(IRS) – Der Ausbau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen lässt manche Beobachter auf eine rasche Transformation hoffen: Dass in nicht allzu ferner Zukunft alle elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen kommen möge. Dass diese Erwartung nicht realistisch ist, hat Bjorn Lomborg aus Dänemark gezeigt (siehe Blog-Beitrag vom 11.07.2025) und auch Vaclav Smil aus Kanada hat darauf hingewiesen (siehe Blog-Beitrag vom 07.06.2024). – Eine bereits seit längerem vorliegende Studie bewertet elektrische Energiequellen rein auf Basis physikalischer Gegebenheiten und lässt ebenfalls Schlüsse zur künftigen Rolle der Erneuerbaren zu.
EROI – Energy Returned on Invested Energy
Die Studie wurde von den Herren D. Weissbach, F. Herrmann, G. Ruprecht und A. Huke, sowie von weiteren Autoren bereits 2013 publiziert (eine im Internet verfügbare Version 2018 ist inhaltlich identisch, Link siehe unten) und trägt den etwas sperrigen Titel “Energy intensitites, EROI (energy returned on invested), for electric energy sources” („Energieintensitäten, EROI [Energy Returned on Invested Energy, Energieertrag im Verhältnis zum Energieaufwand] für elektrische Energiequellen“). Zu erwähnen ist, dass die genannten Verfasser Mitarbeiter des Instituts für Festkörper-Kernphysik GmbH in Berlin sind oder waren.
Höherer EROI bedeutet höhere Leistungsfähigkeit
Der in der genannten Studie definierte und ermittelte Wert EROI ist zu verstehen als dimensionslose Kennzahl, die für eine bestimmte Energieerzeugungsart das Verhältnis von nutzbarer (über die Lebensdauer der Anlage erzeugter) Energie im Verhältnis zur investierter (also für die Herstellung der Anlage benötigter) Energie angibt. Je höher diese sich ergebende Zahl ist, desto besser – sprich: wertvoller – wird die entsprechende Energieerzeugungsart zu werten sein. Das bedeutet in anderen Worten, dass mit einem höheren Wert die Leistungsfähigkeit einer Technologie hervorgehoben wird.
Rein physikalische Betrachtung
Die Studie stellt einen physikalischen Ansatz auf der Grundlage von Exergieflüssen für die EROI-Berechnung vor und vermeidet im Gegensatz zu anderen Überlegungen z. B. Analysen von Emissionen oder Materialflüssen, wodurch die EROI unphysikalisch wird. – Exergie ist der nutzbare Anteil der Energie, der vollständig in Arbeit umgewandelt werden kann, im Gegensatz zur Anergie, die nicht nutzbar ist und sich bei Prozessen ansammelt. Während die Energie eine Erhaltungsgröße ist, kann Exergie vernichtet und in Anergie umgewandelt werden, was den Verlust an nutzbarer Energie beschreibt. Beispiele für Exergie sind elektrische Energie oder mechanische Arbeit.
Die Ergebnisse zum EROI für einzelne Erzeugungssysteme
Solare Photovoltaik (1000 Vollaststunden) 3,9 (mit Speicherung 1,6)
Biogas (Mais, GuD-Kraftwerk) 3,5
Windkraft (2000 Volllaststunden) 16 (mit Speicherung 3,9)
Solar thermisch (2300 Vollaststunden) 19 (mit Speicherung 9)
Erdgas (GuD-Kraftwerk) 28
Kohle (modernes Kraftwerk) 30
Wasserkraft (mittlere Größe) 49 (mit Speicherung 35)
Kernkraft (Druckwasserreaktor 1340 MW netto) 75
Anmerkungen:
- Die Werte gelten für Deutschland, unter “Solar thermisch” ist ein Kraftwerk mit konzentrierenden Spiegeln im Standort Spanien zu verstehen
- GuD (englisch: CCGT) bedeutet Gas- und Dampfkraftwerk: Erd- oder Biogas befeuern eine Gasturbine, die einen Generator zur Stromerzeugung antreibt, das Abgas der Gasturbine erzeugt in einem Abhitzekessel Dampf, der wiederum über eine Dampfturbine geleitet wird, die ebenfalls einen Generator antreibt; neueste Kraftwerke dieser Art erreichen bereits Wirkungsgrade von über 60%
- Eine gute grafische Darstellung dieser Ergebnisse findet sich in der Studie selbst, siehe Link unten
Interpretation der Ergebnisse
- 1. Fossile Brennstoffe weisen hohe EROI-Werte auf: Kohle- und Gas-Kraftwerke erreichen EROI-Werte von ca. 30–80 (je nach Systemgrenze), was sie zu zuverlässigen Basissystemen macht.
- 2. Kernenergie zeigt überlegene Effizienz: Kernkraftwerke weisen den höchsten EROI-Wert auf (ca. 75–80), mit niedriger Materialintensität, geringem Landverbrauch pro TWh und hoher Stabilität, was sie zur effizientesten Stromquelle macht.
- 3. Intermittierende Erneuerbare weisen niedrige EROI auf: Wind- und Photovoltaik-Anlagen haben EROI-Werte von nur 4–19 (Wind) bzw. 2–7 (PV), die durch Speicherbedarf weiter sinken; ein 100% PV-System wäre für energieintensive Gesellschaften untragbar.
- 4. Wasserkraft: Liegt bei ca. 50, übertrifft die intermittierenden Erneuerbaren Solar und Wind klar
- 5. Vergleich der Systeme: Fossile und nukleare Systeme sind den Erneuerbaren in EROI und Systemstabilität überlegen.
- 6. Mindest-EROI für gesellschaftliche Nachhaltigkeit: Für entwickelte Gesellschaften wird ein EROI von mindestens 3–5 (besser 7–10) benötigt, um überhaupt deren Funktionalität sicherzustellen; darunter kollabieren Systeme, die etwa auf Biotreibstoffen oder ungestützter Solar-und Windenergie basieren. Zur Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Wohlstandsniveaus unserer Gesellschaft ist ein durchschnittlicher EROI von ca. 30 erforderlich.
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Fazit
Wie aus den Ergebnissen und deren Interpretation rasch ersichtlich ist, zeigen die niedrigen EROI-Werte für intermittierende Erneuerbare Sonne und Wind, dass sie aus derzeitiger Sicht und im gegenwärtigen Stand der technischen Entwicklung auch nur nicht annähernd imstande sind, allein die Gesellschaft mit ausreichend Energie zu versorgen. Geschuldet ist dies in erster Linie der geringen Energiedichte dieser Systeme. Sollten sie aber in Zukunft einen wesentlich höheren Beitrag zur Bereitstellung der erforderlichen Energie leisten müssen, hätte allein schon der immense Platzbedarf gewaltige Rückwirkungen auf die Art der Besiedlung, die Neuordnung der Landflächen und damit auf die Lebensrealität der Menschen.
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Quelle: https://www.epj-conferences.org/articles/epjconf/pdf/2018/24/epjconf_eps-sif2018_00016.pdf




