(IRS) – Das Bild links zeigt die Nase eines in der Sowjetunion entwickelten Jagdflugzeugs der Type MiG-15 mit der Ansaugöffnung für das Strahltriebwerk. Das Flugzeug ist Teil der sehenswerten Ausstellung im Österreichischen Luftfahrtmuseum Graz-Thalerhof. Es trägt die Nummer 1326, hat polnischen Hoheitsabzeichen und ist eine in Polen in Lizenz gefertigte und der MiG-15 baugleiche LIM 2. – Ein paar tausend Kilometer weiter westlich, in der Stadt Greenville in South Carolina, lässt sich auf dem Denkmal für den Piloten Rudolf Anderson das amerikanische Gegenstück zur MiG-15 besichtigen: Eine North American F-86.
Begegnung in Korea
Unlängst ist mir die folgende Geschichte aus dem Koreakrieg untergekommen, die ich schon als Jugendlicher gehört hatte: Am 21. Dezember des Jahres 1950 war eine Formation von sechs propellergetriebenen amerikanischen Jagdflugzeugen des Typs P-51 „Mustang“ auf einem Patrouillenflug am Yule-Fluss (im heutigen Nordkorea) unterwegs. Plötzlich und wie aus dem Nichts wurden sie von sechs unglaublich schnellen silberglänzenden Flugzeugen mit Pfeilflügeln überrascht. Auffallend waren deren kurze und gedrungene Rümpfe und das Leitwerk mit dem roten Stern der chinesischen Luftwaffe: Es war eine erste Begegnung mit der MiG-15.
MiG – Abkürzung für Mikojan und Gurewisch
Den beiden Flugzeugkonstrukteuren Artjom Iwanowitsch Mikojan und Michai lJossipowitsch Gurewitsch gelang mit dem von ihnen entwickelten strahlbetriebenen Jagdflugzeug MIG-15 im Jahre 1946 der große Durchbruch. Das Flugzeug wurde 1949 der Öffentlichkeit präsentiert und bis in die Fünfziger-Jahre in der Sowjetunion und in Lizenz in anderen Ländern produziert, dies in einer unerreicht hohen Stückzahl von insgesamt etwa 18.000! Es ist nicht verwunderlich, dass dieses sehr gute Kampfflugzeug zum Standardjäger des damaligen Ostblocks wurde und durch seinen Export in etwa zwanzig Länder auch zum wirtschaftlichen Erfolg.
Glimpflicher Ausgang
Die vorhin geschilderte Begegnung der amerikanischen Piloten mit den russischen strahlgetriebenen Jagdflugzeugen des Typs MIG-15 war die erste ihrer Art. Den Amerikanern gelang es, den Angriffen unbeschadet zu entkommen, einerseits wegen der schlechten Treffergenauigkeit der chinesischen Piloten und andererseits wegen einiger Tricks, etwa diesem: Flugzeuge mit Kolbenmotoren waren recht robust gegen Vogelschlag, während ein solcher – auch heute noch – für Düsenantriebe gefährlich sein kann. So tauchten die Jagdflugzeuge mit Propeller im Verfolgungsfall zu Flüssen oder Gewässern hin ab, um Vogelschwärme aufzuscheuchen, die Düsenflugzeuge geflissentlich mieden …
Die notwenige Antwort
Nichtsdestotrotz stellten die neuen MiG die amerikanische Luftwaffe vor ein Riesenproblem: Vor allem die großen Bomber wie die B 29, die im Weltkrieg zuvor noch eine große Rolle gespielt hatten, erwiesen sich im Koreakrieg als leichte Beute der MiG, dies in so hohem Ausmaß, dass man Bombardierungen in die Nacht verlegen musste. Aber auch die ersten von den USA gebauten und eingesetzten strahlbetriebenen Jagdflugzeuge waren den MIG krass unterlegen. Erst die von North American gebaute F-86 Sabre brachte nach mehrfachen Verbesserungen allmählich so etwas wie ein einsatztaugliches Gleichgewicht zur MiG-15. Jedenfalls wird von erbitterten Gefechten der beiden Flugzeugtypen berichtet.
Rudolf Anderson Jr. – von Korea nach Kuba
Weil schon sein Name erwähnt wurde: Rudolf Anderson Jr., Major der US-Luftwaffe, war im Koreakrieg einer Aufklärungseinheit zugeteilt und erhielt für seine gefährlichen, aber erfolgreichen Einsätze auf F-86 hohe Auszeichnungen. Während der Kubakrise war er ebenfalls Teil einer Aufklärungseinheit, die mit U2-Spionageflugzeugen die Stationierung von sowjetischen Mittelstreckenraketen entdeckte, was die sogenannte Kubakrise verursachte. Bei einem dieser Einsätze wurde sein Flugzeug von einer sowjetischen Luftabwehrrakete getroffen, die Splitter der Sprengladung beschädigten seinen druckdichten Anzug, er wurde bewusstlos und stürzte ab. Diese Episode wurde – so ich mich recht erinnere – im Thriller „Thirteen Days“ ausführlich dargestellt. Er war übrigens das einzige menschliche Opfer der Kubakrise.
Eindrücke und Besonderheiten
Zieht man heutige Passagierflugzeuge als Maßstab heran und sieht man beide Flugzeuge – MiG-15 wie F-86 – in natura, kann man diese in ihrer Ära gefährlichen Kriegsmittel von der Größe her nur als „zierlich“ bezeichnen. Kein Wunder, liegen Länge und Spannweite in einem Bereich von lediglich 10 bis 12 Metern. – Während nicht bekannt ist, wie weit die MiG-15 sich auf erbeutete Erkenntnisse stützen konnte, ist dies im Fall der F-86 gemäß Wikipedia klar, dass Konstruktions- und Forschungsunterlagen betreffend die deutsche Messerschmitt Me 262 sowie weitere deutsche Untersuchungsergebnisse in die Entwicklung der F-86 eingeflossen sind.
Zum Österreichischen Luftfahrtmuseum Graz-Thalerhof
Einige Ausstellungsstücke befinden sich im Freien, so etwa eine Antonov AN-2 mit ihrem Sternmotor und einem Vierblattpropeller, ein Saab J-35 Draken oder die durch ihre schiere Größe des Innenraums beeindruckende Transportmaschine Transall C-160. Der eine große Hangar des Museums beherbergt wahre Schätze an Flugzeugen, wie etwa die Saab J-95 fliegende Tonne, aber auch Tragschrauber, Hubschrauber, Flugmotoren, Triebwerke unterschiedlichster Bauarten, Modelle, etc., etc. Zu wünschen ist nur, dass das Museum möglichst bald eine weitere Halle bekommt, damit die derzeit recht beengt stehenden Ausstellungsstücke besser zur Geltung kommen.
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Quellen und weitere Hinweise:
Katalog des Österreichischen Luftfahrtmuseum Graz-Thalerhof, 84 S.
https://www.luftfahrtmuseum.at/
https://de.wikipedia.org/wiki/Mikojan-Gurewitsch_MiG-15