Sonnek

Stand der Technik

„… und die im Wohnobjekt installierte Wärmepumpenanlage entspricht in ihrer Art und Ausführung keinesfalls dem Stand der Technik.“ Die Äußerung setzt den Schlusspunkt der Klage eines frustrierten Hausbesitzers gegen das Installationsunternehmen. Im Hintergedanken des Lesers formt sich dabei vielleicht schon das bedrohliche Bild eines Schrotthaufens in der Heizzentrale. Tatsächlich wird der Begriff „Stand der Technik“ in zivilrechtlichen Auseinandersetzungen oft gebraucht, um die Minderwertigkeit etwa einer Heizungsinstallation deutlich hervorzuheben, leider nicht immer im richtigen Sinn.

Was ist wirklich unter dem Begriff „Stand der Technik“ zu verstehen? Zur Antwort zuerst eine Definition aus dem österreichischen Bundesgesetz:

§ 71a. (1) der Gewerbeordnung

„Der Stand der Technik im Sinne dieses Bundesgesetzes ist der auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen, Bau- oder Betriebsweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist.“

Dazu ist zu erläutern:

„Erprobt“ heißt in diesem Zusammenhang, dass ein Produkt oder Verfahren u.s.w. funktioniert, man also  seine Funktion ausreichend erprobt hat;

„Erwiesen“ bedeutet nichts anderes, als dass dasselbe Produkt oder Verfahren am Markt eingeführt und auch erhältlich ist.

Zur Erläuterung noch zwei Definitionen aus Wikipedia:

„Der Stand der Technik ist eine Technikklausel und stellt die technischen Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, basierend auf gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik dar.“

sowie

„In der Europäischen Norm EN 45020 Normung und damit zusammenhängende Tätigkeiten – Allgemeine Begriffe (ISO/IEC Guide 2:2004) wird unter Ziffer 1.4 der Stand der Technik wie folgt definiert:

Stand der Technik: entwickeltes Stadium der technischen Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, soweit Produkte, Prozesse und Dienstleistungen betroffen sind, basierend auf entsprechenden gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft, Technik und Erfahrung‘“

Dazu ist anzumerken:

Diese Definition bezieht sich auf Produkte, Prozesse und schließt auch Dienstleistungen mit ein, die ein (fertig)entwickeltes, also marktreifes Stadium erreicht haben und deren Entwicklung wissenschaftlich und technisch abgesichert sind.

Frage aus der Praxis: Wie ermittelt man den Stand der Technik?

Im Fall der Wärmepumpe ganz einfach so, dass man die Ausführung des Gerätes mit der von Geräten anderer Hersteller vergleicht. Dazu ist natürlich gute Marktkenntnis wichtig, die man sich durch Firmenunterlagen, Messebesuche, Vorträge und zeitnahe Fachliteratur erwerben kann. Das gilt auch für Trends in der Branche, die genau zu beobachten sind. Sehr oft erweisen sich manche vermeintlichen Neuigkeiten als bloße Modeerscheinungen oder es handelt sich bloß um Marketinggags. Entscheidend ist aber gutes Grundlagenwissen, das ebenso regelmäßig aufgefrischt werden muss. Der Kunde – egal ob Gericht oder Privatmann – hat ein Recht darauf, vom Ziviltechniker oder Sachverständigen nur aktuelles Wissen serviert zu bekommen.

Noch etwas: Leider wird der “Stand der Technik” sehr oft mit dem Begriff “Regeln der Technik” verwechselt. Doch davon ein andermal mehr.

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