungen mithelfen, ihnen die Aussagen zu erleichtern, indem er relevante Unterlagen, etwa Lichtbilder, bereithält oder in Verfahren mit technischem Hintergrund hilfreiche Skizzen anfertigt und vorlegt.

Auf alle Eventualitäten vorbereitet sein

Mit der guten Vorbereitung und den Fragelisten ist man als Sachverständiger gut aufgestellt und kann anlässlich des Gerichtstermins bei den Einvernahmen auf sehr nützliche Weise helfend tätig werden. Ein Mitschreiben der Antworten der Zeugen erübrigt sich, da sie ja ohnehin vom Gericht protokolliert werden. Andererseits muss man auch gelassen reagieren können, wenn sich die Vorbereitung zum Teil als vergeblich erweist, weil a) Zeugen aus verschiedensten Gründen ausfallen, b) auf Aussagen von Zeugen verzichtet wird, c) Zeugen über eine Sache gar nichts wissen, d) Zeugen nicht dabei waren, e) Zeugen sich nicht mehr erinnern können, etc., etc.

Haben Sie Anmerkungen zum Thema? Ich freue mich über Ihre Mitteilung! Haben Sie Fragen? Wenn diese von allgemeinem Interesse sind, nehme ich gerne hier im Blog dazu Stellung.

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