(IRS) – Welcher Freiberufler oder Unternehmer kennt ihn nicht: Jenen sich von Zeit zu Zeit manifestierenden besonderen Menschenschlag, dessen Anforderungen nicht in den üblichen Geschäfts- oder Projektablauf „einzugliedern“ sind, der – manchmal stark dramatisierend – einen hohen Grad an Aufmerksamkeit an sich zu ziehen versucht und der Problemstellungen aufwirft, die sich einer doch so logisch und naheliegend erscheinenden Lösung auf rätselhafte Weise zu entziehen scheinen. Im Lauf eines Berufslebens entwickelt man allmählich ein Instrumentarium für den Umgang mit solchen außergewöhnlichen Zeitgenossen.
Die umstrittene Heizungsinstallation
In einem – hier wie auch sonst immer anonymisierten – Fall sucht ein Klient Rat, was er tun soll, um aus seiner verzwickten Situation herauszukommen. Teile der Installation rund um einen Zentralheizungskessel seien von einem Fachmann anlässlich eines Service-Einsatzes als derart fehlerhaft bemängelt worden, dass er sich außerstande gesehen habe, den Kessel in Betrieb zu setzen. Ein herbeigerufener Installateur habe gleich den Austausch des zwar über zwanzig Jahre alten, aber doch bitteschön bis dahin einwandfrei funktionierenden Heizungskessels empfohlen und dazu umgehend ein Angebot gelegt. Der Klient vermutete eine geheime Absprache zwischen Servicemann und Installateur, verstärkt um den Verdacht, ein missliebiger Verwandter habe auch noch seine schmutzigen Hände im Spiel gehabt und, und, und …
Die dramatischen oder dramatisierten Folgen
Aufgrund dieser der Erzählung nach beinah allgemeinen Weltverschwörung gegen den Klienten und seinen tadellos funktionierenden Heizungskessel stünde die Wohnung nun seit einigen Jahren leer oder sei nicht vermietbar, nach anderer Erzählung müsse ein alter Familienangehöriger dort zeitweilig sein Dasein fristen, im Winter bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt, und dies bei ohnehin angeschlagener Gesundheit. – Einige Wochen später meldet sich eine Verbraucherorganisation, die bereits seit längerer Zeit in den Fall eingebunden ist, und will Details dazu wissen, weil mein Gespräch mit dem Klienten bei besagter Institution bereits aktenkundig geworden sei.
Rätselhafte Ereignisse
Das vorhin Geschilderte ist aber noch nicht alles: Denn – kein Witz! – einige Monate später meldet sich die Katastrophenabteilung einer Behörde telefonisch bei mir: Der freundliche Mitarbeiter will Details aus meinem Gespräch mit dem Klienten verifiziert haben, an die ich mich auch beim besten Willen nicht erinnern kann. Auch den bei der Behörde offensichtlich entstandenen Eindruck, in der Sache seien meinerseits bereits Erhebungen durchgeführt worden, muss ich entkräftigen: Die Anlage habe ich nie gesehen, ich kenne den Fall nur aus Erzählungen und dem mir damals vorliegenden Schriftverkehr. Warum die Anlage nicht schon längst erneuert oder instandgesetzt worden sei? Das entziehe sich meiner Kenntnis. – Wer weiß, vielleicht meldet sich in der Sache demnächst irgendein Ministerium …
Eine Heizungspumpe zu viel
In einem anderen, etwas weniger dramatischen Fall beschwert sich eine mir bekannte und meines Wissens sogar äußerst entfernt verwandte Person ziemlich echauffiert darüber, dass ein Installateur vor vielen Jahren eine Heizungs-Umwälzpumpe zu viel installiert habe, was einen unnötigen Aufwand an Heizkosten zur Folge gehabt hätte. Vor mehreren Jahren nun sei diese eine Pumpe vom selben Installateur ausgebaut worden, worauf sich die Heizkosten deutlich vermindert hätten. Das erste Problem? Der Installateur hätte sich nicht entschuldigt, er hätte gemeint, die besagte Pumpe sei damals wohl angeordnet worden, an Genaues könne er sich nicht mehr erinnern. Das zweite Problem? Wer ersetze nun den unnötigen und über die Jahre angefallenen hohen Teil der Heizkosten? Mein Rat an die unlängst wieder einmal im Büro erschienene Person, die Sache nach mehreren Jahren einfach zu vergessen, wurde mit deutlicher Entrüstung zurückgewiesen …
Was tun im Umgang mit herausfordernden Klienten
Erst einmal darauf achten, dass sie keine Klienten werden. Man entwickelt eh bald ein feines Sensorium für Leute, die Probleme mit sich schleppen, die sie anderen umhängen möchten oder in die sie wenigstens andere hineinziehen wollen. Also: Erstgespräch unverbindlich, kurze Beratung gerne, alles kostenlos, ansonsten Kontakte freundlich und kurz, mit dem deutlichen Hinweis, dass man in der Sache aus technischer Sicht nichts tun kann, keine schriftliche Stellungnahme abgeben will und auch kein Gutachten erstellen kann, weil die zur Problemlösung nötigen Schritte ausschließlich bei der betroffenen Person liegen. – Auf den Hinweis, dass hier aus meiner Sicht keine technischen Schwierigkeiten vorliegen, sondern wahrscheinlich andersgeartete und vielleicht mit der Psyche der Person verknüpfte, verzichte ich natürlich, allein schon aus Gründen des Respekts gegenüber betreffendem Mitmenschen …
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