(IRS) Im Rahmen konzentrierter geistiger Beschäftigung fallen manchmal Gedanken oder Informationen an, die festgehalten werden wollen. Gehören sie zum gerade bearbeiteten Gegenstand, kann man sie in zugehörige Projektunterlagen einfügen. Wenn sie aber darüber hinaus wertvoll sind und nicht verloren gehen dürfen, was dann? Wie diese Gedanken oder Infos festhalten, wie sie verlässlich wiederfinden? – Wahrscheinlich jeder hat diesbezüglich im Lauf der Jahre seine eigenen Methoden entwickelt. Und besonders gut organisierten Zeitgenossen kann das Thema „Notizen-Management“ wohl nur leichtes Schmunzeln entlocken.
Die vorhin beschriebenen nebenbei anfallenden Notizen sind nur ein Teil des Themas. Es beginnt schon in der Schule mit der Notwendigkeit, Gehörtes, Gesehenes oder sonst wie durch Sinne Aufgefangenes festzuhalten. Schließlich will man den vorgetragenen Stoff beherrschen, zumindest so weit, dass man die anstehende Prüfung erfolgreich schafft. Später sind es dann Vorträge, Seminare, Konferenzbeiträge, deren Essenz, Höhe- oder Glanzpunkte nicht in Vergessenheit geraten sollen. Selbst wenn zu einem dieser Anlässe gedruckte Unterlagen mitgereicht wurden, wirft man zuerst einen Blick auf selbstverfasste Ergänzungen oder Kommentare – sie sind besonders wertvoll.
Organisationshilfen bieten Auffangräume
Aus persönlicher Erfahrung lässt sich sagen, dass viel vom Umgang mit Notizen davon abhängt, welche Organisationshilfen für das Zeitmanagement man nutzt. Waren es am Anfang einfache Stehkalender, deren Blätter-Rückseiten schnell greifbare Flächen für Bedenkens- oder Erhaltenswertes boten, erfolgte nach einigen Jahren ein Übergang auf Anspruchsvolleres: Einige Zeitmanagementsysteme boten bereits gut strukturierte Auffangräume aller Art. Mir sind noch die kleinen ledergebundenen A6-Mappen der schweizerischen „Hirt-Methode“ in Erinnerung, später dann die A5-Kladden von „Time/System“©, deren Archivboxen heute noch im Archiv Staub fangen.
Unausgeschöpftes Potential von Zeitmanagementsystemen
Das letztere war dann schon ein durchdachtes und ausgefeiltes System, mit dem man die täglichen Agenden im wahrsten Sinn des Wortes sehr gut im Griff hatte. Die zu verwendende Ringmappe mit ihren zahlreichen Registern hätte noch dazu weit mehr Möglichkeiten des strukturierten Ablegens und raschen Wiederfindens geboten, als dann im Alltag tatsächlich genutzt wurden. Aber wie erwähnt ist der tatsächliche Gebrauch auch eine Antwort auf die Frage „Was benötige ich wirklich?“ und ebenso eine Sache der persönlichen Disziplin. – Das Jahr 2004 markierte schließlich insofern einen Wendepunkt, als damals Notebook und „Outlook“ alle zeitlichen Agenden übernehmen konnten.
Versuche, die Zettelflut einzudämmen
Aber zurück zu den Notizen von Konferenzen, Seminaren, Besprechungen et cetera. Über viele Jahre dienten lose Blätter – meistens aus gerade verfügbaren eigenen oder geschenkten Schreibblöcken – als Unterlagen für Mitschriften oder Gesprächsvermerke. Die beschriebenen Blätter wurden nach Auswertung in einer Schreibtischlade, einem Ringordner oder im Mappei-System abgelegt, je nachdem in welcher Test- oder Experimentierphase die Büroorganisation gerade zugange war. Glücklicherweise ging dabei sehr wenig verloren, der Suchaufwand war ebenfalls vertretbar, vielleicht auch deshalb, weil alles projektbezogene Wichtige grundsätzlich in den dafür bestimmten Ordnern zu finden war.
Vom Schreibblock zum Schreibbuch
Im Lauf der Jahre wurden Umfang und Wert persönlicher Notizen immer größer, eine Mischung mit allgemein zugänglichen Unterlagen aus beruflichen Tätigkeiten wurde weniger wünschenswert. – Irgendwann nach Beginn der Nullerjahre hatte ich regelmäßig mit einem Berufskollegen zu tun, der grundsätzlich sämtliche Notizen – egal ob geschäftlicher oder privater Natur – in ein gebundenes liniertes Schreibbuch im Format A4 eintrug. Notizen, die weitere Verbreitung erforderten, kopierte er einfach heraus. Auf eine diesbezügliche Rückfrage meinte er, es sei Gewohnheit seit Bundesheer-Zeiten. Dort sei die Verwendung loser Blätter aus naheliegenden Gründen weitgehend verboten gewesen.
Schreiben ist Reden mit sich selbst
Den eigenen Umstieg auf ein A4-Schreibbuch – in meinem Fall mit karierten Seiten – verdanke ich aber hauptsächlich einem anderen Fachkollegen, der etwa zur selben Zeit das Wissensmanagement eines aufstrebenden Engineering-Unternehmens überhatte. Auch er notierte in ein gebundenes Buch. Dazu meinte er, etwas in eigener Handschrift niederzulegen, sei für ihn „Reden mit sich selbst“ und helfe, Gedanken zu klären. Man konnte das auch so verstehen, dass man auf gebundenem Papier etwas von Bedeutung sehr viel sorgfältiger festhält als auf einem losen Blatt, das man jederzeit zerreißen und entsorgen kann: Das Buch fordert Disziplin!
Handschriftliche Notizen optimiert
Mittlerweile stehen mehrere solche Bände vollbeschrieben nebeneinander im persönlichen Archiv. Das mit zunehmendem Alter stärker spürbare Gewicht eines solchen Schreibbuchs hat allerdings zu einer Reduktion auf das Format A5 geführt, das nicht nur leichter zu tragen ist, sondern im Rucksack auch weniger Platz fordert. Die freiwillige Verwendung kleinerer Schrift fordert zwar mehr Konzentration, dafür hat im Buch aber auch mehr Inhalt Platz. Sehr bewährt haben sich Produkte der Marke „Leuchtturm 1917“, deren Einbände sich äußerlich auch bei langem und intensivem Gebrauch wenig abnutzen.
Letztlich: Datenschnipsel am Notebook
Heute sammelt man keine Zeitungsschnipsel mehr oder tut es nur selten. Die meisten Infos kommen elektronisch und lassen sich bei Bedarf mit ein paar einfachen Dateiordnern auf Notebook oder Tablet rasch und effektiv organisieren. Unter passenden Stichworten abgelegt kann das Finden recht unkompliziert sein. Manche aus der realen Welt bekannte und auf das Notebook übernommene Systeme zur Wissensspeicherung und -vernetzung wie „Zettelkästen“ erscheinen nach Eigenerfahrung hingegen unnötig kompliziert und eher hinderlich. – Gäbe es nicht das Vergnügen, sich der eigenen Handschrift bedienen zu können, wäre das Notebook mit der üblichen Standard-Software ohnehin „Notizfänger“ erster Wahl …
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