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Knopf

Kommt das Gutachten auf Knopfdruck? Die Fortschritte der Digitalisierung sind uns zu wenig bewusst, meint die Wissenschaftlerin Mercedes Bunz (sie haben den Namen richtig gelesen) in ihrem Buch Die stille Revolution – Wie Algorithmen Wissen, Arbeit, Öffentlichkeit und Politik verändern, ohne dabei viel Lärm zu machen. Worum es geht? Um unsere gesamte Arbeitswelt, der – meint die Autorin – eine gravierende Veränderung bevorsteht: waren in der ersten industriellen Revolution manuell tätige Arbeitskräfte, die durch Maschinen ersetzt werden, sind es diesmal alle jene, die unter Einsatz ihres Wissens ihr Brot verdienen.

Eine Herausforderung für den Mittelstand

Die Autorin sieht durch die Entwicklung vor allem neue Herausforderungen auf den Mittelstand zukommen. Wir sind eine Dienstleistungsgesellschaft, etwa 70% der Wertschöpfung eines Industrielandes kommen aus Dienstleistungen zustande. Wir sind auch eine Expertengesellschaft, meint Frau Bunz, mit Menschen, die an ihrem angenehmen Arbeitsplatz ihr Fachwissen bereitstellen. Und das wird in naher Zukunft immer weniger und vielleicht gar nicht mehr gebraucht, zumindest nicht in der derzeitigen Form. Davon seien alle betroffen, die mit Wissen ihr Geld verdienen, auch alle Experten – und dazu gehören ja auch Sachverständige.

Was jetzt schon möglich ist: automatisierte Zeitungsberichte

Was Digitalisierung bewirken kann, zeigt Mercedes Bunz am Beispiel eines Zeitungsberichts: weil sich immer mehr Menschen online informieren, kommen lokale Zeitungsredaktionen zeitlich unter Druck. Auch Sportereignisse müssen rasch und aktuell erstellt werden. Studenten kreierten nun ein Programm mit einem Algorithmus, der aus nüchternen Daten einen einfachen aber gut lesbaren Spielbericht erstellt – und das ganz ohne Zutun eines Journalisten. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis diese Entwicklung dazu führt, dass ein Großteil des Inhaltes einer Zeitung automatisch generiert und ein Großteil der Journalisten schlicht überflüssig wird oder andere Aufgaben übernehmen muss.

Der  Sachverständige wird sich verändern

Kein Expertenwissen sei von dieser Entwicklung ausgenommen, meint Bunz, weil diese Algorithmen  nicht nur Fakten liefern, sondern in der Lage sind, diese Fakten zu dem weiterzuverarbeiten, was wir Wissen nennen. Was hat das zur Folge? „Viele der Gutachten, Recherchen und Einschätzungen, auf die unsere Dienstleistungsgesellschaft angewiesen ist, können an Algorithmen delegiert werden,“ meint Bunz und sagt: “In der digitalen Gesellschaft sind Experten also nicht mehr die Einzigen, die etwas besser wissen.“ Das Ende des Experten? Nein, stellt die Autorin klar, zwar stelle die Digitalisierung die Autorität des Experten infrage, aber sie kassiere sie nicht vollständig, sondern nur in der aktuellen Form. Der Sachverständige wird sich verändern müssen.

Neue Herausforderungen bringen neue Chancen

Wir müssen davon ausgehen, dass die aufgezeigten Entwicklungen rascher um sich greifen, als wir erwarten. Für die Suche nach Fachwissen wird in Zukunft wahrscheinlich der Sachverständige nicht mehr den hohen Stellenwert von heute haben, da es in zunehmendem Maße für Laien gut aufbereitet und verständlich online zur Verfügung stehen wird. Aber genauso wenig, wie Maschinen die menschliche Arbeitskraft völlig ersetzen konnten, werden Algorithmen Experten ersetzen können. Aber Sachverständige werden neue Rollen zu übernehmen haben: Urteilskraft und Interpretation werden nach wie vor gebraucht werden, auch die sozialen und ethischen Kompetenzen eines Sachverständigen.  Dazu Bunz: „Anders als das Proletariat zu Zeiten der Industrialisierung kann die Mittelschicht die technische Revolution allerdings mitgestalten, nur muss sie diese Herausforderung auch annehmen und die neuen Möglichkeiten für sich entdecken.“

Gutachten auf Knopfdruck? Vielleicht. Vielleicht schon bald. Sachverständige werden dahinter sein müssen, dass es ihr Finger ist, der den Knopf (oder die Taste) drückt …

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