Sonnek

Pfeil

Schon als Kind habe ich aufmerksam Erwachsenen gelauscht, wenn sie sich über technische Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Welt unterhielten. Noch mehr fasziniert haben mich die Erzählungen der Älteren über Selbsterlebtes, insbesondere dann, wenn diese „Zeitzeugen“ zum nahen Verwandten- und Bekanntenkreis gehörten. Mittlerweile bin ich selbst in einem Alter angekommen, in dem ich ein solcher „Zeitzeuge“ sein kann, zumindest bezogen auf das eher unspektakuläre Fachgebiet der Gebäudetechnik. Hier waren die technischen Umwälzungen eines halben Jahrhunderts im Rückblick gesehen enorm.

Lassen Sie mich zuerst ein wenig ausholen. Im Jahr 1971 entschloss sich mein Vater, der Maschinenbauingenieur Ing. Rudolf Sonnek, ein Installationsunternehmen für Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärinstallation zu gründen. Dieser Schritt hing damit zusammen, dass die Installateure jener Zeit wenig Interesse an technischen Neuerungen hatten. Aus deren Sicht verständlich, denn damals herrschte ein Verkäufermarkt, Installateure waren also bestens im Geschäft. Kunden warteten geduldig oft ein Jahr lang, bis sie endlich ihre ersehnte Heizungsanlage installiert bekamen und glücklich in Betrieb nehmen konnten. Wozu also etwas ändern?

Unternehmergeist in Aktion

Nun hatte mein Vater einige Jahre zuvor ein Technisches Büro für Wärmetechnik, Maschinenbau und Elektrotechnik gegründet und soviel ich weiß, war es österreichweit das dritte oder vierte Technische Büro überhaupt. Das war mit Konstruktions- und  Entwicklungsaufgaben gut ausgelastet, jedoch war wegen der starken persönlichen Beanspruchung und der Abhängigkeit von wenigen Industriekunden, aber auch aus unternehmerischem Drang der Wunsch nach einem zweiten Standbein da, etwa in Form der Übernahme einer Industrievertretung.

Das revolutionäre Vierwegeventil …

Als früherer Betriebsleiter des Dampfturbinenbaus der Elin im Werk Weiz war er regelmäßiger Besucher der Industriemesse Hannover gewesen – damals eine der größten weltweit – eine Gewohnheit, die er auch in der Selbstständigkeit beibehielt. So war er über neueste Trends und Entwicklungen verschiedenster Branchen bestens im Bilde. Bei seinen Erkundungen war ihm ein neuartiger Heizungsbauteil untergekommen, das „Vierwegeventil“, das eine neue, fast revolutionäre Art der Leitungsführung mittels kunststoffummantelten Kupferrohren mit sehr geringem Durchmesser und mittels Verschraubungen – ohne Löten – ermöglichte. Den Österreichvertrieb für das Ventil erhielt er prompt.

… erfordert neue Berechnungsmethoden

Große Wohnbaugenossenschaften bissen recht rasch an, ersparte das neue System doch Installationskosten. Die Herausforderung des praktischen Einsatzes bestand jedoch darin, dass die Auslegung der Heizflächen erstens eine genaue Berechnung der Gebäudeheizlast erforderte und zweitens eine genaue Bestimmung der seriell – statt wie üblich parallel – angeschlossenen Heizkörper. Für erstere Berechnung wurde ein spezieller manueller Rechenschieber eingesetzt, die Bestimmung des Heiznetzes und der Heizkörperflächen erfolgte über ein Nomogramm im A3-Format, das mein Vater entwickelt hatte. Die Berechnungen wurden als Gratis-Dienstleistungen angeboten.

Erfolgloser Abwehrkampf der konservativen Branche

Blieb als letzte Hürde der Widerstand der Installationsbranche. Bei uns am Land wurden Heizungsanlagen damals nach alter Manier zumeist als reine Schwerkraftheizungen gebaut, mit Festbrennstoffkesseln oder -herden, mit großen Rohrdurchmessern, die beträchtliche Stemmarbeiten erforderten, sowie einem voluminösen Ausdehnungsgefäß irgendwo am Dachboden. Der letztlich erfolglose Abwehrkampf der Branche gegen die „neumodische“ Einrohrheizung hatte hauptsächlich die elektrische Umwälzpumpe für den Heizkreislauf zum Ziel, mit dem Argument des Heizungsstillstands bei Stromausfall (Interessant, denn heute redet man wieder von der Gefahr eines „Blackout“).

Ein System für alle Fälle

Blieb nolens volens der Weg zum eigenen Installationsunternehmen, anfänglich nur gedacht, um die genannte Einrohrheizung hier bei uns am Land zu verbreiten. Was in der Folge auch geschah, das Unternehmen wuchs. Das System wurde in Neubauten eingesetzt, besonders aber bewährte es sich in Altbauten: Die erfolgreiche Installation des Heizungssystems in einem weitläufigen und denkmalgeschützten Renaissanceschloss hatte zur Folge, dass aus Dankbarkeit und entgegen adelig-familiären Gepflogenheiten der damalige Schlossherr meinem Vater jenes Stück Land verkaufte, auf dem seit über fünfzig Jahren unser Firmengebäude steht …

(Fortsetzung folgt)

Nachbemerkung 1: Einrohrheizungen werden heutzutage – wenn überhaupt – nur noch selten  gebaut. Der Grund liegt in den Möglichkeiten der neueren Installationstechniken. Aber darauf werden wir noch zu sprechen kommen.

Nachbemerkung 2: Dies ist der sechshundertste Beitrag seit Beginn dieses Blogs!

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